www.Crossover-agm.de HEAVEN & EARTH: Windows To The World
von rls

HEAVEN & EARTH: Windows To The World   (Frontiers Records)

Was auf den ersten Blick wie eine Werbehymne für Microsoft aussieht (und auf jeden Fall besser klingt als "Mac.OS To The World"), entpuppt sich beim Lesen der Lyrics des Titelsongs als Warnung, die Errungenschaften der "schönen neuen Welt" nicht unkontrolliert bzw. unhinterfragt zu nutzen, sondern auch ihre Gefahren im Blick zu behalten. Jeder nutzt heute das Internet wie selbstverständlich - und ärgert sich, wenn ihm dabei wieder mal jemand einen Trojaner aufs System geschleust hat. Die Tatsache, daß der Mensch heute mehr und mehr zu einem "gläsernen" Wesen wird, weil sämtliche Informationen über ihn irgendwo in digitalisierter Form abrufbar sind, stört allerdings nur die wenigsten - den einen ist's egal, und die anderen wissen's einfach gar nicht, aber sie wundern sich dann, wenn ihnen Werbemassenmails in den Eingangskorb geflattert kommen, obwohl sie nie Kontakt zu dem betreffenden Unternehmen hatten. Heaven & Earth machen sich auch in anderen Songs Gedanken um den Zustand dieser Welt, verarbeiten aber auch zwischenmenschliche Emotionenkonflikte oder -übereinstimmungen. Zu erstgenannter Kategorie gehört beispielsweise der Opener "Dogs Of War", Kriege aufgrund politischen oder religiösen Fanatismus geißelnd und musikalisch der beste Rainbow-Song, den Rainbow nie geschrieben haben. Schon das Keyboard-Intro weckt Erinnerungen an "Tarot Woman", insgesamt allerdings geht der Song mehr in die "A Light From The Black"-Richtung, da er erstens in höheren Temporegionen angesiedelt ist und zweitens Gitarre und Keyboard in der Verarbeitung klassischer Themen ganze Arbeit leisten. Daß "Prisoner" auch etwas an Rainbow erinnert, ist kein Zufall, hat hier doch niemand anders als Ritchie Blackmore am Songwriting mitgewirkt (und ein eher an die Post-Dio-Ära gemahnendes Werk geschaffen). Leider gelingt dem Quartett über die gesamte Albumdistanz kein weiteres Highlight im Stile von "Dogs Of War" (leichte Parallelen zu den Labelkollegen Millenium tun sich auf), allerdings finden sich durchaus noch einige gutklassige Exempel melodischer Rockmusik mit ein paar Schlenkern in Richtung Blues und an einigen Stellen auch keltisch anmutende Melodiebögen. Daß das alles ohne Fehl und Tadel umgesetzt würde, dafür garantiert die Bandbesetzung, die mit Keyboarder Arlan Schierbaum eigentlich nur einen Nobody aufweist (der sich aber problemlos ins Ensemble einfügt). Ansonsten werkeln hier Ritchie Onori an den Drums (arbeitete schon mit Keith Emerson und Bobby Kimball zusammen), Kelly Keeling am Frontmikro (zuletzt bei der Michael Schenker Group in Lohn und Brot) und Stuart Smith an der Gitarre, den Ritchie Blackmore nicht umsonst fördert, wo es nur möglich ist. Als Gastbassisten tauchen Kapazitäten wie Tony Franklin oder Chuck Wright auf, und Produzent Howard Leese komplettiert dieses Dream Team des Melodic Rock. Angesichts solcher Hochkaräter hätte man sich zwar durchaus noch ein paar Höhepunkte mehr wünschen können, aber das die keltischen Einflüsse besonders klar zum Ausdruck bringende, atmosphärisch wunderschöne "Years Gone By" und der versteckte Bonustrack (fröhlicher Unpluggedsound - woher kenn' ich den Song nur?) sorgen wenigstens für einen wohlklingenden Abschluß von "Windows To The World". Für Freunde des Genres empfiehlt sich auf jeden Fall zumindest ein Probedurchlauf im Plattenladen, Einsteiger sollten aber erstmal die ersten drei Platten der Michael Schenker Group, das Komplettwerk von Ten und - wenn's etwas keltischer sein soll - "Masque Of Shadows" von Yoke Shire erwerben.
 






www.Crossover-agm.de
© by CrossOver