www.Crossover-agm.de ISENGARD: Crownless Majesty
von rls

ISENGARD: Crownless Majesty   (MDD/Point Music)

Der Bandname läßt zunächst an Morgana Lefay denken, aber diese Isengard hier waren schon etliche Jährchen vor dem wohl größten "Hit" ihrer Landsleute aus Bollnäs, "To Isengard" aus dem Jahre 1995, unter diesem Namen aktiv und damit auch deutlich vor einem gewissen Sympathiebolzen namens Fenriz, der bei Darkthrone trommelte und einem Soloprojekt gleichfalls den Namen Isengard verpaßte (sollte das die Scheibe gewesen sein, wo jeder mit einer Behandlung seiner jüdischen Gesinnung gemäß rechnen müsse, wenn er sie nicht gut finde?). Daß man bis heute kaum etwas von "unseren" Isengard gehört hat, liegt an verschiedenen Gründen. Speziell im labelpolitischen Arbeiten hatte die Band grundsätzlich Pech - das dänische Büms-Label verschwand ebenso aus finanziellen Gründen unmittelbar vor der Veröffentlichung eines Albums von der Bildfläche wie später das qualitätsbewußte, aber eben auch nicht sehr marktmächtige schwedische Loud'n'Proud-Label. So erschien "Crownless Majesty" also anno 2001 bei Hemisphere Entertainment und verblieb auf einer äußerst marginalen Szenedurchdringungsebene. Ob sich das jetzt mit dem Re-Release über MDD ändern wird, bleibt abzuwarten. Mit "The Empire" wird ein zusätzlicher Song genannt, der auf der Hemisphere-Pressung zu fehlen scheint, allerdings nur ein kurzes Outro ist (wiewohl die Tracklist anfangs einiges im unklaren läßt, denn sie nennt 11 Titel gegenüber 10 der Hemisphere-Version, es sind aber 12 Tracks auf der CD enthalten - die Lösung lauert offenbar an Position 2: der im Infozettel "Coming Home, Legends" genannte scheint kein Einzeltrack zu sein, sondern sich in "Coming Home" und "Legends" aufzuspalten, wobei letzterer wiederum nur ein Intro für "Winds Of War" darstellt), auch das neue Cover unterscheidet sich nur in einigen Nuancen von der alten Variante. "Crownless Majesty" macht es dem Hörer allerdings wahrlich nicht einfach, denn nachdem die ersten beiden Alben aus den Jahren 1994 respektive 1996 noch relativ geradlinigen Power Metal im Stile alter Vicious Rumors enthalten haben sollen, verbleibt zwar auch "Crownless Majesty" im Power Metal-Sektor, verarbeitet aber äußerst vielfältige Einflüsse sowohl metallischer als auch nichtmetallischer Art. Da folgt dem speedigen Opener "Dreamland", der auch aufs HammerFall-Debüt gepaßt hätte, mit "Coming Home" gleich mal ein doomig-schleppender Track, wenngleich der Doomfaktor der Landsleute von Candlemass nicht erreicht wird. "Dragon Empire" wiederum kombiniert ein fast italospeediges Hauptthema (Skylark lassen freundlich grüßen, wenngleich Isengard gar keinen festen Keyboarder in der Band haben) erneut mit angedüsterten Passagen und einer feierlich-hymnischen Bridge. Die Gastmusikerliste bei Ragne Wahlquist im Studio muß aber noch länger gewesen sein, denn auch die Blasinstrumentefraktion wird bedient. Flötensoli ist man ja im Metal aus verschiedener Richtung schon gewöhnt, aber Isengard gehen noch einen Schritt weiter, indem sie in mehreren Songs, beispielsweise in "Shadows Of Light", auch noch eine Oboe für einige Leadmelodien auffahren. Und das klingt gar richtig gut, so daß sich Isengard das Etikett als die Erfinder des Oboen-Metal ans Revers heften dürfen. Selbst die stellenweise offenkundig künstlichen Backgroundchöre nerven beim Hören nicht, zumal sie in überschaubaren Dosen eingesetzt werden. Mit Linus Melchiorsen hat die Band zudem Glück bei der Sängersuche gehabt (immerhin ist er bei ansonsten seit den Gründungstagen stabiler Besetzung schon der fünfte Vokalist in Isengard-Diensten - Gitarrist Ronnie Andresen hatte diesen Job zwischenzeitlich gezwungenermaßen mal selbst übernommen); der Mann klingt, wenn er nicht gerade extrem hohe Schreie oder tiefdunkle Passagen von sich gibt, über weite Strecken pathetisch-klagend wie ein junger oder allenfalls mittelalter Ozzy Osbourne, was Isengard somit etwas in die Nähe ihrer Landsleute von Wiz oder Seven rückt, von denen sie sich aber durch die deutlich größere Variationsbreite innerhalb der Songs (was man nach dem Durchhören des Openers noch nicht unbedingt vermutet - einen puren Speedbrecher wie "Dreamland" gibt es auf "Crownless Majesty" jedenfalls kein zweites Mal, auch "Armour Of Gods" verfällt immer wieder in Verharrungen) unterscheiden. Lyrics liegen mir nicht vor, anhand der Songtitel läßt sich allerdings typisches metallisches Textgut vermuten, wobei das bombastisch-orchestral-unmetallische "Poltava" aber auch geschichtliches Interesse nahelegt - nordöstlich der Stadt Poltawa (heute in der Ukraine gelegen und eine Viertelmillion Einwohner besitzend) schlug anno 1709 der russische Zar Peter I. den schwedischen König Karl XII. im Nordischen Krieg und schränkte damit die schwedische Einflußstellung südlich der Ostsee entscheidend ein. Die haben die Schweden auf musikalischer Ebene mittlerweile aber längst zurückgewonnen, und wenn Isengard in Zukunft weiter hochklassige Arbeit abliefern und vielleicht auch mal auf Tour kommen, können sie ihr Scherflein zu diesem Status erfolgreich beitragen. Mit "Crownless Majesty" ist eine hervorragende Basis dafür geschaffen.
Kontakt: http://i.am.isengard; markus@blackend.de

Tracklist:
Dreamland
Coming Home
Legends
The Winds Of War
Stormcrow
Dragon Empire
Shadows Of Light
The Crownless Majesty
Armour Of Gods
Poltava
Eye Of The Storm
The Empire





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