www.Crossover-agm.de BARREN EARTH: The Devil's Resolve
von rls

BARREN EARTH: The Devil's Resolve   (Peaceville)

Das Barren-Earth-Debüt "Curse Of The Red River" bleibt auch ohne die ganz großen Einzelsongs in seiner Gesamtheit immer noch eines der besten Alben des Metaljahrgangs 2010. Im späten Frühjahr und frühen Sommer 2011 fanden die sechs vielbeschäftigen Finnen dann wieder mal etwas gemeinsame Zeit, um ein Album einzuspielen - das 2012 veröffentlichte Ergebnis "The Devil's Resolve" dauert 47 Minuten und dürfte auch in der Endabrechnung dieses Jahres wieder weit vorn landen. Dabei haben es Barren Earth erneut fertiggebracht, weniger herausragende Einzelsongs als vielmehr ein Gesamtkunstwerk zu erschaffen, das verdeutlicht, wie Amorphis zu "Elegy"-Zeiten geklungen haben könnten, wenn sie damals schon das heutige "Anything goes"-Songwritingwissen gehabt und die Entwicklungen der letzten fünfzehn Jahre vorausgesehen hätten. Freilich könnte sich etwa "The Rains Begin" bei entsprechender Interessenlage durchaus zum Mini-Hit des Albums entwickeln, obwohl oder auch gerade weil es den bisher gewohnten Klangkosmos auch noch um eine feiste Hammondorgel und fast bluesige Gitarren im Mittelteil erweitert. Zudem fällt auf, daß dieser Song einer von gleich mehreren ist, die von einem beinahe orientalischen Touch mancher Melodielinien leben - ein interessanterweise nun gerade im Song "Oriental Pyre" nicht eingesetztes Stilmittel, das man bereits vom Amorphis-Klassiker "Tales From The Thousand Lakes" her kennt, das aber auf "Curse Of The Red River" noch nicht ganz in der Deutlichkeit zutage trat, wie man es nun auf dem Zweitling kennt. Der verfeinert also die Linie des Debüts nur noch etwas, ohne einen Stilbruch zu begehen, obwohl die Härtnerschule vielleicht anfangen wird, den Anteil der ruhigen Passagen auszurechnen, und dann zum Ergebnis kommen wird, daß dieser auf dem neuen Album höher liegt als auf dem Debüt. Klar: Wer stromlinienförmiges Songwriting liebt, wird es Olli-Pekka Laine übelnehmen, daß dieser in "Vintage Warlords" einen herben, allerdings durch die Leadgitarre auch schon recht melodischen Hauptteil plötzlich mittels eines sehr zurückhaltenden atmosphärischen Mittelteils auflockert und ganz zum Schluß mit einem attackiernden Riff über einer spannungsgeladenen Schlagzeugfigur einen polternden Ausbruch antäuscht, statt dessen aber den Song danach plötzlich ausklingen läßt. Aber Schubladendenker hatten es schon damals bei Amorphis schwer, und sie werden auch mit Barren Earth nicht glücklich. Im Gegensatz zum Debüt kommt diesmal übrigens keine Flöte zum Einsatz, sondern ein anderes Blasinstrument, nämlich ein Dudelsack, mit dem Gastmusiker Hittavainen das Intro von "As It Is Written", knapp vor dem Opener "Passing Of The Crimson Shadows" mit siebeneinhalb Minuten der längste der acht Songs, gestaltet, wobei dieses erstaunlicherweise nur wenige Direktbezüge zum Geschehen im Hauptteil des Songs trägt, ergo ein wenig organischer hätte konzipiert werden können. Dafür entschädigt aber der erste große Instrumentalpart innerhalb des Songs, der Schubladendenkern wiederum graue Haare bescheren wird: Mit seinem dominanten Piano erinnert er überdeutlich an die jüngeren Savatage, während der zweite große Instrumentalpart eher wieder aus der Amorphis-Schule stammt. "The Dead Exiles" löst dann zumindest partiell ein Versprechen ein, das der Opener "Passing Of The Crimson Shadows" mit seiner "Paradise Lost zu Debützeiten"-Gedächtnispassage gegeben hatte: Es beginnt wie klassischer Doomdeath der alten Schule, allerdings auch hier schon mit tieftrauriger Gitarrenmelodie und nicht lange durchgehalten - einem ersten Break mit düsterem Klargesang folgt bald ein Übergang in einen leichtfüßig galoppierenden, wenn auch extrem vokalisierten Part, und der fächert sich im weiteren Verlauf des Songs noch viel weiter auf und landet letztlich doch wieder bei Amorphis, in diesem Falle sogar denen der Post-"Elegy"-Ära, wie der klare Teil des Gesangs offenbart. Die beiden letzten Songs stammen von Bandmitgliedern, die einstmals nicht bei Amorphis gespielt hatten, und das glaubt man auch ein wenig zu hören, sowohl an den trocken-herben Passagen in "White Fields" (eine Gemeinschaftsproduktion von Gitarrist Sami Yli-Sirniö und Drummer Marko Tarvonen) als auch am sehr entrückt wirkenden Refrain und der häufig sehr "neben der Spur" angelegten Rhythmisierung von "Where All Stories End" (geschrieben von Gitarrist Janne Perttilä), die allerdings bei genauem Hinhören auch "nur" konsequente Weiterentwicklungen der üblichen Albumstilmittel oder aber anderweitig passende Zutaten darstellen. Am Schluß des Albums fällt einem dann auf, daß eigentlich der Opener "Passing Of The Crimson Shadows" tatsächlich prototypisch fast alles zusammengefaßt hatte, was man auf dem gesamten Album dann zu hören bekommt, ohne daß er deshalb aber einen patchworkigen Eindruck hinterlassen hätte. Feine Sache, zudem wieder mit exzellentem Sound und bezugsreichem Artwork ausgestattet und für Liebhaber des Debütalbums sowie alle anderen Freunde vielschichtigsten Düstermetals ein Pflichtkauf.
Kontakt: www.barrenearth.com, www.peaceville.com

Tracklist:
Passage Of The Crimson Shadows
The Rains Begin
Vintage Warlords
As It Is Written
The Dead Exiles
Oriental Pyre
White Fields
Where Stories End



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