www.Crossover-agm.de BACKLASH: Backlash
von rls

BACKLASH: Backlash   (Karthago Records)

Nur zwei Jahre existierten Backlash aus Southport, Indiana - 1985 gegründet, war 1987 nach einmaligem Sänger- und zweimaligem Bassistenwechsel schon wieder Schluß. Die dazwischenliegende Zeit nutzte das Quintett allerdings zu Aktivitäten, die auch die Nachwelt durchaus noch interessieren sollten: 1986 erschien das einzige und selbstbetitelte Album von Backlash, allerdings auf einer kleinen regionalen Plattenfirma namens AGF Records, so daß sich die Verbreitung der Scheibe in Grenzen gehalten haben dürfte. Wie der nun vorliegende Re-Release in der "Heavy Metal Classics"-Serie des Karthago-Labels unter Beweis stellt, war es durchaus ein Verlust für die metallische Welt, daß aus dieser Truppe nichts Längerfristiges wurde. Hinter dem unauffälligen Cover verbirgt sich nämlich klassischer US-Metal, der Genrefans prima reinlaufen dürfte, selbst wenn nicht alle neun Songs das gleiche Qualitätslevel halten können, Drummer Edward Munsch (ein Pseudonym oder eine interessante Kunstanwandlung seitens seiner Eltern bei der Namensvergabe?) an einigen wenigen Stellen mal ein Fill zuviel spielt und einige wohl unfreiwillig schräge Gitarrenklänge das magere Budget samt entsprechenden Zeitdruck im Studio widerspiegeln dürften. Dafür entschädigen zum einen die erstklassige Stimme von Eric Rozens, zum zweiten die enorm spielfreudigen Gitarren von George Wolfla und Alan Cravens und zum dritten eben mancherlei guter Songwritingeinfall. Backlash wußten wor allem dann zu überzeugen, wenn sie einen Gang herunterschalteten, Akustikelemente einbauten und entrückte Stimmungen hervorzubringen trachteten. Auf der A-Seite des Albums ist ihnen das im letzten Track "Lady Of The Night" besonders gut gelungen - man glaubt einen Mix aus Bostons "More Than A Feeling" und Metal-Church-Elementen zu hören, gekrönt durch Rozens' bereits gelobte, sich mühelos auch in schwindelnde Höhen hinaufschwingende Stimme. Aber auch in tieferen Oktaven macht der Mann eine prima Figur, wie das lange ruhige Intro von "I Have Waited", dem anderen Highlight auf der A-Seite, unter Beweis stellt, in dem (nach einem der erwähnten schiefen Gitarrenparts) sich eine Ballade zu entwickeln scheint, bevor Rozens aber nach anderthalb Minuten plötzlich in die Höhe schießt und kurze Zeit später auch die Instrumentalisten ins metallische Fach umschalten. Und wenn man glaubt es ginge höhentechnisch nichts mehr, dann belehrt uns Rozens im Finale von "Lady Of The Night" nach reichlich sechseinhalb Minuten eines Besseren und packt noch ein paar Töne obendrauf, ohne daß es ihn auch nur einen Deut Anstrengung zu kosten scheint. Natürlich muß man mit derartigen sehr hohen Stimmen im Metal klarkommen, wenn man an Backlash generell Gefallen finden will - aber wer beispielsweise Recon oder Cerebus mag, der dürfte auch dieses Quintett hier ins Herz schließen, und auch Liebhabern früher Queensryche sei ein Hörtest dringend empfohlen. Wie erwähnt können nicht alle Songs das außerordentlich hohe Niveau halten - "Public Enemy" etwa wirkt unausgegoren, und Rozens macht hier auch einen seltsam angestrengten Eindruck, wie überhaupt auf der B-Seite die Leichtigkeit in seiner Vokalakrobatik ein ganz klein wenig auf der Strecke geblieben ist, wenngleich etwa "No Time For Thinking" ihn immer noch problemlos nach oben gleiten läßt. Aber seine Bandkollegen gönnen ihm dort auch mal eine Verschnaufpause, indem sie ein kurzerhand "Instrumental One" getauftes Stück mit auf die Platte genommen haben (bisweilen einen Tick zu vertrackt, aber mit abermals exzellentem ruhigem Teil), das natürlich die Frage aufwirft, ob der Titel im Sinne von "Ein Instrumental" gemeint ist oder aber eine chronologische Zählung von Instrumentalstücken geplant war. Da es auf der originalen Platte nur dieses eine Instrumentalstück gibt, muß diese Frage unbeantwortet bleiben, denn der Re-Release enthält nur die neun Songs des Originals und läßt damit noch eine andere Frage offen: 1987 sollen mit dem neuen Bassisten Chris Bippus noch vier Stücke aufgenommen worden sein, die für eine EP geplant waren, welche aber nie das Licht der Welt erblickte. Diese vier Stücke nun hätten sich prima als Bonustracks für die CD-Wiederveröffentlichung angeboten, zumal die Liner Notes sagen, es seien die stärksten Songs der Bandgeschichte gewesen - also muß irgendjemand sie ja zumindest gehört haben, um so ein Urteil fällen zu können, und es muß folglich zumindest irgendeine anhörbare Konserve geben, die man als Vorlage für eventuelle CD-Bonustracks hätte verwenden können. Aber vielleicht schlummert ja noch mehr Material in den Bandarchiven, und die EP erblickt zusammen mit weiterem Stoff irgendwann in der Zukunft doch noch das Licht der Welt. Derweil ist der Re-Release des knapp 37minütigen Debütalbums allein schon wegen "Lady Of The Night" erwerbenswert, auch wenn die B-Seite der Scheibe, vom starken Rausschmeißer "Get Ready" (flotteste Nummer der Scheibe, nicht mal drei Minuten lang und recht frisch-forsch, leider mit diversen kleinen Schwankungen im Mix) abgesehen, etwas schwächer ausfällt als die A-Seite.
Kontakt: www.karthagorecords.de

Tracklist:
Down The Hatch
I Have Waited
Gonna Give Her My Love
Lady Of The Night
Public Enemy
No Time For Thinking
Instrumental One
Name Of The Game
Get Ready



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