www.Crossover-agm.de AXEWORK: Axework
von rls

AXEWORK: Axework   (Karthago Records)

Daß Musiker in ganz anderen Arealen arbeiten bzw. populär werden als in denjenigen, mit denen sie einstmals begonnen haben, ist durchaus nicht ungewöhnlich. Mit Werner Reif liegt einer dieser Fälle vor: Den Namen dieses Mannes kennt man in der Alte-Musik-Szene als Lautenist, der auch etliche Notenbände mit Lautenmusik der Renaissance herausgegeben hat. Angefangen hat Reif aber im Hardrockbereich, und zwar bei einer Band namens Mandragora, aus der sich nach etlichen Umbesetzungen dann Axework entwickelten. Selbige spielten 1982 zunächst eine Single ein, deren beide Songs "Strangers" und "Life Is Just A Game" hießen. Eine leere Bandkasse führte allerdings dazu, daß nie ein Tonträger gepreßt wurde, aber die Songs fanden sich dann ein Jahr später auf der selbstbetitelten Debüt-LP wieder. Für diese fand sich abermals kein interessiertes Label, aber Bassist Günter Rupp konnte das Geld für die Pressung zusammenkratzen, und so erschien die Scheibe mit dem völlig unauffälligen Coverartwork (schwarz mit dem weißen Bandlogo) letztlich als Eigenproduktion. Die Auflage wird überschaubar gewesen sein, und da die Band schon relativ kurze Zeit nach dem Erscheinen abermals personelle Umbrüche verkraften mußte und sich schließlich ganz auflöste, hielt sich der Erfolg in Grenzen, so daß die wenigen Raritätenjäger, die von der LP überhaupt Wind bekamen, einige Sucharbeit investiert haben dürften.
Aber wer dann tatsächlich ein Exemplar in seine Sammlung einreihen konnte, durfte sich auch musikalisch glücklich schätzen. Seltenheit und musikalische Qualität bewegen sich ja nicht immer in Synchronität, aber hier ist das zweifellos der Fall, wie jetzt auch die glücklichen Besitzer der CD-Wiederveröffentlichung in der "HM Classics"-Serie des Karthago-Labels feststellen können. Axework musizierten zwar völlig am damaligen Zeitgeist vorbei, aber das, was sie taten, das konnten sie richtig gut: Sie nahmen als Basis den klassischen Siebziger-Hardrock und verbanden diesen zumindest phasenweise mit der Energie der vorwärtsstürmenden Metalbands der Frühachtziger. Natürlich beteiligten sie sich nicht an der Schneller-Härter-Debatte - man erinnere sich, daß im gleichen Jahr 1983 auch die Debütalben von Metallica und Slayer erschienen. Aber ihr großes musikalisches Vorbild Uriah Heep hatte 1983 längst begonnen, sich eher in gemütlichere Rockgefilde zurückzuziehen, und dem setzten Axework einen Gegenpol zur Seite. Selbst schleppend beginnende Kompositionen wie "Night Riders" nehmen später Fahrt auf und entwickeln sich zu begeisternden Beispielen, wie man epischen Hardrock spielt, ohne die vorwärtsstürmende Energie missen zu lassen. Schon der Opener "Strangers" weist die Marschrichtung; mit nur knapp über drei Minuten ist er zudem die kompakteste der der Öffentlichkeit bekannten Axework-Kompositionen. Der Rest der A-Seite ist mit epischen Fünf-bis-Sechsminütern gefüllt, die ebenjene Balance aus Härte und Epik ausgezeichnet hinbekommen. Und gerade "Life Is Just A Game" verbeugt sich überdeutlich vor zwei oder drei großen Vorbildern, ohne aber in puren Kopismus auszuarten, selbst wenn man beim Tempoausbruch nach Minute 3 schon ein bißchen aufpassen muß, um nicht versehentlich den Text von "Easy Livin'" zu intonieren - der langsamere Hauptteil dagegen atmet mehr den Geist von Deep Purple oder auch Rainbow. Der B-Seiten-Opener "Wasting Time" wiederum, ein