www.Crossover-agm.de THE BRONX CASKET CO.: Sweet Home Transylvania
von rls

THE BRONX CASKET CO.: Sweet Home Transylvania   (Massacre Records)

Die Platten von Overkill besaßen, der generell eher powerthrashigen Ausrichtung zum Trotz, immer auch ein gewisses düsteres Moment, das wohl am deutlichsten bei "I Hear Black" zutage trat, bevor es wieder etwas in den Hintergrund rückte. Folglich machte sich D.D. Verni an ein Sideprojekt, um seinem Faible für doomigen, gothiclastigen, jedenfalls düsteren Metal Raum zu geben. Selbiges Projekt wurde The Bronx Casket Co. getauft und legt mit "Sweet Home Transylvania" schon seine zweite CD vor (das Debüt ist mir nur vom Song "No Miracles" her bekannt). Die fünf Amis, von denen die meisten noch mindestens eine Zweitbeschäftigung haben (neben Verni kommt auch Drummer Tim Mallare von Overkill, Keyboarder Charlie Calv spielt bei Shotgun Symphony sonst eher traditionellen Hardrock, Gitarrist Jack Frost ist momentan u.a. bei Savatage beschäftigt, und nur Sänger Spy steht nicht mehr bei den Misfits am Mikro), versuchen auf ihrem Zweitwerk, amerikanischen Düsterrock mit ebensolchem aus Europa zu verbinden. Das schaffen sie am besten bei "The Other Me", denn das klingt ungelogen nach einer gemeinsamen Session von Type O Negative und HIM - während der gothicrockige Anfang eher HIMig tönt, kommen im Mittelteil Type O Negative zum Zuge, und ab der Textzeile "Spread your wings and fly away" (kennen wir die nicht schon von Queen?) mischen sich beide Ausrichtungen in einem ruhigen Finale. Daß Doom nicht zwingend ultralangsam daherschleichen muß, soll "Sewing The Dead" beweisen - es beweist aber in stärkerem Maße die Vorbildwirkung von Black Sabbath für das ganze Düstergenre (weitere Songs wie "Blue Collar Horror" bestärken diesen Eindruck noch). Man versuche sich einmal am Gedankenexperiment, das Intro dieses Songs in seine Bestandteile zu zerlegen. Das Ergebnis sieht folgendermaßen aus: Der Drumbeat stammt von "Iron Man", die Melodiefolge dagegen (nicht ganz 1:1 allerdings) von "Black Sabbath". The Bronx Casket Co. bringen tatsächlich das Kunststück fertig, die neuen Songs so abwechslungsreich zu arrangieren, daß man nirgendwo kopiert, sondern lediglich verschiedene Elemente mal mehr, mal weniger fließend aneinanderreiht und ihnen eine gemeinsame Linie zu verpassen versucht, was in vielen Fällen auch gut gelingt. Nur ein Part wurde (augenzwinkernd) tatsächlich geklaut: In "BCC/Sweet Home Transylvania" geht's mit dem ähnlich benamten Lynyrd Skynyrd-Klassiker in einer knisternden LP-Aufnahme los, bevor ein schweres Riff diesen unter sich begräbt. Einen nicht unerheblichen Anteil am Funktionieren der Kompositionen hat Spys Stimme, die am ehesten an Collin Kock erinnert, den Freaks noch vom 93er und besten Sacrosanct-Album "Tragic Intense" kennen. Der stets etwas Klagendes aufweisende Unterton der meist klaren Stimme erzeugt jedenfalls eine ähnliche tragische Intensität wie die deutsch-holländische Freundschaft anno dazumal. Artwork und Lyrics des Albums sollen das düstere Konzept untermauern helfen - ich kann zu beiden Komponenten indes nicht allzuviel Auskunft geben. Weibliche Vocals, meist recht zart, markieren jedenfalls romantisch-schöne helle Bereiche in der vorherrschenden, aber nicht vernichtenden Düsternis. Unsere westliche Zivilisation tut sich ja bekanntlich recht schwer, den Tod als integralen Bestandteil des Lebens zu begreifen, so daß The Bronx Casket Co. in jedem Fall ein gewisses Schockpotential verbleibt, auch wenn ich nicht weiß, warum Mary Jane nun umgebracht werden mußte ("Killing Mary Jane"), wer da augenblicklich tot ist ("Dead ... For The Moment" - könnte man auch fast mit der Auferstehung als Hintergrund interpretieren, wenn man nur den Titel hernimmt) oder warum Jesus nun nicht mehr an einem ganz bestimmten Orte zu finden sein soll ("Jesus Doesn't Live Here Anymore" - merke: Jesus ist überall, wo nur zwei in seinem Namen versammelt sind). Die wohl deutlichsten Querverweise auf Type O Negative läßt "Black Valentine" zu - ein prägnanter Baßlauf und ein nicht weniger prägnantes Pianothema bauen eine düstere Stimmung auf, die sich aber in der eher romantischen Richtung von Tracks wie "My Girlfriend's Girlfriend" auflöst und dort selbst während des relativ schnellen Schlußteils verharrt. Der Kenner entdeckt in "Blue Collar Horror" eine wohl gewollte Anspielung auf Diamond Head (im Text) und einen sicher zufälligen musikalischen Verweis auf "The Fortuneteller" von Doro. Außerdem ist dieser an Position acht befindliche Track der erste mit einem richtigen Gitarrensolo, was den Stellenwert der Lead- verglichen mit der Rhythmusarbeit verdeutlicht (auch in dieser Komponente läßt Tony Iommi freundlich grüßen). Nach diesem Track geht nur noch die große "Creeperia" los, und zwar in geradezu rapidem Tempo und bisweilen gar fröhlichem Gestus, den nur das schwere Riffing und Spys wieder mal klagender Gesang nicht untermauern, wo es aber dafür das zweite Gitarrensolo gibt. Insgesamt keine leicht zugängliche CD, dieser Neuntracker, aber für alle interessant, die wissen wollen, was das Düstermetalgenre jenseits von berechenbaren Größen wie HIM noch so vorrätig hat.
Kontakt: www.massacre-records.com



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