www.Crossover-agm.de THE JESUSMATRYR: The Jesusmartyr
von rls

THE JESUSMATRYR: The Jesusmartyr   (Dias De Garage Records)

Diese argentinische Truppe gründete sich weiland als Martyr, stellte aber fest, daß sie nicht die erste mit dieser Idee war, und erweiterte ihren Namen daher. Nun hat diese Erweiterung allerdings keine religiöse Bedeutung dahingehend, daß man es etwa mit einer christlichen oder aber im Umkehrschluß einer antichristlichen Formation zu tun hätte - statt dessen findet man in den Texten eher Nietzsche und die alten griechischen Philosophen wieder. Musikalisch lassen sich The Jesusmartyr schon eher als Südamerikaner identifizieren, denn eine gute Portion Sepultura tragen sie in ihrem schwer kategorisierbaren Neuzeitmetal zweifellos mit sich herum. Die Basis bildet der typische Neothrash der Neunziger, von dem aus das Quartett allerdings Beutezüge in verschiedene Richtungen ausführt und die Erträge spurenelementartig in die Songs einfließen läßt, die daher trotz einer Durchschnittslänge von unter dreieinhalb Minuten eine gewisse stilistische Vielfalt bergen, die aber dennoch nicht orientierungslos wirkt, da sie von den typischen, häufig sepulturaartigen Riffs von Martin Furia und Sebastian Barrionuevo und dem oft verschleppten, bisweilen auch mit Landesperkussion (Finale von "Domino Fall"!) angereicherten, aber gelegentlich auch mal geradlinig hämmernden Drumming von Marcelo Castro zusammengehalten wird. Dazu kommt ein kombinierter Emo-/Screamo-Einschlag in den Refrains, der allerdings nicht bis zur konsequenten Süßlichkeit ausgedehnt wird, auch wenn der Klargesang eindeutig genretypisch ausfällt - aber er ist wohldosiert und wird nicht selten durch eine parallele rauhe Stimme flankiert (so in "Manhunt"). Wer welche Parts singt, muß offenbleiben - Bassist Bruno Nasute ist als Leadsänger und Gitarrist Martin Furia als Backingsänger genannt, aber welche Teile der recht vielschichtigen Vocals nun als Leads und welche als Backings definiert werden sollen, das bleibt das Geheimnis der Band. Auch die Frage, ob das zweimalige Einzählen von "6 Fingers" so aufs Masterband gelangen sollte, muß an dieser Stelle offen bleiben - es klingt jedenfalls irgendwie skurril. Auch an manch anderes Element im Sound The Jesusmartyrs wird sich mancher potentielle Anhänger erst gewöhnen müssen, sofern er nicht von vornherein recht entdeckungsfreudig veranlagt ist. In "Manhunt" etwa nimmt die Band im Mittelteil komplett das Tempo raus und baut langsam neue Klangflächen auf, wie man das in der Neuzeit von Bands wie The Ocean kennt. Am weitesten aus dem Fenster lehnt sich "Rebelion Inca", zwischen einigen typischen fetten Metalparts gelegentlich mit Reggaeanklängen arbeitend, mit entsprechender Gastvokalisation einen an der Schnittstelle Prog/Emo angesiedelten refrainartigen Part ausarbeitend (mit dem geht's auch gleich los) und damit die originelle Speerspitze des 40minütigen Albums darstellend. "Taste Of The Prey" wiederum müßte eigentlich jedem Freund von Saphena gefallen, denn nach dem zurückhaltenden Einleitungspart entwickelt sich ein für diese Band prototypischer hymnischer Neothrasher, wobei allerdings keine Band von der anderen abgekuckt haben kann, denn "Das Leben wird zu Glas" und "The Jesusmartyr" sind ungefähr zur gleichen Zeit eingespielt und veröffentlicht worden. "In Blood We Trust" erweckt anfangs den Eindruck eines härter knüppelnden Thrashsongs, aber auch hier soll sich bald wieder Energievielfalt einstellen, während "Mercenario" im ersten Hauptbreak von den schleifenden Gitarren her am stärksten auf dem Album nach mittleren Sepultura klingt, während die beiden Gitarristen von The Jesusmartyr sonst in den allerdings wenig ausgeprägten Leadparts ein wenig traditioneller zu Werke gehen. Im Mittelpunkt steht eindeutig das Riffing, und das hätte fast durchgehend auch auf "Chaos A.D." und "Roots" gepaßt, wenn man mal von den emolastigeren Parts absieht. "Absolute" kippt im Mittelteil dann wieder fast aus dem Emo in den Prog hinüber, bis "Tomorrow" solchen Anflügen ein erbarmungsloses Ende zu setzen scheint und wieder die typischere Sepulturalastigkeit aufweist - zumindest bis zum Refrain, denn da schielt doch schon wieder Herr Emo um die Ecke ... So sind The Jesusmartyr dann unterm Strich doch ein wenig originell, könnten damit allerdings auch zwischen den Stühlen landen: Für die Emo- und Screamofraktion sind sie viel zu hart, aber manchem Neuthrasher werden die Emorefrains trotz ihrer dosierten Einsatzweise (und partiellen In-den-Hintergrund-Mischung, z.B. im Closer "Zonda") akuten Brechreiz bescheren. In welche Richtung sich The Jesusmartyr auf ihrem zwischenzeitlich eingespielten dritten Album "The Black Waters" bewegt haben, kann mangels Vorliegens selbigen Albums momentan noch nicht gesagt werden, aber wer glaubt, die beschriebene Mixtur zu vertragen, der darf gern bei www.metaleros.de nachfragen, ob Rainer Krukenberg noch ein Exemplar im Lager hat.
Kontakt: www.myspace.com/jesusmartyr

Tracklist:
African Tour
Fire To Burn
Domino Fall
Manhunt
6 Fingers
Taste Of The Prey
In Blood We Trust
Mercenario
Rebelion Inca
Absolute
Tomorrow
Zonda
 




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