ADASTRA: Death Or Domination von rls (Violent Journey Records)
"The Last Sunset", das Debütalbum von Adastra, hat offensichtlich die Erwartungen allseitig erfüllt, denn die Finnen legten relativ schnell das Nachfolgealbum "Death Or Domination" vor, das lange Zeit auch das aktuelle Tonzeugnis bleiben sollte (die justament erschienene und interessanterweise nach wie vor in unveränderter Besetzung eingespielte aktuelle Scheibe "Corroder Of Minds" hat der Rezensent bisher noch nicht gehört). Interessanterweise finden sich auf "Death Or Domination" ein paar kleine Ausjustierungen des Stils. Natürlich verbleiben Adastra auch mit diesen Songs im Bereich des melodischen Heavy Metals, aber sie rücken besonders in der Gestaltung der Gitarrenmelodien bisweilen noch ein Stück näher an Iron Maiden heran, was man bereits im zweiten Song "One Chance" eindrucksvoll feststellen kann. Das sanft-verspielte Intro des folgenden Titeltracks hingegen hat einen ähnlichen Touch wie Dokkens "Alone Again", aber hier wird dann keine Halbballade draus, sondern zunächst schleppend-massiver, aber stets melodischer Metal, der dann überraschend noch ein recht flottes Finale angehängt bekommt, das sich aber trotzdem wie logisch in den Gesamtsong einfügt. Interessanterweise ist dies einer von nur zwei Songs der Scheibe, die Chefdenker/Gitarrist Olli Anttila nicht im Alleingang geschrieben hat, sondern Hilfe von seinem Gitarrenkollegen Jari Hartman und von Sänger Ville Siikamäki bekam. Sollte einer der beiden für das Intro und/oder den Schlußteil verantwortlich gewesen sein? Auszuschließen wäre es nicht, obwohl Anttila auch in Eigenregie solche Wandlungen hinbekommt. Man nehme nur "Who Threw The First Stone" her: Speedtempi waren Adastra schon auf dem Vorgängeralbum weitgehend abgeneigt gewesen, und das sind sie auch im neuen Material noch, nur hier und da flechten sie schnellere Passagen ein, so etwa in diesem Song, der von der Einleitung her zwar einen Speedbrecher antäuscht (und zudem beweist, daß die Finnen auch einen solchen schreiben könnten, wenn sie nur wollten), aber dann doch wieder ins geliebte Midtempo umschlägt, das Anttila freilich so gut variieren kann, daß man über Begriffe wie Langeweile gar nicht erst nachdenken muß. Und wenn schon der Titelsong keine Halbballade wird, dann steht zwei Positionen weiter doch noch eine solche bereit: "Man Mk. II" baut zwei, drei härtere Passagen ein und besticht ansonsten durch traumhafte Gitarrenmelodik und einen sehnsuchtsvollen Unterton Siikamäkis, wenn er über die philosophischen Widrigkeiten der modernen menschlichen Existenz referiert. Als Kontrast folgt dann mit "Lost" der wohl schnellste Song, den Adastra bis dahin geschrieben haben, aber auch dieser halbiert im Refrain sein Tempo und kombiniert weitere Midtempopassagen mit dem schnellen Rahmen der Strophen, während kurioserweise im Solo und auch in den folgenden Teilen Drummer Jussi Ruokalainen sogar sehr flotte Stakkati unterbringen darf. Die besonderen Stärken Adastras lagen aber schon immer in den detailreich ausgearbeiteten großen Epen, und das ist auch auf "Death Or Domination" nicht anders: Über den mehr als sechsminütigen Titeltrack haben wir bereits gesprochen, und die CD enthält noch zwei weitere Exempel gar noch höherer Qualität, die damit die eindeutigen Glanzlichter des Albums markieren. Da wäre zunächst das die Zehnminutenmarke noch knapp verfehlende "Helsinki 1939", textlich die Geschehnisse des 30.11.1939 beschreibend, als die finnische Hauptstadt im Winterkrieg von Flugzeugen der Roten Armee bombardiert wurde, und musikalisch ein atmosphärisch dezent von Keyboards untermalter Übersong, der sicherlich nicht zufällig Iron-Maiden-Parallelen aufweist und aufgrund diverser Ähnlichkeiten von Siikamäkis Gesang zu dem von Blaze Bayley durchaus auch auf eines von dessen beiden Maiden-Alben gepaßt hätte, zumal auch das lyrische Thema ohne Zweifel maidenkompatibel ist (man erinnere sich an "Afraid To Shoot Strangers"). Und was sind das da wieder für Melodien in der Gitarrenarbeit! Der Satz darf freilich doppelsinnig verstanden werden - einerseits als Ausdruck der Bewunderung des Könnens der beiden Adastra-Sechssaitenartisten, andererseits aber auch als weiterer Fingerzeig in Richtung der Eisernen Jungfrauen, denn den Speedteil des Solos wird wohl jeder einigermaßen kundige Metalfan sofort der Harris-Gang zuschreiben. Das spricht allerdings zweifellos für die Finnen, die natürlich keineswegs Maiden-Kopisten sind, aber sich gekonnt diverser Stilmittel bedienen, die für Maiden typisch geworden sind. Und "The Longing", das andere große Epos der Scheibe, schließt "Death Or Domination" auf erneut sehr hohem Niveau ab, wenngleich die atmosphärische Geschlossenheit und Eindringlichkeit von "Helsinki 1939" hier nicht ganz reproduziert werden kann. Aber das geht hier als Jammern auf hohem Niveau durch, und generell sollte der Freund melodischen Metals mit besonderer Vorliebe für ausgefeilte Gitarrenarbeit auch "Death Or Domination" unbedingt seiner Kollektion zuzuschanzen versuchen (vielleicht hat www.karthagorecords.de noch ein Exemplar auf Lager). Ach ja: Am merkwürdigen Cover darf man sich wieder mal nicht stören ...
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