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Loudness, Mystic Prophecy   24.07.2010   Aschaffenburg, Colos-Saal
von gl

Meinem alten Kumpel Jürgen Tschamler (erinnert sich einer der Leser an das tolle Thunberbolt-Fanzine?!?) haben wir es zu verdanken, daß Loudness noch einmal auf Tournee zu uns kommen. Die letzte bestritten sie im Vorprogramm der "Rock The Nations"-Tour von Saxon, Veteranen wissen noch, von wann die zugehörige LP datierte ... (Für die Nicht-Veteranen: August 1986 - Anm. rls, damals 10 Jahre alt.) Denn für nur eine Show auf dem BYH wollten sie nicht rüberkommen, so wurde eine kleine Tour danach organisiert.

Lia / Mystic Prophecy

Gitarrist ohne Gesicht (Mystic Prophecy)  Gitarrist mit etwas mehr Gesicht (Mystic Prophecy) und andersfarbig
Als Vorgruppe heute Mystic Prophecy, bei denen der Sänger zuletzt unangenehm auffiel durch einen ach-so-lustig gemeinten, indes eher taktlosen Spruch zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs, bei dem drei Menschen gestorben sind. Der Auftritt der Band spielt in seinem Verlauf fast die Halle leer, denn der taube Soundmensch dreht so dermaßen bekloppt auf, daß es an Körperverletzung grenzt und sich die Gasse vor der Halle immer mehr füllt von kopfschüttelnden Menschen. Von rechts nach links wohlgemerkt, nicht von oben nach unten! Ja, Metal soll laut sein, aber doch nicht so extrem, daß man ernsthafte Gesundheitsschäden einkalkulieren muss! Man wähnte sich übrigens noch auf dem Bang Your Head, denn die Band spielt plötzlich ungefragt auch eine Woche danach eine Dio-Coverversion (worum auf dem Festival alle Bands gebeten worden waren ...), was im Verbund mit dem zweiten Black Sabbath-Cover "Paranoid" etwas seltsam kam.

Akira Takasaki  Minoru Niihara

Masayoshi Yamashita  Masayuki Suzuki
Eine Woche zuvor allenthalben gelobt für ihren klaren Sound als auch das gebotene Material, scheint heute der Bandname der Japaner auch Programm zu sein. Zwar nicht so übertrieben heftig wie noch zuvor, aber dennoch zu laut erlebt die ca. 350 Personen starke Zuhörerschaft das schon auf dem T-Shirt angekündigte Classic Loudness-Musikvergnügen. Schon erstaunlich: Da vergrätzte man jahrelang die alten Fans mit modern angehauchtem Gegurke (schon mal "Engine" oder die gar grausliche "Ghetto Machine" gehört?), verhunzte dann auf dem einzig bei uns in den letzten 15+ Jahren regulär erhältlichen Album "Rockshocks" (im Doppelpack mit "Racing" veröffentlicht, das neues Songmaterial enthielt) die alten Klassiker, um genau diese dann aber 2010 genau so, wie wir sie hören wollen, also eben nicht mit tiefer gestimmter Gitarre und eher Gekrächze als Gesang, darzubieten! Ja, es ist eine große Freude, die Band in der Fast-Original-Version wieder zu sehen, wenn auch die traurige Tatsache, daß der 2008 verstorbene Munetaka Higuchi dies nicht mehr miterlebt, etwas trübt. Als Ersatz hat die Band einen Hünen, den fast 2 Meter großen Masayuki Suzuki im Line-Up und der wird gleich von drei japanischen Helferlein beim Einstellen seines Drum-Kits vor dem Auftritt unterstützt. Sänger Minoru Niihara kommt mit Hut und Sonnenbrille auf die Bühne, während Akira Takasaki in einem Freizeit-Surfer-Look, diesmal ohne Dreadlocks erscheint und auch Bassist Masayoshi Yamashita eher hip in kurzer Hose, als wäre er auf'm Weg zum Strand. Aber die Songs, Leute, diese tollen Lieder, "Crazy Nights", "Crazy Doctor", dann "Esper" und das schwer treibende "Heavy Chains" sind kleine Inseln der Glückseligkeit, dargeboten wie 1985. Weiter geht's in diesem Sinne mit "In The Mirror" und Akira ist einfach in der absoluten Top-Liga der Gitarristen mit dabei. Ich stehe zwei Meter vor diesem Menschen, schaue wie hypnotisiert auf seine Hände und verliere fast den Verstand angesichts dessen, was er zu spielen in der Lage ist: The hand is quicker than the eye... fällt einem dazu ein. Dabei jedoch stets melodisch und nie nur tumb geshreddert. Unfassbar, ich bekenne mich gerne wieder als Fanboy, der stolz wie Oskar ein Plektrum gefangen hat. "Shadows Of War" ist ein weiteres Highlight des heutigen Abends, der ausschließlich mit Songmaterial der Alben von 1981 bis 1987 bestritten wird. Und genau die Tatsache, daß sie das langsame "So Lonely", eigentlich hieß der Song ja ursprünglich "Ares Lament", einfügen, gibt der Performance das I-Tüpfelchen und eine eigene Note im ansonsten heavy gehaltenen Set. Doch ein Typ neben mir hat noch nicht genug, wie in Ekstase schreit er mehrfach "Like Hell" hoch - und als hätten sie's gewusst: Genau diesen Gefallen von "Thunder In The East" macht die spielerisch exzellent harmonierende Band ihm und uns, bevor sie mit "S.D.I." den Abend abschließt und glückliche Leute, die noch ihren Krempel signiert bekommen, nach Hause schickt. Auch wenn Minoru in all den Jahren kaum mehr der englischen Sprache mächtig ist als damals - mein Interview ist kaum verwertbar, da er, obwohl extrem höflich und dankbar, nach Worten ringt, um sich auszudrücken - und den Namen der Vorband radebrechend gerade noch zusammenbekommt, das ist doch alles piepegal. Außer der Lautstärke (und kommt mir jetzt nicht mit "If it's too loud ...") war die stimmige Performance der alten Songs aus den 80ern ein Hochgenuss und nur das zählt.
Zivile Preise?  Zivile Preise!  Wer braucht einen WASCHLAPPEN!?
PS: T-Shirt: 15 Euro, Pullover 35 Euro, Japan Tour 2010-Waschlappen (jawohl!!): 5 Euro. Na also, geht doch!

Fotos: Georg Loegler






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