www.Crossover-agm.de DEMON'S EYE: The Stranger Within
von rls

DEMON'S EYE: The Stranger Within   (MMS/Alive)

"The Stranger Within Us All"? Immerhin haben es Demon's Eye geschafft, nach Ian Paice und Jon Lord nun einen weiteren Musiker aus dem klassischen Siebziger-Hardrock-Dunstkreis zu begeistern, wenngleich einen, der erst später in diesen Kreis vorgestoßen ist: Doogie White, der "Stranger In Us All", das wohl unwiderruflich letzte Rainbow-Album aus dem Jahre 1995, eingesungen hatte (Ritchie Blackmore dürfte auch in Zukunft im Schloß seiner Candice Night wohnen bleiben wollen, und mit Cozy Powell und Ronnie Janes Dio weilen bekanntlich die beiden Bandstützen neben Ritchie, ohne die eine Neuauflage der Siebziger-Besetzung sinnlos wäre, nicht mehr unter den Lebenden). White war zunächst bei einigen Gigs mit dem klassischen "Deep Purple und Ableger"-Coverprogramm als Gast bei Demon's Eye auf der Bühne erschienen, hatte sich dann allerdings von den parallel zur äußerst erfolgreichen Coverbandkarriere (der Rezensent hat die Truppe bisher zweimal gesehen, 2002 in Schlettau und 2006 in Chemnitz, und sich von der exzellenten Qualität überzeugen können) entstandenen Eigenkompositionen derart angetan gezeigt, daß er kurzerhand gefragt wurde, ob er sie nicht einsingen wolle. Das hat er getan und bringt in den elf Songs unter seiner Beteiligung (dazu kommt das gefühlvolle Kurzinstrumental "Le Vent Lament") eine erstklassige und vor allem ziemlich vielseitige Leistung, die interessanterweise nur punktuell an seine diversen Kollegen erinnert, dort (z.B. im Schrei vor dem Solo in "Ain't Nothing Better") dann aber recht deutlich. Und in den von ihm verfaßten Lyrics erlebt man auch das eine oder andere Deja-vu, wie das einleitende Wortspiel ja bereits angedeutet hat und "Far Over The Rainbow" später noch holzhammerartig deutlich machen wird (es beginnt mit der Zeile "A flash of light kills the night"); auch "Sins Of The Father" ist trotz seines Titels keine Coverversion von Black Sabbaths gleichnamigem "Dehumanizer"-Track und auch - was stilistisch ebenso sinnvoll gewesen wäre - des fast gleichnamigen Songs vom Lions Share-Debüt. Böse Zungen werden zwar behaupten, daß die 66 Minuten der CD komplett aus Coverversionen bestehen, so sehr erinnert der Stil an Deep Purple und eben Rainbow - aber man kann den Schuh auch anders herum anziehen und die Songs schlicht und einfach als die besten bezeichnen, die Deep Purple und Rainbow bisher zu schreiben vergessen haben und die sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht mehr schreiben werden. Und warum sollten Demon's Eye etwas anderes machen als das, was sie bekanntermaßen exzellent können und was ihnen offensichtlich im Blut liegt? Hätten sie tatsächlich eine stilistisch völlig andere Richtung einschlagen wollen (wogegen natürlich auch nichts einzuwenden wäre - jeder Musiker hat schließlich das Recht, sich für mehr als nur ein Genre zu interessieren :-)), dann hätten sie das sicherlich unter einem anderen Bandnamen getan, denn immerhin läuft das Coverprogramm parallel natürlich weiter, und dessen guter Name wäre zweifellos beeinträchtigt worden, wenn "The Stranger Within" Industrial oder HipHop enthalten hätte. Interessant ist, daß der leicht orientalische Touch mancher Instrumentalmelodielinien, den Ritchie weiland in "Gates Of Babylon" erfunden und damit im Hardrock salonfähig gemacht hatte, einen besonders starken Einfluß auf Demon's Eye ausgeübt hat - man findet ihn gleich in mehreren Songs, etwa gleich im Opener "The Unknown Stranger" oder auch in "Evil Comes This Way". Das Quintett nimmt sich allerdings auch die Freiheit, mal eine komplette Melodielinie der Vorbilder ins eigene Schaffen zu integrieren (man höre sich mal genau die Gitarrenmelodien im ersten Teil des Solos von "Heaven Again" an), und auch wenn das in abgeschwächter Form geschieht, erkennt man hier und da das Vorbild