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Alpha Tiger, Evil Invaders, Stallion, Prowler   24.01.2015   Leipzig, Hellraiser
von rls

Mit dem dritten Album sind Alpha Tiger bei der dritten Plattenfirma gelandet, und es bleibt zu hoffen, daß die Partnerschaft mit Steamhammer sich für die sächsischen Metal-Hoffnungsträger als langfristig produktiv erweisen wird. "iDentity" heißt besagtes Album und wird mit zwei Release-Gigs in Berlin und Leipzig, von denen der Rezensent bei zweitgenanntem anwesend ist, der Fanmeute vorgestellt. Als Support agieren je drei Bands aus dem Freundeskreis, wobei Prowler den Leipziger Abend eröffnen (in Berlin hatten Universal Mind an ihrer Stelle gespielt, die beiden anderen Supportacts sind bei beiden Gigs dabei). Zwar können und wollen sie ihre NWoBHM-Wurzeln nicht verleugnen, klingen aber weniger stark nach den frühen Iron Maiden, als man anhand ihres Bandnamens hätte mutmaßen können, sondern orientieren sich stärker an der zweiten NWoBHM-Generation, also der etwas speedlastigeren Herangehensweise von Bands wie Tokyo Blade, vergessen aber Breaks zum richtigen Zeitpunkt nicht und können auch mit midtempolastigerem Stoff wie "Hard Pounding Heart" (zugleich Titeltrack ihrer EP) überzeugen. Leider stellt der Soundmensch die Gitarrenleads ziemlich ins klangliche Abseits, was den Genuß etwas schmälert. Der Sänger hält sich zumeist in mittleren Lagen auf und tut daran auch gut, denn nicht jeder hohe Schrei landet genau in der angepeilten Tonlage. Interessanterweise vermischt das Quintett optisch Zutaten für eine True-Metal-Kapelle mit bunten Tüchern (u.a beim Sänger) und einer Sonnenbrille (beim Drummer) und hinterläßt damit in dieser Komponente einen irgendwie unentschlossenen Eindruck, der musikalisch allerdings keinen Widerhall findet, wie beispielsweise das große Epos "Stallions Of Steel" unter Beweis stellt. Vor der Bühne geht es arg eng zu (der Gig findet nicht im großen Hellraiser-Saal, sondern im kleinen Nebenraum statt), eine Art optischer "Götz Kühnemund vor 25 Jahren" dirigiert die Menge, und diese gibt sich ohne eine Zugabe auch nicht zufrieden, welche Prowler mit dem abermals umjubelten Saxon-Cover "Princess Of The Night" auch gerne gewähren.
Nächste Band, gleiche Prozedur: Stallion spielen traditionellen Metal, wenngleich ohne NWoBHM-Einfluß, und räumen beim Publikum ebenso voll ab wie Prowler. Das Material pendelt zwischen Ruhepolen wie in "The Devil Never Sleeps" und fast thrashigen Attacken wie in "Stigmatized", und die vielschichtigen Arrangements überzeugen auch hier, ohne daß man der Formation etwa fehlende Linie attestieren müßte. Stallion nutzen den geringen Platz auf der Bühne für viel Action, allerdings hält der Soundmensch eine Lautstärkeerhöhung für nötig, was diverse Ungleichgewichte und Soundlöcher aber nicht behebt, obgleich sogar der Bassist seine Sache durchaus gut macht und im Setopener "Rise And Ride" auch gleich ein Solo spielen darf. Der Sänger allerdings entpuppt sich als Haupttrumpf der Band und beweist im Direktvergleich mit Prowler, was eine tontreffsichere, leicht kreischige Sirene für eine Metalband wert ist. Das Publikum liebt schnellen Stoff wie "Watch Out" genauso wie Midtempo der Marke "Give It To Me" und nimmt das Motto des letzteren Songs zum Anlaß, um auch hier eine Zugabe einzufordern, nämlich "Canadian Steele".
