www.Crossover-agm.de HEADHUNTER: Headhunter
von rls

HEADHUNTER: Headhunter   (Scream/TopX Music)

Das hier ist nicht die von Marcel "Schmier" Schirmer nach seinem Rauswurf bei Destruction in den Endachtzigern gegründete Band und auch nicht die deutsche Mittachtziger-Demoband aus NRW, sondern eine Schweizer Truppe, die die Idee für diesen Bandnamen schon einige Jahre früher hatte, und bei genauerer Betrachtung bleibt auch nicht lange unklar, wer hier Namenspate stand, nämlich das 1983er Album der Landsleute von Krokus, eine von deren erfolgreichsten Scheiben, die den Megahit "Screaming In The Night" enthielt. Das selbstbetitelte Debütalbum von Headhunter sah (natürlich nicht zufällig) Ex-Krokus-Bassist Chris von Rohr auf dem Produzentensessel, und da die Schweiz klein und das Arsenal von Musikern daher nicht unerschöpflich ist, blieben gewisse Verbindungen erhalten bzw. wurden neu geknüpft: Sänger Peter Tanner, der sich zu Headhunter-Zeiten noch Peter McTanner nannte, und Gitarrist Many Maurer gehörten auf dem Album "Stampede" zum Line-up von Krokus, und während die Zeit des erstgenannten dort auf besagtes Album beschränkt blieb, findet sich Maurers Name auch noch in diversen späteren Besetzungen. Drummer Greg Bleuel und Bassist Beat T. Kofmehl (der mit Maurer vor Headhunter bei der Schweizer Ausgabe der Myriaden von Bands namens Killer spielte) hingegen verschwanden mit dem Ende von Headhunter aus dem Fokus der hardrockenden Öffentlichkeit.
Nun liegt das einzige Album des Quartetts als CD-Wiederveröffentlichung vor und wirft einstiegsseitig erstmal Fragen auf: Zum ersten ist die Einbindung des Intros "The Predator" dramaturgisch nicht sonderlich gut gelöst worden - der Spannungsbogen wird aufgebaut, aber dann endet das Intro nach knapp einer Minute, und der eigentliche Opener beginnt erst nach einer Pause, die die ganze Spannung wieder verfliegen läßt. Besagter Opener hört auf den Namen "Action" und entpuppt sich tatsächlich als Coverversion von The Sweet - eine sehr ungewöhnliche Wahl im auf Eigenkompositionen fixierten Hardrock der Achtziger, wo man Coverversionen eher als Zubrot begriff und nicht etwa als Leitsong, mit dem man ein Album eröffnet. Sei es, wie es sei - Headhunter waren nicht die ersten, die auf die Idee kamen, diesen Klassiker zu covern, auch wenn in der hardrockenden Welt heutzutage die Fassung von Def Leppard am geläufigsten sein dürfte (während andere Kreise eventuell die eingedeutschte Version "Küß mich" von Guildo Horn & den Orthopädischen Strümpfen präferieren werden). Und die vier Schweizer machen ihre Sache durchaus nicht schlecht, auch wenn ihre eigentlichen Stärken woanders liegen, wie schon das flotte "Rats On The Loose" an der nächsten Position beweist. Tanner singt hier höher und wirkt in diesen Lagen souveräner, die Instrumentalisten wissen sowieso, was sie tun, und so entsteht hier ein flotter Hardrocktrack, der mit einer geschickten Einbindung ins Intro ein viel stärkeres und aussagekräftigeres Eröffnungsdoppel abgegeben hätte. "Aussagekräftig" meint, daß weitere Songs dieser Stilistik und Energie folgen, etwa "Stay Young At Heart", das nach merkwürdigem Intro furios losbretternde und Maurer entfesselt aufspielen sehende "Streets On Fire" oder das doublebassbefeuerte "Lightning Strikes", der schnellste Song der Scheibe, in dem Tanner bisweilen ein wenig wie Rob Halford klingt und damit auch den ganzen Song ein bißchen in die Judas-Priest-Ecke rückt. Das knapp sechsminütige "Backs To The Wall" hingegen beginnt balladesk, bevor es sich doch noch zum Rocker mausert, und auch das sechseinhalbminütige "Riding On At Midnight", der längste Song der Scheibe, der nach knapp vier Minuten aus einem Stampfrhythmus plötzlich in ein speediges Finale einmündet, stellt unter Beweis, daß das Komponistenduo Kofmehl/Maurer nicht nur sein Handwerk verstand, sondern auch von der Muse geküßt worden war. Tanner hingegen sorgte für den Großteil der Lyrics, die im achtseitigen und neben kurzen Bandgeschichtsabhandlungen in Deutsch und Englisch aus Fotos bestehenden Booklet des Re-Releases nicht mit abgedruckt sind; Produzent von Rohr half mit zweieinhalb Texten aus, und den von "Rats On The Loose" hat untypischerweise Drummer Bleuel beigesteuert. Das instrumentale Outro "Netz" (so soll die Band übrigens anfangs geheißen haben, bevor man sich in Headhunter umbenannte) hingegen läßt den Wunsch offen, daß Kofmehl und Maurer die starke Grundidee noch weiter ausgeführt hätten - so wirkt es ein wenig unbefriedigend, ähnlich wie das Intro. So bleibt der Eindruck eines starken Albums, das aber die Möglichkeiten noch keineswegs ausgereizt hat. Ob ein zweites Album die kleinen Probleme noch ausgemerzt und die Stärken noch weiter ausgebaut hätte, bleibt Spekulation, da es zu einem solchen nie kam. (Das unauffällige Cover sei auch noch erwähnt - da hätte man selbst in den Mittachtzigern im Plattenladen nicht automatisch zugegriffen.) Bonusmaterial zu den 40 Minuten Musik gibt es auf der CD nicht (die Encyclopedia Metallum listet auch keine Demoaufnahmen, Singles o.ä. auf, die unveröffentlichtes und bonusgeeignetes Material enthalten haben könnten), so daß Besitzer der originalen Scheibe nicht noch ein weiteres Mal zugreifen müssen, während Krokus-Anhänger, die Headhunter noch nicht kennen, eine günstige Gelegenheit bekommen, eine Sammlungslücke im Umfeld ihrer Lieblinge zu schließen.
Kontakt: www.topxmusic.de

Tracklist:
The Predator
Action
Rats On The Loose
Let Me Run
Backs To The Wall
Stay Young At Heart
Streets On Fire
Rock May Day
Lightning Strikes
Riding On At Midnight
Netz



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