www.Crossover-agm.de EIDOLON: Sacred Shrine
von rls

EIDOLON: Sacred Shrine   (Perris Records)

Kein neues Album der Kanadier (die ihren Jahresrhythmus bei den Veröffentlichungen, den sie von 2000 bis 2003 durchhielten, mittlerweile gebrochen haben), sondern eine Zusammenstellung ihrer ersten beiden Demos. Metalhistoriker erinnern sich: Anno 1993 gründeten die Drover-Brüder Glen (Gitarre) und Shawn (Schlagzeug) ein Studioprojekt und nahmen 1996 mit dem um Brian Soulard (Gesang), Criss Bailey (Baß) und Slav Siminic (Gitarre) verstärkten Line-up ihr Debütalbum "Zero Hour" auf. Was viele allerdings nicht wissen: "Zero Hour" war keineswegs der erste Output der Band - 1994 und 1995 gab es bereits zwei Demos, und deren Material kann nun auf "Sacred Shrine" (ein durchaus passender Titel) nachgehört werden. Dabei fällt eins auf: Die oben erwähnte hohe Veröffentlichungsfrequenz konnte die Band offensichtlich nur durchhalten, weil sie auf besagten Alben bisweilen auf Songmaterial ebenjener Demos zurückgriff. Am allerdeutlichsten fällt das bei "Hallowed Apparition" auf, das dem Öffner des heiligen Schreins als erstes entgegenspringt und das es später sogar zu Titelsongehren auf Platte numero vier brachte - das Verdikt aus deren Rezension, der Song ende etwas zu abrupt, ist bereits auf dieser frühen Aufnahme valid, steht das schöne Akustikoutro ein wenig zu sehr im luftleeren Raum. Noch ein zweiter Songtitel findet auf einem der späteren Alben nochmals Verwendung, nämlich "Nemesis", dort allerdings nur als Intro für "Coma Nation", hier dagegen als selbständiger Song von knapp fünf Minuten Länge. Damit schließt sich das Kapitel der späteren Übernahmen aber keineswegs - nur haben einige der Songs entweder neue Titel (und entsprechende Lyrics) bekommen oder es wurden nur Teile von ihnen neu verarbeitet. So gibt es den erbarmungslosen Speed von "Black Heart" ebenso später noch einmal zu hören wie das doomlastige "Lost Horizon" und das epische "Forbidden Lair" (dessen balladesker Einstieg schon damals eine Großtat darstellte). Wer die beiden erwähnten Demos besitzt (der Kreis dürfte überschaubar sein), kann auch die zeitliche Zuordnung der einzelnen Stücke überprüfen. Aufgrund der Entwicklung Eidolons vom Instrumentalprojekt zur vollen Band würde der Schluß naheliegen, die Instrumentalsongs auf dem ersten und die vokalisierten auf dem zweiten Demo zu verorten, was allerdings nicht mit einer hypothetisch chronologischen Reihenfolge auf "Sacred Shrine" übereinstimmen würde, denn hier sind bis auf das viertplazierte "Race With Time" die Instrumentals allesamt am Ende der CD versammelt. Die wahrscheinlichste Variante ist also diejenige, daß die Reihenfolge hier umgekehrt wurde, sich Demo 2 bis zu "Tribal Fury" an Position 8 erstreckt und mit "Race With Time" und "Tribal Fury" eben auch zwei Instrumentals beinhaltet - was ja nichts Ungewöhnliches darstellen würde - und die letzten 3 Songs dann zu Demo 1 gehören; ein kleines soundliches Break nach "Tribal Fury" gibt den Anlaß zu dieser vermuteten Aufteilung ab. "Silent Cries" an Position 7 markiert noch einen besonderen Punkt, denn - der Kenner hat es schon vermutet - es handelt sich hierbei tatsächlich um ein Cover von Fates Warning, und die Band macht dieser Vorlage definitiv keine Schande, auch Sänger Brian Soulard (ich vermute mal, daß er es ist - definitive Infos habe ich nicht, aber erstens ist mir von einem zweiten Sänger der Eidolon-Frühzeit nichts bekannt, und zweitens erinnert die hier zu hörende Stimme durchaus an die Soulards auf den mir mit ihm bekannten Alben "Nightmare World" und "Hallowed Apparition") kann mit Ray Alder durchaus mithalten, und der Sound ist sogar noch deutlich druckvoller ausgefallen als auf dem insgesamt doch recht steril produzierten "No Exit"-Album Fates Warnings, das die Originalversion beinhaltet. Überhaupt läßt sich das Soundgewand auf beiden Demos loben, steht es dem regulären späteren Albumsound qualitativ kaum nach - was auch kein Wunder ist, denn schon damals haben die Drover-Brüder in ihrem eigenen Studio alles komplett selbst produziert; lediglich ein geringfügig dumpferer Sound ist bei den letzten drei Songs (also den vermuteten vom Demo 1) gegenüber den anderen acht zu konstatieren. Stilistisch fällt das Fates Warning-Cover ebenfalls ein wenig aus dem Rahmen, ist es doch deutlich proglastiger als der Rest des Materials, der schon den recht massiven und weder an europäische noch an amerikanische Vorbilder erinnernden Power Metal zeigt, den man dann auch auf den regulären Alben zu hören bekommt. Die stilistischen Vorlieben von Slav Siminic (der nach seinem 1996 erfolgten Ausstieg deutlich melodischere Platten einspielte) lassen sich allenfalls in einigen Passagen erahnen, aber das bleibt uneindeutig, denn daß auch Glen (seit Slavs Ausstieg einziger Gitarrist von Eidolon) ein feines Händchen für melodische Ausschmückungen besitzt, läßt sich auf den späteren Platten an manchen Stelle deutlich durchhören. Die Neigung zum vergleichsweise langen Ausspielen einzelner Parts merkt man der Band auch schon in diesem frühen Stadium an, jedoch gelingt es den Drovers hier noch, diese im richtigen Moment zu stoppen (als Beispiel sei etwa "Hellbound" angeführt, das genau dann, als es nach reichlich sieben Minuten zu lang zu werden droht, den letzten wiederholten Gitarrenpart in eine Ausblendung überführt). Wo genau welcher Part in welchen späteren Song eingebastelt wurde bzw. welcher in welchen umbenannt wurde, sei an dieser Stelle offengelassen (zumal "Zero Hour" und "Seven Spirits", die beiden Erstlinge der Band, sich bis heute nicht in meiner Sammlung finden, ich dort also nicht kontrollhören kann), damit dem interessierten Metalhistoriker und Eidolon-Fan nicht gleich der ganze Spaß am Entdeckergeist versaut wird. Man kann allerdings - und das ist das Erstaunliche, bei solchen Demo-Rereleases keineswegs Selbstverständliche - "Sacred Shrine" durchaus auch als vollwertiges Album interpretieren und es nicht nur dem Eidolon-Anhänger und metallischen Archäologen, sondern jedem Anhänger kraftvollen Power Metals ans Herz legen, zumal die Spielzeit mit über 56 Minuten auch im grünen Bereich liegt.
Kontakt: www.perrisrecords.com

Tracklist:
Hallowed Apparition
Black Heart
Lost Horizon
Race With Time
Forbidden Lair
Shadows
Silent Cries
Tribal Fury
Hellbound
Nemesis
Darkfall
 






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