www.Crossover-agm.de ARROW: Diary Of A Soldier
von rls

ARROW: Diary Of A Soldier   (Karthago Records)

Mit dem Pfeil als Bandnamensgeber nach der Aufmerksamkeit der Fans zu jagen begann man in Deutschland und Schweden ungefähr zur gleichen Zeit: Die Debüt-EP "The Heavy Metal Mania" der Südhessen erschien ebenso 1984 wie die Debüt-Single "The Only Way" der Jönköpinger, und in beiden Fällen war nach dem nächsten offiziellen Tonträger dann aber auch schon wieder Schluß mit der Bandkarriere, zumindest unter diesem Namen. Drei Mitglieder der schwedischen Arrow gründeten danach Renegade (auch da gab's freilich schon eine gleichnamige deutsche Band), während Bandkopf/Gitarrist Mats Edström erst nach der Jahrtausendwende mit einem neuen Bandprojekt namens Shiva wieder auf sich aufmerksam machte (und abermals einen Bandnamen erwischte, den eine deutsche Band zuvor schon verwendet hatte ...), wobei deren drittes, 2006 erschienenes Album "The Curse Of The Gift" eine Besetzungserweiterung um zwei weitere Ex-Arrow-Mitglieder sah. Von da bis zur Arrow-Reunion anno 2009 war es folglich nur noch ein kleiner Schritt, wobei als "Schuldiger" an der Reunion Christian Liljegren auszumachen ist, denn der hatte Arrow eingeladen, einen Gig zusammen mit Audiovision zu spielen - und Liljegrens Wunsch war sicherlich kein Zufall, denn Arrow können zwar nicht als christliche Band im engeren Sinne klassifiziert werden, aber ein wenig in diese Richtung tendierten sie doch, auch wenn insgesamt andere Themen überwogen zu haben scheinen.
"Diary Of A Soldier" heißt nun der siebzehnte Release in der "Heavy Metal Classics"-Serie des Karthago-Labels, und das war auch der Titel der 1987 veröffentlichten 4-Song-EP, deren Material den Silberling eröffnet. Arrow präsentieren darauf gutklassigen Melodic Metal mit etlichen interessanten Einfällen, auch der eher ungewöhnlichen Sorte, wozu gleich der ruhige Solopart im treibenden Opener und Titeltrack gehört, der diesem Song einen merkwürdigen, aber reizvollen Kontrapunkt verleiht. Grundsätzlich umreißen Arrow mit den vier EP-Songs ihr komplettes Spektrum: "Straight To Your Heart" ist ein Midtempostampfer, "Tonight's The Night" ein schneller, wild galoppierender Metal-Reißer und "Until The End Of Time" schließlich eine Halbballade traditioneller Prägung. Einen hauptamtlichen Keyboarder hatten Arrow nicht - Gitarrist Mats Ottosson erledigte diesen Job nebenher noch mit, und so liegt das Augenmerk klar auf den Gitarren, während die Keyboards nur gelegentliche Farbtupfer einstreuen, etwa den Orgelpart im Intro von "Tonight's The Night", der vermutlich nicht zufällig an eine Antwort auf Ozzys "Mr. Crowley" erinnert. Daß die beiden Gitarristen ihr Handwerk mehr als nur solide verstehen, haben sie aber bereits zuvor bewiesen - man höre mal den Titeltrack der "The Only Way"-Single, der auf der CD samt der zugehörigen B-Seite "A Better Run" dischronologisch eingeordnet ist, nämlich nach den EP-Songs (er ist, wie die Mathematiker unter den Lesern anhand der bisherigen Angaben ermittelt haben werden, drei Jahre früher erschienen). Hier solieren Edström und Ottosson förmlich um die Wette, und tief-bedrohliche Vokaleinwürfe, wie sie gleich mehrfach zu hören sind, waren 1984 außerhalb der allerhärtesten Kreise auch noch nicht en vogue. Allerdings hatten Arrow gleich mehrere