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Praying Mantis, Roxxcalibur   08.04.2015   Mannheim, 7er
von gl

Wir erleben eine ganz kleine Renaissance der "alten" Bands, deren Konzerte in diesem bescheidenen Rahmen anständig besucht werden. Im Vormonat konnten wir OMEN erleben und zur Freude aller waren an einem Montagabend fast 100 Leute anwesend. Und heute sind's fast ebenso "viele", was man angesichts der Tatsache, dass dieser m.E. allererste reguläre Headlinergig der Band Praying Mantis auf deutschem Boden recht kurzfristig terminiert wurde, anerkennend vermerkt werden muss. Bei o.e. Konzert im März waren Masters Of Disguise der Anheizer, heute sind's Roxxcalibur - und die Protagonisten, von denen drei identisch sind, stellen halt einfach von US Metal auf NWoBHM um! Schließlich teilt man sich mit den Engländern in Chris Tsangarides nicht nur den Produzenten sondern in Rodney Matthews auch den Designer des Cover-Artworks, ist sich freundschaftlich verbunden und diese Konstellation heute einmalig.
Humor Roxxcalibur'scher Art: Die Setlist!
Die Jungs um Neudi, Kalli und Alexx können nach 2 LPs aus dem vollen Cover-Fundus schöpfen und, was nicht ganz unwichtig ist, haben heute auch ein "Fachpublikum" vor sich, welches tatsächlich das obskure Liedgut sogar kennt und auch zu schätzen weiß! Es ist einfach eine große Freude, unterschätzte Perlen wie "Lady Of Mars" (im Original von einer Band namens Dark Star) oder "Seven Days Of Splendour" (von Jameson Raid, deren Karriere sie mit dem Cover wieder getriggert haben!) derart kompetent erleben zu können. Highlight für den Rezensenten: "Atomic Rock" (von More), für den Großteil der Anwesenden jedoch "Don't Break The Circle" (Demon) und "See You In Hell" (Grim Reaper), da eben bekannter.

Jaycee  Jaycee und Chris

Tino ganz versunken in die Musik  Die Troy-Brüder

Tino Troy
Damit sich die Anreise zum zweiten Frontiers Rock Festival in Trezzo (bei Mailand) lohnt, haben Praying Mantis kurzerhand noch zwei Shows in Deutschland davor gesetzt. Nach ihren raren Festivalauftritten (BYH, Wacken, Rock Of Ages, KIT, HOA) hat es nie zu einer Tour gereicht und trotz der dauernden Besetzungswechsel und viel zu langen Pausen zwischen den Platten (meist über 5 Jahre) hat die Band einen kleinen Freundeskreis. Den werden sie heute nicht enttäuschen, soviel kann gleich vorab gesagt werden. Die zwei Holländer, Sänger Jaycee Cuijpers (Gesang) und Hans in't Zandt (Schlagzeug), haben sich gut integriert, wenn man das so sagen darf. Letzterer ist bekannt durch mehrere Bands (Vengeance, Mad Max, Wicked Temptation, Bangalore Choir, TwentyDarkSeven ...)
Gleich der Einstieg mit dem Doppel "Children Of The Earth" und "Panic In The Streets" vom Erstling "Time Tells No Lies" ist der Beweis, dass diese Besetzung funktioniert. Jaycee mit seinem leicht hippiesken Flair hat die passende mittelraue Stimme, kann sowohl die sanften als auch die rockigen Passagen sehr gut interpretieren. Und auch wenn er öfters in der Old-School-Variante des Teleprompters, also im Textbuch, blättern muß, der Mann wirkt einfach sympathisch. Gitarrist Tino Troy hingegen gibt den Abgeklärten, überzeugt aber vollkommen an der Gitarre mit immer wieder den traumhaften Passagen, wie wir sie aus so vielen Stücken der Band kennen und lieben. Sein Bruder Chris am Bass lächelt etwas mehr, während er sich auf der Bühne hin und her bewegt. Andy Burgess ergänzt Tino stets songdienlich an der zweiten Gitarre. Ein Highlight hier der recht unbekannte Song "Can't See The Angels" von dem nur in Japan erschienen Album "Predator In Disguise" - einfach genial, dass wir hier in Mannheim jemals solch Liedgut präsentiert bekommen.
Und der Blick in die Zukunft gelingt ebenfalls: Es werden bereits zwei Songs vom kommenden Album "Legacy" (kommt nach Verschiebung nun im August) gespielt, wobei "Fight For Your Honour" auch nach einmaligem Hören ein Hit ist - der mehrstimmige Gesang von allen fünf ist einfach grandios, alle singen ebenfalls bei dem auch neuen "Believable".
Als großer Fan der Tony-O'Hora-Phase muss ich aber auch leider schreiben, dass die beiden fantastischen Alben "Forever In Time" und "Nowhere To Hide" komplett (!) ignoriert werden, was ehrlich gesagt für mich ein kleiner Downer war.
Das ruhige balladeske "Dream On" (vom Japan-only-Album "A Cry For The New World") (stimmt nicht ganz: Es gibt auch 'ne europäische Pressung vom Under-One-Flag-Label - Anm. rls, der ebenjene anno 2006 für 50 Cent beim Abverkauf von ausgesonderten Tonträgern der Stadtbibliothek Borna ergattert hat) mit dem Keyboard-Intro vom Band wurde von Tino mit den Worten "He's playing outside!" eingeleitet. Des weiteren wurden gespielt von "To The Power Of Ten" der Song "Don't Be Afraid Of The Dark" und mit "Captured City" (Tino: "The one that started it all!") der Klassiker vom "Metal for Muthas"-Sampler (noch vor dem Debüt) und auch aus der Raritätenkiste das mitreißende "Turn The Tables".
Hans in't Zandt, der am Schlagzeug bekanntlich alles kann und somit nicht explizit gelobt werden muss, hat seine neuen Bandkumpels wohl überredet, einen Thin-Lizzy-Song als Cover mit reinzunehmen. (Der Holländer spielt seit Jahren in einer Tribute-Band der Iren namens Parris, bei denen zufälligerweise John "Jaycee" Cuijpers der Sänger ist.) So kommen wir noch völlig unerwartet in den Genuss von "Don't Believe A Word" in der holländisch-englischen Variante, und auch das ist stimmig.
Fazit: Ich war skeptisch und auch ein wenig verärgert, als Mike Freeland ging (oder gehen musste), da er sehr gut passte zur Band. Aber die neuen Praying Mantis haben live überzeugt. Wenn sie seltenerweise mal wollen, dann können sie auch!

Nur bitte beim nächsten Mal umfangreicheres Merch und nicht nur das eine schwarze Shirt mit dem Logo, welches schon 2011 im Angebot war. Zum Glück gab's noch ein Handtuch mit eingesticktem Praying-Mantis-Logo, was sich gut im Bad neben dem Loudness-Waschlappen macht.

Fotos: Marco Magin






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