noch recht deutlich. Das Eingangsriff von "Midnight In Heaven Or Hell" beispielsweise gibt sich als Ableitung aus dem von "Man On The Silver Mountain" zu erkennen (wonach der Song dann aber in eine andere Richtung weitergeht und fast ein bißchen gen Southern Rock tendiert, keineswegs nur aufgrund des Barpianos im Intro), am Ende von "A Foolish Man" glaubt man fast Ian Gillan lachen zu hören, und daß man bei "Far Over The Rainbow" nicht nur textlich, sondern auch musikalisch im eigenen Gedächtnis kramen und ggf. fündig werden darf, versteht sich irgendwie fast ein bißchen von selbst. So kann man den Terminus "Tribut zollen" natürlich auch interpretieren, und daß Demon's Eye das auf allerhöchstem Qualitätsniveau tun, davon durfte der geneigte Hörer ausgehen. So ist es dann auch gekommen: Whites Leistung wurde bereits erwähnt, und auch die vier Instrumentalisten geben ihr Bestes. Auch hiervon war der Rezensent zu drei Vierteln bereits vorher überzeugt, hatte er doch Keyboarder Florian Pritsch, Bassist Maik Keller und Drummer/Chefdenker Andree Schneider bereits live erlebt. Für Stephan Krause bedient mittlerweile Mark Zyk die Gitarre, und auch der erledigt seinen Job ausgezeichnet. Ganz nebenbei könnte vielleicht er es gewesen sein, der mit seinem Einstieg einen wichtigen Impuls zum Schaffen eigenen Songmaterials gegeben hat - er ist bei fast allen Songs als Co-Komponist genannt. Allerdings hatten Demon's Eye in geringerem Umfang auch früher schon eigenes Songmaterial geschrieben und sogar in ihre Tributesets eingebaut, ohne daß die Leute in Scharen davongelaufen wären - selber erlebt 2002 in Schlettau, als sich "Go Through The Door" perfekt in den Set einfügte. Ein Song dieses Titels findet sich allerdings nicht auf "The Stranger Within" - also wurde er entweder nicht berücksichtigt, oder er hat neue Lyrics von Alleintexter White bekommen und heißt demzufolge jetzt anders (man verzeihe dem Rezensenten, daß er den vor neun Jahren einmal und dann nie wieder gehörten Song nicht mehr im Gedächtnis hat und zweitgenannte Möglichkeit daher nicht verifizieren kann). Jedenfalls decken die Eigenkompositionen Demon's Eyes einen guten Teil des Ausdrucksspektrums ab, das auch die großen Vorbilder bedient haben, einzig eine echte Ballade im Stile von "When A Blind Man Cries" oder "Rainbow Eyes" fehlt. Ansonsten gibt's vom schnellen "A Foolish Man" über das episch ausgewalzte "Far Over The Rainbow" bis hin zum etwas getrageneren "The Best Of Times" (das zweimal auf dem Album steht, in einer "normalen" und einer um drei Minuten verlängerten Fassung) alles, was das Seventiesrockanhänger-Herz begehrt, dazu in sauberem, aber nicht sterilem Soundgewand, und nur an einigen wenigen Stellen wünscht man sich, eine Idee wäre noch konsequenter ausgearbeitet worden, beispielsweise in "Midnight In Heaven Or Hell", das nach dem Solo irgendwie im Nichts versandet und dann auch noch sang- und klanglos ausgeblendet wird. Aber diese Momente sind sehr selten, und das einzige, was vielleicht noch stört, ist der große Schriftzug oben auf dem stimmungsvollen Cover, der auf Whites Mitwirken verweist; das hätte man mit einem Aufkleber auf dem Plastikcase oder - noch besser - der Einschweißung eleganter lösen können. Ansonsten gibt es an "The Stranger Within" absolut nichts auszusetzen, sofern man eben nicht zu der Fraktion gehört, die die eindeutige stilistische Orientierung als Abkupferung oder Kopismus zu brandmarken gedenkt. Alle anderen bekommen eine der besten Seventies-Hardrockscheiben, die nicht in den Seventies erschienen ist.
Kontakt: www.demonseye.com

Tracklist:
The Unknown Stranger
Sins Of The Father
The Best Of Times
Ain't Nothing Better
Evil Comes This Way
Heaven Again
A Foolish Man
Midnight In Heaven Or Hell
Far Over The Rainbow
Brand New Life
Le Vent Lament
The Best Of Times (Extended Version)



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