gute Sänger in der Besetzung (nicht zufällig wurde Drummer Magnus Tallaker dann bei Renegade nicht etwa wieder Drummer, sondern besetzte den Posten am Frontmikrofon) und konnten somit auch mehrstimmig-klare Gesangssätze arrangieren, was den guten, aber den allerletzten Kick vermissen lassenden Leadgesang von Mattias Höijer (der bis 1986 auch noch Baß spielte, ehe Hakan Jardmo diesen Posten übernahm) flankierend aufwertet - Höijer singt nicht schlecht, aber man hat immer das Gefühl, hier müsse eigentlich noch mehr gehen.
Mit diesen sechs Songs ist das offiziell auf Vinyl erschienene Schaffen von Arrow komplett vertreten. Die Liner Notes von Labelchef Stefan Riermaier und auch die Encyclopedia Metallum erwähnen für 1985 noch ein Zwei-Track-Demo mit den Songs "Silence Of Mystery" und "Hotline", aber dieses hat nicht den Weg auf die CD gefunden. Statt dessen folgen dort fünf weitere Songs, von denen lediglich der letzte zuordenbar ist. Für die ersten vier böte sich als Quelle ein in der Bandbiographie genanntes 1988er Demo an, über das außer dem Fakt, daß es im Crash-Magazin Demo des Monats geworden sein soll, allerdings nichts Näheres bekannt ist. Vom Stil her würde es allerdings durchaus in eine imaginäre Übergangsphase zwischen den härteren Arrow und den AOR-lastigeren Renegade passen: Der wildere Metal-Aspekt von "Tonight's The Night" fehlt, die Chöre nehmen etwas mehr Raum ein, das Tempo bleibt zumeist im mittleren Bereich, und in "Gimme Some Love" schleicht sich sogar ein AC/DC-kompatibles Riff ein, obwohl das nun wirklich Zufall sein dürfte, denn der Rest des Songs hat mit der Young-Schmiede nun gar nichts zu tun - interessanterweise macht sich aber auch im Hauptsolo von "Desperate Time" ein bißchen Rock'n'Roll breit. "Whole Lotta Love" ist übrigens auch eine Eigenkomposition und kein Led-Zeppelin-Cover. Schlecht sind auch diese vier Nummern allesamt nicht, wenngleich für sie wie für das komplette Schaffen Arrows gilt: Die Band war gut, aber eben nicht mehr, und im Direktvergleich konnten etwa Shiva mit dem erwähnten Drittwerk deutlich höher punkten. Daß mit der jüngsten Inkarnation von Arrow, nun in Gestalt von Niklas Olsson mit einem hauptamtlichen Keyboarder, noch Großtaten entstehen werden, dürfte bezweifelt werden: Song 11, "Never Too Late", ist ein neues, aus Anlaß des Reunion-Gigs geschriebenes Werk, und auch hier haben wir guten, aber nicht weltbewegenden Skandi-Hardrock vor uns, der zudem an den arg klinischen Drums leidet, während die Produktion der zehn (vermutlich) alten Stücke für die damalige Zeit gar nicht mal schlecht ausgefallen ist, auch wenn natürlich immer noch Reserven bleiben. Als Schweden-Sammler macht man mit dem Erwerb des optisch völlig unauffälligen und mit 43 Minuten auch nicht überfüllten, somit etwa durchaus noch Platz für die 1985er Demotracks aufweisenden "Diary Of A Soldier"-Werks nichts falsch (wenn man denn noch eins der 500 Exemplare erwischt), aber der Normalhörer kann auch beruhigt erstmal auf die Suche nach dem genannten Shiva-Highlight gehen.
Kontakt: www.karthagorecords.de

Tracklist:
Diary Of A Soldier
Straight To Your Heart
Tonight's The Night
Until The End Of Time
The Only Way
A Better Run
Whole Lotta Love
Gimme Some Love
On The Run
Desperate Time
Never Too Late



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