www.Crossover-agm.de BATTLE BRATT: Battle Bratt
von rls

BATTLE BRATT: Battle Bratt   (Battle Cry Records)

Das einzige reguläre Album der ersten Battle Bratt-Schaffensphase (nach der Jahrtausendwende ist ja eine zweite eingeleitet worden, die mit der ersten aber nicht mehr so sehr viel zu tun haben soll - genaue Einschätzungen sind mangels eigenen Höreindrucks bisher nicht treffbar) ist das hier nunmehr als Re-Release vorliegende, das zugleich mit einem der eigenartigsten Cover der Metalgeschichte ausgestattet war. Ein solches Verdikt kann Vor- wie Nachteile haben, und im vorliegenden Fall wuchs es sich eindeutig zum Nachteil aus, denn obwohl wirklich jeder Metalfan dieses Cover eindeutig im Laden hätte identifizieren können, so reichte die Identifizierung eben doch nicht so weit, daß sich dahinter guter zeittypischer amerikanischer Metal verbarg - "zeittypisch" bedeutet hier "anno 1988", und da gab es praktisch nur noch vier Möglichkeiten: Man spielte Thrash (oder entwickelte ihn zum Death weiter), man spielte Sleaze, man spielte Glamrock, oder man versuchte sich irgendwo im Queensryche-Fahrwasser als eigenständig zu positionieren. Battle Bratt unternahmen den letztgenannten Versuch, indem sie witzigerweise den schrittweise immer zugänglicher werdenden Progmetal Queensryches mit dem sowieso schon immer zugänglich gehaltenen Glamrock kombinierten, wobei sie rein optisch sicherlich eher dem letztgenannten Lager zuzuordnen waren. An den US-typischen Power Metal der frühen Aufnahmen, die auf "The Anthology" mittlerweile eine Veröffentlichung erfahren haben, erinnert bis auf den Gesang nur noch wenig - und das, obwohl sogar der Sänger gewechselt worden war. Anthony Bourray ähnelt seinem Vorgänger Jim Kane aber stark genug (ohne ihn allerdings zu kopieren - beim Nacheinanderhören kann man den Unterschied problemlos ausdifferenzieren), um eine Art Linie in die Bandentwicklung zu bringen, während die Backingvocals diesmal deutlich ausgefeilter produziert wurden, die Einflußnahme von Bands wie Stryper relativ deutlich verratend. Neben einem neuen Sänger gab es auch einen neuen Gitarristen, und Michael J. Mostert spielte in der Tat deutlich weniger traditionsmetalorientiert als sein Vorgänger Bill Kania, wobei ihm sicherlich auch zugute kam, daß das Durchschnittstempo der neun neuen Songs deutlich unter dem des alten Materials lag - einen Song wie "Henchman", den man auf einem Sampler namens "Speed Metal Hell" hätte plazieren können, konnte man diesmal mit dem Mikroskop suchen und wäre doch nicht fündig geworden. Das soll freilich nicht heißen, daß das neue Material etwa schlechter gewesen wäre, es war auf jeden Fall auch massenkompatibler, nur halt für die alten Fans etwas gewöhnungsbedürftig, und die Gewinnung neuer Fanschichten gelang trotz der Connection zu David deFeis von den seinerzeit einen beachtlichen Status aufweisenden Virgin Steele (gerade war "Age Of Consent" draußen, das heute als Klassiker gilt), der den Mix übernommen hatte und vielleicht auch an der Verbindung zu Shark Records, die das Album letztlich herausbrachten, nicht ganz schuldlos war, nur in geringerem Maße, und das Coverartwork, das für den vorliegenden Re-Release übernommen wurde, dürfte seinen Teil zum Mißerfolg des Albums (das schon damals auch als CD herausgebracht worden war, für Metalreleases seinerzeit noch keineswegs gewöhnlich) beigetragen haben, so daß Battle Bratt irgendwann die Aktivitäten einstellten und erst nach der Jahrtausendwende mit einer neuen Schaffensperiode begannen. Hört man nun die Aufnahmen mit etwa 20 Jahren Abstand, so fällt auf, daß sie keineswegs schlecht waren, aber genau zwischen den erwähnten Stühlen Prog und Glam saßen. Auf Queensryche-Anhänger (die noch nicht wußten, was ihnen ihre Heroen ab "Empire" vorsetzen würden) mag der zugängliche Glameinschlag eher abschreckend gewirkt haben, während der durchschnittliche Poison-Anhänger die Kapelle viel zu anspruchsvoll gefunden haben dürfte. Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte und erlaubt dem scheuklappenfreien Hörer (den es heute ja in deutlich höherem Maße gibt als damals) ein durchaus genußvolles Hören, auch wenn die ultimativen Knallersongs weit und breit nicht auszumachen sind. Aber der donnernde Opener "Winds Of Change" (mit über sechs Minuten auch der längste Song - generell sind die Songs auf dem Album bis auf das nur knapp dreiminütige, aber selbst in dieser kurzen Spielzeit eher langweilende "Don't Fight The Power" deutlich länger ausgefallen als die vorher produzierten, was natürlich auch mit in der Temporeduzierung begründet liegt) oder die etwas zurückhaltenderen, teils mit Akustikgitarrenparts versehenen "You're Te One" und "Heat Of The Night" (keine Balladen wohlgemerkt - solche sind unter den neun Songs komplett abwesend) machen zweifellos Hörspaß, auch das abwechslungsreiche "Lost Without Love" mit seinem geschickten Wechsel zwischen treibender Strophe, hymnisch verschleppter Bridge und wieder treibendem Refrain samt ebensolchem Solo (neben "Rock'n Roll Sin" eines der besten auf der CD, aber generell weiß Herr Mostert mit seinem Instrument umzugehen; in "Can't Let Your Love Go" gönnt er sich gar ein paar zweistimmige Solomelodiestrukturen, was angesichts seines Status als einziger Gitarrist ungewöhnlich ist; auch Bassist Rob Dexter darf sich in diesem Song ab und zu kurz in den Vordergrund spielen) sollte nicht ungehört bleiben und hätte sicherlich auch gut auf ein Stryper-Album gepaßt. Als Bonustracks wurden die vier eines vor den Albumaufnahmen entstandenen Demos gewählt, deren Endfassungen allesamt auch auf dem eigentlichen Album stehen, allerdings in bis zu ca. 20 Sekunden längeren Versionen, was einen Rückschluß auf noch einmal geringfügig gesenkte Tempoverhältnisse zuläßt, da keine großartigen Arrangementänderungen stattgefunden zu haben scheinen (am Eingangspart von "Cruisin' For Action" kann man die frühe Version schön als die deutlich druckvollere und schnellere identifizieren). Der Sound ist nicht schlecht, aber halt auf Demoniveau, was man am etwas schepperigen Schlagzeug (HiHat!) hören kann. Skurril ist nur die Zeitstellung des Demos. Das Impressum weist 1987 als Aufnahmezeitpunkt aus, was durchaus hinkommen kann und auch mit der Bandbiographie konform geht; im Booklet ist aber ein Democover abgebildet, das exakt diese vier Songs "Winds Of Change", "Back To Love", "Cruisin' For Action" und "Can't Let Your Love Go" ausweist, aber mit einem 1985er Copyright versieht. Das kann kaum stimmen, denn 1985 sang ja noch Jim Kane, der auch auf einem im Zuge der oder nach den auf "The Anthology" vertretenen Aufnahmen entstandenen weiteren Demo zu hören sein müßte, das man leider nicht mit auf "The Anthology" gepackt hat und das ausschließlich Coverversionen, u.a. von Judas Priest und Rainbow, enthielt. Aber das Cover mit der Jahreszahl 1985 ist ja offensichtlich echt, also kann (wenn man die Möglichkeit einer Verfälschung des Bildes mittels Photoshop ausschließt) allenfalls ein Fehler bei der damaligen Herstellung des Demos (sei es ein bewußter oder unbewußter) angenommen werden. Sei's drum, trotz wie erwählt fehlender herausstechender Songs mit Klassikerstatus lohnt sich der Erwerb des Re-Releases von "Battle Bratt" für geschichtsorientierte Metalfreunde, die kein Problem mit sehr hohen bis höchsten Leadvocals haben, zweifellos.
Kontakt: www.battlebratt.com, www.battlecryrecords.de

Tracklist:
Winds Of Change
Cruisin' For Action
Don't Fight The Power
You're The One
Back To Love
Heat Of The Night
Rock'n Roll Sin
Lost Without Love
Can't Let Your Love Go
Winds Of Change (Demo)
Back To Love (Demo)
Cruisin' For Action (Demo)
Can't Let Your Love Go (Demo)



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