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HOLY CROSS: Under The Flag
von rls

HOLY CROSS: Under The Flag   (Pure Steel Records)

Unter zugegeben seltsamer Flaggenstrategie segeln diese französischen Warriors hier: Erst erteilen sie schon mit dem Cover den gängigen monotheistischen Religionen eine Absage (der erste der toten Krieger auf dem Anstieg zum Paß hat einen Davidsstern am Revers, der zweite ist ein Kreuzritter, und den Schild des dritten ziert ein Halbmond), dann aber huldigen sie im Textgut einer heutzutage nicht minder gängigen, wenngleich innerhalb des eigenen Systems polytheistischen Religion, nämlich der altnordischen Götterwelt, deren Organisationsgrad und militärische Dimension derjenigen der gerügten monotheistischen Religionen zumindest partiell durchaus vergleichbar, in manchem Punkt sogar stärker ausgeprägt sind. Da das komplette Textgut im Booklet abgedruckt ist, kann man sich also problemlos selber ein Bild von der Stringenz der Argumentation machen, und das bandnamengebende Heilige Kreuz ist in diesem Falle also das, welches von der vor den Leichen in den Felsboden gerammten Fahnenstange weht, allerdings auch schon recht zerzaust wirkt. Weniger zerzaust kommt der Traditionsmetal der Band in den zehn Songs daher, und selbst Anhänger der ganz reinen metallischen Lehre werden wenig Grund zur Besorgnis haben, das Quartett (mangels eines festen Bassisten bei den Aufnahmen um Pierre-Emmanuel Pélisson ergänzt, der auch für den Mix verantwortlich war) aus ihrem Gesichtskreis zu verbannen, selbst wenn Mickael Champon in "Lightning From The North" auch mal in herbes Shouting überwechselt, einige der Gangshouts auch zu der einen oder anderen Hardcoretruppe gepaßt hätten und der genannte Song ein Keyboardintro von Gastmusikerin Maud Gherardi beinhaltet, die auch in anderen Songs einzelne Effekte beisteuert, aber keinerlei stilprägende Wirkung entfaltet. Apropos Effekte: Das Intro von "King In Hell" ist nach den einleitenden Geräuschen, als die Band zu spielen beginnt, für längere Zeit relativ leise, quasi mit dem Pegel einer Achtziger-Aufnahme, abgemischt, und als man schon fast zur Stereoanlage gesprungen ist, um am Lautstärkeknopf zu drehen, zieht Pélisson dann doch noch die Regler auf den zum Ende des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends üblichen Pegel hoch, so daß, wer schon vorher lauter gestellt hat, plötzlich von einer Schallwand überrollt wird. Ihre musikalischen Einflüsse finden Holy Cross allerdings in den Achtzigern, und es dürfte kein Zufall sein, daß man die markante Drumfigur im Outro von "Iron Horse" in ähnlicher Form vom Ende des Hauptsolos in Judas Priests "Breaking The Law" her kennt. Originalität war jedenfalls definitiv nicht das Hauptziel beim Komponieren dieser reichlich 50 Minuten, aber zum Erzeugen solcher ist Traditionsmetal ja auch nicht da, wenngleich man beim Hören zwar latent immer wieder an andere Bands denkt, aber keinen expliziten Klonbezug herstellen kann. "The Fortress Of Asgard" beispielsweise erinnert von der Melodik her an die Schweden Supreme Majesty, aber die arbeiteten mit Keyboards, die hier völlig fehlen. Auch bei Mickaels Gesang fällt einem spontan kein Direktvergleich ein, zumal der glatzköpfige Sänger gekonnt zwischen dem bereits erwähnten Shouting in verschiedenen Rauhigkeitsstufen, recht hohem klarerem Gesang und einigen spitzen Schreien hin und her pendelt. Im abschließenden "Holy Cross" bekommt er übrigens noch Verstärkung, denn hier singt Chity Somapala, einigen Anhängern wahrscheinlich durch Avalon oder eines seiner zahlreichen Nachfolgeprojekte, von denen allerdings keines richtig reüssieren konnte, bekannt, als zweite Stimme mit, wobei die Songwritingfraktion den Kontrast aber gar nicht so sehr in den Vordergrund gestellt hat, so daß man, wüßte man es nicht, fast vermuten könnte, Mickael würde hier noch eine weitere Facette seiner Stimme auspacken. Ein gutes Händchen für spannende Metalkomposition haben die zuständigen Menschen schon (das Booklet nennt keine expliziten Credits), denn obwohl unter den zehn Songs keine Kandidaten fürs Langzeitgedächtnis auffallen, so ist doch der Unterhaltungswert für den Moment unbestritten, und mancherlei Idee kann analytisch wie emotional durchaus überzeugen, etwa der düstere Mittelteil von "Return To Asgard", der eine enorme Spannung aufbaut, während andere Einfälle wie beispielsweise die Drumrhythmusunterbrechungen in "Twilight Of The Gods" zwar analytisch durchaus als Abwechslung wahrnehmbar sind, aber aufs emotionale Gemüt eher bemüht wirken. So bekommt letztlich fast jeder, was er möchte, und für einen gepflegten heimischen Metalabend mit Freunden, die noch nicht unter einer Traditionsmetalübersättigung leiden, dürften sich Holy Cross ebenso eignen wie für einen gelegentlichen Livecheck, wenn sie es denn mal nach Deutschland schaffen, was für französische Bands ja immer noch eher Seltenheitswert hat. Summiert allerdings bietet "Under The Flag" nichts, was man nicht auch schon auf 500 anderen Alben in gleicher Qualität gehört hat, paßt also perfekt in eine diesbezügliche Sammlung, ohne aufzufallen.
Kontakt: www.holycrossmetal.com, www.puresteel-records.com

Tracklist:
King In Hell
Iron Horse
Lightning From The North
Gates Of Time
The Fortress Of Asgard
Return To Asgard
Twilight Of The Gods
Hel The Damned
The Last Survivors
Holy Cross


 



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