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AREA: The Falcon
von rls

AREA: The Falcon   (Blower Records)

Schon mit ihrem Debütalbum "Twilight" gehörten Area zu den Zuspätgekommenen der deutschen Metalszene, und mit "The Falcon" wiederholte sich das Geschehen noch einmal. Zwischen den beiden Alben lagen etliche Jahre und zwei Besetzungswechsel, und letztlich erschien der Zweitling 1992, als die Luft für den traditionellen Metal schon reichlich dünn geworden war, weil die komplette Mainstreamlandschaft plötzlich in den Nordwesten der USA schielte und dort nicht etwa Metal Church, sondern den Grunge entdeckte. Auch ein latenter Stilwechsel Areas, ein kleines Stück weg vom klassischen Teutonenmetal und hin zu transparenteren Melodic Metal-Klängen, wie ihn das Material von "The Falcon" demonstriert, half da nicht, denn erstens galt sowas seinerzeit bei den Härtnern noch als Kommerzialisierung und damit als ablehnungswürdig, und zweitens traf der Bannstrahl des Grunge auch die "Kommerzmetal-Ecke", in die man Area mit bösem Willen stecken konnte. Nur einige Bands mit strukturell besserer Anbindung überstanden diese Zeiten - zu denen gehörten Area nicht, die zwar noch ein 11-Track-Demo für einen eventuellen dritten Longplayer einspielten, aber letztlich doch beschlossen, die Band zu beerdigen, was sie dann 1994 mit einem Abschiedskonzert in ihrer Heimat, dem Siegerland, auch taten.
Was hat nun "The Falcon" zu bieten? Zunächst fällt zumindest auf dem vorliegenden Re-Release von Blower Records ein transparenterer Sound als auf "Twilight" auf, wenngleich die Drums teilweise immer noch etwas schepprig klingen und vor allem das Wellenrauschen im Intro von "No Return" unerquicklich künstlich anmutet - aber die Produktion ist ja auch schon 20 Jahre alt. Und dann wäre da noch dieser bereits erwähnte leichte Stilwechsel, der im Resultat einen Sound ergab, welcher mit Axxis verglichen werden kann. Von einigen Effekten wie dem Orchesterintro von "Without Warning" abgesehen, verzichteten Area allerdings auf Keyboards, so daß, wer bei Axxis eigentlich nur die Keyboards nicht mochte, mit "The Falcon" eine perfekte Ersatzdroge bekommt. Und man könnte fast schwören, daß Bernhard Weiss die Backing Vocals zu "Killing Fields" eingesungen haben muß, aber eine genauere Analyse beispielsweise von "No Return" ergibt, daß das tatsächlich nur eine der vielen Stimmlagen von Area-Fronter Andreas Schmidt ist, in die er bedarfsweise auch ansatzlos hochgleitet. Dafür finden sich aber in der Legion der Backingsänger andere bekannte Namen wie S.L. Coe (u.a. Scanner) oder Eberhard Weyel (Accuser), auch Ex-Gitarrist Bertram Kölsch fand sich hierfür nochmal im Studio ein. "The Falcon" ist interessanterweise so strukturiert, daß man die alten Fans mit dem Speedopener "Renegade" noch bei der Stange halten wollte und die melodischeren und/oder experimentelleren Songs dann erst später plazierte; das Energieniveau des Openers wird somit während der restlichen Spielzeit nicht wieder erreicht. Trotzdem lauern natürlich auch dort noch mancherlei entdeckenswerte Details, und Area beweisen beispielsweise in "Destiny", daß sie neben einem vielseitigen Sänger auch zwei äußerst fähige und phantasievolle Gitarristen in der Besetzung hatten. "Come Under Fire" wiederum versucht, metallische Härte in den Strophen mit einem im besten Sinne kommerziellen Refrain zu verknüpfen, und läßt nur den Wunsch offen, daß der Übergang in den Akustikpart am Ende des Hauptsolos einen Tick weniger abrupt arrangiert worden wäre. Ideenmangel bestand bei Area also keineswegs, und in anderen Zeiten mit anderen Geschäftspartnern hätten sie sicherlich reüssieren können - aber es sollte eben nicht sein. Bleibt allerdings wieder mal eine Sammlung editorischer Unklarheiten: Der Re-Release weist die Tracks 10 bis 12 der CD als Bonustracks aus, und diese Vermutung wird auch durch das Booklet gestützt, wo nur die Texte zu den ersten acht Tracks abgedruckt sind ("Reprise" an Position 9 ist nur ein kurzes collagenartiges Stück). Die Liner Notes sprechen aber von elf aufgenommenen Tracks, von denen dann einer noch gestrichen worden sei - dementsprechend würde also "No Way Out" noch mit zum ursprünglichen Album gehören, was die Tracklist auf der Bookletrückseite bestätigt, die mit Track 10 abbricht, und auch mit dem Eintrag in der Encyclopedia Metallum übereinstimmt; zudem stimmen Stil und Sound mit dem Album gut überein. Möglich wäre allenfalls, daß "No Way Out" den CD-Bonustrack darstellte - sowas machte man 1992 ja bisweilen noch, auf die CD-Version einen Track mehr zu packen als auf die LP-Variante, um dem Käufer zum Erwerb der teureren CD zu animieren und langfristig die betriebswirtschaftlich unrentablere LP zum Aussterben zu bringen. Ungeklärt bleibt allerdings auch die Herkunft der beiden eindeutigen Bonustracks: "Engelchen Teufelchen" kann kaum der gestrichene elfte Track sein, denn dazu unterscheidet sich das Klanggewand doch zu stark, und ein Experiment mit deutschen Lyrics sollte man Area zum damaligen Zeitpunkt wohl kaum anzudichten wagen. Aber auch sonst ist zur Herkunft nichts bekannt, und man kann lediglich Andreas' Stimme identifizieren, wobei die auch schon deutlich anders klingt als auf dem Album. Und der zischelnde Drumcomputer geht irgendwie gar nicht. Interessanterweise gibt's hier aber auch wieder eine Duettpartnerin - das hatte man ja schon auf "Twilight" konstatiert, dort aber auf dem regulären Album, aber auch nicht mit klarerer Informationslage. Die ist auch mit "Rockin' In Heaven", dem letzten Song auf dem Re-Release von "The Falcon", nicht besser. Der könnte sowohl vom Musikstil als auch vom Sound her durchaus der "verlorene" elfte Song der Originalaufnahmen sein, und nur Andreas' irgendwie anders, "reifer" klingende Stimme nährt eher die Vermutung, daß es vielleicht eher ein Track der unveröffentlichten letzten Demoaufnahme sein könnte. Die ist den Liner Notes zufolge aber live im Proberaum eingezimmert worden - dafür ist die Soundqualität nun wieder fast zu gut. Rätsel über Rätsel ... Vielleicht erscheint eines Tages ja mal noch ein drittes Album mit den ganzen unveröffentlichten Area-Aufnahmen, zu denen auch noch ein Vier-Track-Demo von 1987 zählt, das die Encyclopedia Metallum angibt. Um die strukturellen Voraussetzungen für einen solchen Release zu schaffen, müßte der Interessentenkreis aber erstmal "The Falcon" beispielsweise via www.karthagorecords.de erwerben.
Kontakt: www.blower-records.com

Tracklist:
Renegade
The Falcon
Without Warning
Killing Fields
No Return
Destiny
Come Under Fire
Born In This City
Reprise
No Way Out
Engelchen Teufelchen
Rockin' In Heaven
 




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