www.Crossover-agm.de CHRIS BILOBRAM/REINHARD WOLSCHINA: Soundways For Guitar And Piano
von ta

CHRIS BILOBRAM/REINHARD WOLSCHINA: Soundways For Guitar And Piano   (querstand)

Bei querstand finden sich ja von jeher interessante Veröffentlichungen, die man anderswo nicht findet, seien es das Duetto Giocondo, Flute Harmonique oder Chris Bilobrams "Composition Féminine"-Kompilation. Die Gitarristin Chris Bilobram hat auch bei "Soundways ..." ihre Finger mit im Spiel und das Ergebnis ist eine interessante, experimentelle Veröffentlichung in der querstand-typischen liebevollen Aufmachung: Wertiges, robustes Digipack mit 38 Seiten Booklet, dreisprachig.
Für "Soundways ..." setzte sich Bilobram mit dem Pianisten Reinhard Wolschina zusammen, herausgekommen ist ein Streifzug durch die klassische Musikgeschichte vom achtzehnten ins zwanzigste Jahrhundert, gespielt auf Gitarre und Klavier. Zur ungewöhnlichen Instrumentierung gesellt sich eine internationale Auswahl an Kompositionen bzw. Komponisten.
Die Reise beginnt in Japan mit Rikuya Terashima und dem "Eclogue Nr. 1", ein perfekter, ätherischer Einsteig, der Ambient-Qualitäten aufweist. Er ist ausdrucksstark, zärtlich, modern und eben auch sehr japanisch. Beide Instrumente umspielen sich permanent, geben die wie kleine Szenen in einem Theaterstück auftretenden Melodien immer wieder an das jeweils andere Instrument ab und fallen selbst in eine neue. Perfekt inszeniert sind die Klangfarben beider Instrumente, das Warme und Weiche der Gitarre, das Helle, Klimpernde des Klaviers - man merkt dem Stück an, dass es für eben diese Instrumente komponiert wurde. Den Komponisten sollte man im Auge behalten, Terashima ist hierzulande bis dato mehr oder weniger unbekannt.
Der Kontrast folgt bei Fuß: Joseph Haydns "Streichquartett E-Dur op. 2/2" wird mit dem Adagio vorstellig, in einer Transkription für Gitarre und Klavier natürlich. Der sprichwörtliche Vater des Streichquartetts überzeugt auch, wenn er sich auf diese Weise zeigt: Das Adagio ist elegant, vielseitig und friedlich, wartet mit einigen wunderbaren Dur/Moll-Wechseln auf und wird mit viel Respekt interpretiert. Am Ende hätte man sich als Ausgleich fast noch ein Allegro oder Presto desselben Komponisten gewünscht ...
... aber der Ausgleich stammt nicht von Haydn, sondern vom mexikanischen Komponisten Manuel Maria Ponce, dessen "Sonate für Gitarre und Cembalo" hier zur "Sonate für Gitarre und Klavier" wird. Pentatonische Skalen - höre nur die dritte Minute des Allegro - erinnern an den Impressionismus, der hier feurig und furios auftritt, mit Cluster-artigen Harmonieflächen, aber auch plötzlichen tonalen Ausbüchsern, die etwas Folkloristisches haben. Hier sei besonders auf das Andantino verwiesen. Ein musikalisches Schmuckstück!
Zurück in die Bundesrepublik. Thomas Böttger kann Spezialisten bspw. durch seinen schiefschrägen Beitrag für das Ensemble Sortisatio bekannt sein, und auch seine exklusiv für Bilobram und Wolschina komponierte "Stoa" ist nun nicht gerade das, was man beim Kaffeeklatsch im Hintergrund laufen lässt. Die "Stoa" ist atonal, dabei meditativ und assoziativ und wird immer mehr dominiert vom Klavier, je weiter sie fortschreitet - Bilobrams Gitarre ist selten mehr als eine Ergänzung, die ab und an dazwischen geworfen wird. Die ungleiche Aufgabenverteilung hat allerdings auch ihren Reiz, die Atmosphäre wirkt gebrochen, unwirklich und führt in ein kluges Schlussarrangement aus drei tiefen Tönen, die nach all den hohen Tönen davor den Hörer eigentümlich verstört zurücklassen.
Weil Bilobram und Wolschina Kontraste mögen, fällt das nächste Stück natürlich wieder mal ganz anders aus: Der gebürtige Italiener Luigi Boccherini, der zeit seines Lebens als Komponist und Cellist klassischer Kammermusik, später als Kapellmeister in Spanien tätig war, stellt sich mit dem "Streichquintett op. 40/2" vor, dessen Introduktion und Fandango in einer Gitarre/Klavier-Interpretation performt werden. Die kurze Introduktion darf man getrost zeitlos nennen, sie verknüpft vorklassische und klassische Momente, einiges weist aber auch bereits in die Romantik; der Fandango ist, wie der Name verrät, ein spanischer Tanz, Wolschina fegt schneller über die Tasten, Bilobram spielt perkussiver und schön rasselndes Rasgueado ertönt.
Den Abschluss der Zusammenstellung markiert eine Eigenkomposition: Reinhard Wolschinas "Impulse" sind mit "Ein musikalisches Zwiegespräch für Gitarre und Klavier" untertitelt und stellen auch ein solches dar, nämlich ein dodekaphonisches Hin und Her mit experimentellen Einwürfen: Hier klopft sie auf den Gitarrencorpus und er auf den Flügel. Da klingt es, als ob er die Saiten (nicht Tasten) des Klaviers einmal runterrauscht. Und dort hält er beim Spielen mit der rechten Hand auf den Tasten die linke in die Saiten, um den Ton zu dämpfen. Klingt eigenartig, ist es auch. Für diese Zusammenstellung ein passender Rauswerfer.
"Soundways" ist ein überaus gelungenes Beieinander, vielseitig, abwechslungsreich, durch die Bank sinnvoll und bisher mein persönlicher querstand-Liebling. Zu haben ist die 56minütige Auswahl für 18,00 Ocken im Shop der Verlagsgruppe Kamprad.
Kontakt: www.vkjk.de

Tracklist:
Rikuya Terashima
  1. Eclogue Nr. 1 für Gitarre und Klavier (1999)
Joseph Haydn
  2. Adagio aus dem Quartett E-Dur op. 2/2 (Hob. III/8)
Manuel M. Ponce
  3. Sonata für Gitarre und Klavier - Allegro moderato
  4. Sonata für Gitarre und Klavier - Andantino
  5. Sonata für Gitarre und Klavier - Allegro non troppo e piacevole
Thomas Böttger
  6. Stoa für Klavier und Gitarre (2005)
Luigi Boccherini
  7. Introduktion und Fandango (1788) aus dem Quintett op. 40/2 (G. 448)
Reinhard Wolschina
  8. Impulse - Ein musikalisches Zwiegespräch für Gitarre und Klavier (2005)



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