eher entspannter Sechseinhalbminüter (an dieser Position eine dramaturgisch eher seltene Wahl), läßt erahnen, wie Wishbone Ash geklungen haben könnten, wäre bei ihnen die Planstelle eines Keyboarders dauerhaft besetzt gewesen. Und so hört man zwar deutlich die Vorbilder des Quintetts heraus, aber Axework wußten diese gekonnt mit anderen Elementen zu ihrem eigenen Sound zu verschmelzen. Trumpf der Band war zudem Sänger John "Robo" Robinson, mit dem Axework gegenüber vielen anderen deutschen Bands einen großen Vorteil besaßen: Robo war Engländer (er stammte aus Blackpool), und somit fiel die Gefahr, daß deutsche Sänger gezwungenes Englisch sangen, hier komplett weg. Freilich hätte auch das nichts genützt, wäre Robo kein guter Sänger gewesen - aber auch in dieser Hinwicht kann Entwarnung gegeben werden: Er mag nicht zu den Expressivsten seiner Zunft gehört haben (zumindest soweit man das anhand der Studioaufnahmen bewerten kann), aber er hatte eine richtig gute Stimme, konnte Melodien treffsicher halten und vermittelte problemlos das Gefühl einer gewissen "Weite", wie man sie gerade im epischen Hardrockbereich zwingend benötigt. Was er im Verband mit Gitarrist/Alleinkomponist Reif für Kabinettstückchen fertigbringen konnte, zeigt der harmonisch irreale Ausklang von "Light And Time", und auch wenn er wie im Intro von "Show Me The Way" a cappella agiert, geht ihm die Sicherheit nicht verloren, wirkt kein Moment peinlich, wie das bei manchem Kollegen der Fall wäre. Kurioserweise nehmen Axework auf der B-Seite insgesamt ziemlich das Tempo raus, lediglich "Robbery" kommt noch etwas flotter zum Ziel, und der Albumcloser "Show Me The Way" hätte gerne noch länger ausfallen dürfen als die viereinhalb Minuten, die er dauert, und er wird irgendwie ein wenig abrupt beendet, als man noch das Gefühl hat, hier müsse noch was kommen.
Die CD enthält danach noch "Killer" als Bonustrack, kompositorisch wie soundlich nicht sonderlich weit entfernt vom Rest des Albums liegend, und das hat auch seinen Grund, wie Werner Reif auf Nachfrage zu berichten wußte: Aufgenommen wurden mehr als die acht Tracks, die letztlich auf der LP landeten, und "Killer" ist einer, der damals nicht berücksichtigt wurde. Geringfügig mehr Druck hätte er im instrumentalen Unterbau noch vertragen können, und auch das einleitende Motiv wird etwas zu ausgiebig wiederholt, aber prinzipiell handelt es sich um eine weitere interessante Komposition aus dem Hause Axework, wenngleich er irgendwie so wirkt, als sei er nicht fertig aufgenommen worden, und das Hauptsolo würde noch fehlen. Aber er macht auch so keinen üblen Eindruck und rundet die 49 Minuten in ansprechender Weise ab. Interessanterweise zeigt der Abschlußschrei, daß Robo durchaus zu mehr Expressivität in der Lage gewesen wäre - aber in welchem Maße, das wird die Nachwelt nicht erfahren, denn im Gegensatz zu Hunderttausenden anderer Achtziger-Bands haben sich Axework bisher nicht wiedervereinigt, auch wenn zumindest einige der Ex-Mitglieder nach wie vor musikalisch aktiv sind, wenn auch teilweise auf ganz anderen Musikfeldern, etwa Drummer Tom Peroutka bei Capt'n Hook und seinen singenden Saxophonen oder Werner Reif als klassischer Gitarrist und wie eingangs erwähnt Lautenist.
Kontakt: www.karthagorecords.de

Tracklist:
Strangers
Lonely Man
Life Is Just A Game
Night Riders
Wasting Time
Robbery
Light And Time
Show Me The Way
Killer



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