Evil Invaders bringen herkunftsseitig internationales Kolorit ins Geschehen und invadieren sieben Songs, darunter ein Instrumentalstück, ins Publikum. Leider lassen sie dabei die Grundregel für einen dramaturgisch überzeugenden Setaufbau außer acht: Mit Ausnahme des fünften Songs, der "nur" treibendes Midtempo beinhaltet, handelt es sich bei allen Tracks um Speedbolzen, die kaum Auflockerung erfahren und daher schnell zu Ermüdungserscheinungen bei den Hörern führen, so daß sich der anfangs noch dicht gefüllte Platz vor der Bühne etwas leert. Klar, die Belgier beherrschen ihre Instrumente, überzeugen mit enormer Spielfreude (was für Gitarrenduelle im Opener!) und einem immensen Energietransport, aber selbst auf die übersichtliche Dauer dieses Gigs hin wird das irgendwie langweilig. Der Sänger hat eine sehr hohe und kreischige Stimme, und so werden schnell Erinnerungen an Raven oder Exciter wach - von letzteren covert das Quartett folgerichtig "Violence And Force" an sechster Setposition und kann damit das Publikum zumindest noch halbwegs bei der Stange halten. Zugabeforderungen bleiben hier allerdings trotzdem aus.
"iDentity" heißt das neue Alpha-Tiger-Album und soll der Band eine eigene Identität verschaffen, die auf den beiden Vorgängeralben hier und da noch etwas gefehlt habe - so der Plan. Ob er aufgeht? Nun, etwas vielschichtiger ist das neue Material tatsächlich ausgefallen, aber das ist ja im Bandkontext nichts Neues, zumindest dann nicht, wenn man den unmittelbaren Bandvorgänger Satin Black in die Betrachtung mit einbezieht, wo Chefdenker Peter Langforth und seine Jungs durchaus schon mit Progelementen jonglierten, von denen sie sich bei Alpha Tiger dann erstmal weitgehend trennten. Als Vorgeschmack aufs Album war "Lady Liberty" in Gestalt eines Videos ja schon länger im Umlauf, und mit ebenjenem Song eröffnet das Quintett dann auch den Set des Abends, der sich naturgemäß überwiegend aus dem neuen Material speist ("We Won't Take It Anymore", der Titeltrack etc. pp.), aber natürlich auch die ersten beiden Alben nicht vergißt, etwa mit dem "klassischen" Setcloser "Black Star Pariah". Schon im Opener fällt allerdings auf, daß Sänger Stephan entweder gesundheitlich angeschlagen sein muß oder gesanglich enorm abgebaut hat. Letztgenanntes wäre extrem schade, hat ihn der Rezensent doch anno 2010 beim letzten Gig unter dem Namen Satin Black in Hochform erlebt und war sich sicher, hier einen der besten Metalsänger Sachsens vor sich zu haben. An diesem Abend jedenfalls landen etliche der hohen Passagen nicht auf, sondern punktgenau neben den angestrebten Tönen, und das verringert den Hörspaß doch ein klein wenig, zumal es nicht nur im Opener, sondern auch in diversen anderen Songs passiert. Dafür gibt's aber eine Großportion Spielfreude, einen für den schwierig zu beschallenden Raum nicht schlechten Sound (auch wenn gerade im Gitarrenbereich manches auf der Strecke bleibt) und den abermaligen Beweis, wie lebensbejahend Heavy Metal doch sein kann, auch wenn man durchaus kritische Themen behandelt. Kurioserweise bleibt die Fülldichte des Raumes vor der Bühne ungefähr bei der von Evil Invaders, erreicht also nicht die Werte der ersten beiden Supports, aber das tut der sehr positiven Stimmung und Feierlaune natürlich keinen Abbruch - erst recht nicht, als es auch hier in den Zugabenblock geht. Der ist songseitig mit dem der genannten 2010er Show identisch, also zunächst Helloweens "I Want Out" und dann Anthrax' "Metal Thrashing Mad", beide stimmlich unterstützt durch den Stallion-Sänger und eine fröhliche Metalparty feiernd, wie auch der ganze Abend generell als eine solche zu bezeichnen ist.



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