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von rls

ARIJA: Dalnoboistschiki-2   (Arija Records)

Sowas gibt's auch nur in Rußland: Eine Metalband wird gefragt, ob sie für ein Computerspiel einige Songs beisteuern könnte, und prompt wird eine komplette CD als Quasi-Soundtrack draus. Selbiges Spiel nennt sich "Dalnoboistschiki 2", die Existenz eines ersten Teiles nahelegend und übersetzt soviel wie "Fernfahrer" bedeutend. Am Steuer des Lastwagens auf dem Cover sitzt dann selbstredend kein normaler Trucker, sondern das bereits von der vorhergehenden regulären Arija-CD "Chimera" bekannte titelgebende Wesen, das die Minnesänger auf einer mittelalterlichen Burg unfreiwillig aufgeweckt hatten; inwieweit es auch im Computerspiel eine Rolle übernimmt, ist mir nicht bekannt, da ich das Spiel selbst nicht besitze. Nun stellt sich halt nur das Problem, daß man beim Spielen ziemlich abgelenkt wird, wenn man da auch noch auf einen Liedtext hören soll, egal wie gut der nun zum jeweiligen Szenario paßt. Folglich enthält "Dalnoboistschiki-2" (also die CD) 12 Songs ohne Gesang, und da es in der Arija-Geschichte gar nicht so viele Instrumentalstücke gibt, ließ man einfach von 12 bekannten Songs die Vocals weg, spielte das Material aber offenbar noch einmal komplett neu ein, anstatt einfach die alten Versionen herzunehmen und nur den Gesang rauszuschneiden. Jedenfalls legen die Besetzungsangaben und die spärlichen weiteren Informationen im Booklet dieses Vorgehen nahe, außerdem bestechen die 12 Songs durch ein bis auf das irgendwie anders abgemischte, auffällig baßdominierte "Sledui Sa Mnoi" sehr einheitliches Klangbild, was bei der Zeitspanne der Originalaufnahmen (1984 bis 2001) sonst nicht so einfach zu realisieren gewesen wäre. Interessant ist auch die konkrete Herkunftsaufteilung der Stücke, denn bei einem Blick auf die Tracklist fällt auf, daß sie nur zwei Phasen der Bandgeschichte entstammen: den ersten beiden Alben "Mania Welitschaja" und "S Kjem Ty?" von 1984 bzw. 1986 sowie der 1995 einsetzenden Phase mit Sergej Terentjew an der zweiten Gitarre, welche die Alben "Notsch Korotsche Dnja" (1995), "Generator Sla" (1998) und das bereits erwähnte "Chimera" (2001) hervorbrachte. Dagegen bleibt Material der eigentlichen Klassikeralben wie "Geroi Asfalta" außen vor, was eigentlich ausschließlich irgendwelche rechtlichen Gründe haben kann, ansonsten wäre zumindest mit "Uliza Ros" oder "Igra S Ognjom" auf jeden Fall zu rechnen gewesen. Sei's drum, auch die 12 vertretenen Songs machen selbst in den abgespeckten Versionen Spaß (an manchen Stellen hat man die Leadgitarre die fehlenden Melodielinien zumindest ansatzweise nachzeichnen lassen), sei es nun das druckvolle "Chimera", das im Vergleich zur Tschornij Kofje-Version dieses Songs hier geradezu speedige "Eto Rock", das über weite Strecken mit einer Akustikgitarre über feisten Riffs arbeitende "Torero" oder die bezaubernde Halbballade "Bjes Tebja". Neben der damals aktuellen Arija-Besetzung (natürlich minus Sänger Waleri Kipelow) fand sich auch der Arija-Ur-Bassist Alik Granowski (der an "Eto Rok" und "Torero" auch mitgeschrieben hatte) im Studio ein und übernahm gleich mal in sieben der zwölf Songs die Baßarbeit, darunter auch in solchen, die lange nach seinem 1987er Ausstieg entstanden (z.B. "Chimera" oder "Njebo", welchletzteres als "Njebo Tebja Naidjet" auf der "Chimera"-CD steht, womit deren beide Beiträge "Dalnoboistschiki-2" quasi einrahmen); der an "Wstan, Strach Preodoljei", "Bjes Tebja" und "Wolja I Rasum" (alle vom "S Kjem Ty?"-Album) songwriterisch beteiligt gewesene Gitarrist Andrei Bolschakow blieb aber offensichtlich außen vor. Wer mit Arija-Songs Karaoke betreiben will, findet mit dieser CD die ultimative Vorlage, aber erstaunlicherweise werden die gesangslosen Versionen auch beim normalen Hören nicht langweilig. Das soll nicht heißen, daß Kipelows Gesang überflüssig wäre - aber in den Songs passiert genug, um die Aufmerksamkeit des Hörers nicht erlahmen zu lassen; als Exempel sei nur mal das coole Talkbox-Solo im getragenen "Metschty" erwähnt. Somit ist diese CD zwar nicht unbedingt als Einstieg für den an Arija im Speziellen oder an traditionellem, etwas von Iron Maiden beeinflußtem Metal im Allgemeinen interessierten Hörer geeignet (dafür empfehle ich nach wie vor das exzellente 2003er Studiowerk "Krestschenije Ognjom"), aber ein unverzichtbarer und im Gegensatz zu diversen Best-Ofs alles andere als überflüssiger Bestandteil jeder vernünftigen Arija-Sammlung.
Kontakt: www.aria.ru

Tracklist:
Chimera
Wstan, Strach Preodoljei
Wolontjer
Grjas
Bjes Tebja
Eto Rok
Djabolski Snoi
Torero
Metschty
Wolja I Rasum
Sledui Sa Mnoi
Njebo



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