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Knorkator   08.09.2013   Jena, Stadtfest
von rls

Lange hat es Deutschlands meiste Band der Welt nicht im Ruhestand ausgehalten: Nur drei Jahre nach ihrem Abschied nahmen Knorkator anno 2011 ihre Aktivitäten wieder auf, auch wenn sie ihr Reunionalbum mit einem ihrer geliebten Wortspiele betitelten: "Es werde Nicht" (auf dem Backcover vor der Trackliste steht denn auch geschrieben: "... und es ward Nicht - außer:"). Mittlerweile laufen schon die Arbeiten an dessen nicht minder skurril betiteltem Nachfolgealbum "We Want Mohr", das weder Coverversionen von Gary Moore noch die Vertonung von "Mohr und die Raben von London" enthält, sondern Lieder zu Texten aus dem "Struwwelpeter" - ein Sujet, an das sich noch nicht mal Randale herangetraut haben. Während der Studioarbeit halten sich Knorkator aber auch noch mit ein paar Gigs bei Laune, und neben zweien in Rußland und einem Supportgig für Heino (!) steht am Abend des Tages des offenen Denkmals der hier reflektierte Gig auf dem Programm, der gegenüber den anderen erwähnten schon fast unter Normalprogramm einzustufen ist - aber auf eine gewisse Weise eben auch wieder nicht. Erstens findet er open air statt, und es fallen immer mal Schauer vom Himmel. Zweitens ist auch viel Normalpublikum anwesend, das eher nicht zu einem Knorkator-Hallengig unter Entrichtung von Eintrittsgeld gehen würde, sondern eben da ist, weil Stadtfest ist. Aber auf eine gewisse Weise sind Knorkator ja mittlerweile durchaus massenkompatibel, egal ob man sie nun als humoristische Antwort auf Rammstein oder als etwas völlig Originelles sieht. Die Zeiten, da Bild noch "Wer ließ diese Irren ins Fernsehen?" titeln konnte, sind allerdings vorbei - die Knorkator-Bühnenshow entbehrt zwar auch heute nicht mannigfacher skurriler Elemente, aber die ganz wilden Tage haben die Herren mittlerweile auch schon hinter sich, und so fällt der Part der Zerstörung einer Gitarre nicht ihnen zu, sondern dem wahrscheinlich jüngsten Bandmitglied Jen, die bisweilen an einer zweiten Gitarre aktiv ist und Buzz Dee gut ergänzt, obwohl sie alterstechnisch durchaus seine Tochter sein könnte. Apropos Kinder: Auf das legendäre "Kinderlied" verzichten Knorkator an diesem Abend (den zugehörigen Clip kann man sich auf Youtube anschauen), aber "Es werde Nicht" stellt natürlich trotzdem einige Beiträge in der Setlist, darunter "Refräng" oder "Du nich", die noch stärker als etliche frühere Songs ihre Wirkung aus dem Text ziehen und für die daher dessen Verständlichkeit eine wichtige Komponente darstellt. Genau dort liegt an diesem Abend aber der Hase im Pfeffer: Sowohl bei Stumpen als auch bei Alf Ator ist die Mikrofonabmischung gewissen Schwankungen unterworfen - in einigen Songs hört man den Gesang exzellent, in anderen geht er akustisch unter. Das ist schade, tut der allgemein guten Stimmung allerdings ebensowenig Abbruch wie der immer wieder einsetzende Regen, zumal die Band natürlich auch optisch wieder einiges zu bieten hat. Zwar bleibt der Gemüseschredder mittlerweile in der Speisekammer, aber Alf Ators Keyboard-Riesenrad hat ebenso Charme wie sein asiatisches Mönchskostüm, und Stumpen wirft nicht nur Schuhe und Birnen quer über den halben Marktplatz ins Publikum, sondern läßt sich auch in einem Ball über die Köpfe der Anwesenden tragen. Dazu spielt die Band gekonnt ihre wüste Mischung aus allem, was bei drei nicht auf den Bäumen war und irgendwo irgendwie ins Konzept paßt, wobei mittlerweile ein ziemlich deftiges Metalbrett den Grundstock bildet. Bei den Rußland-Gigs gruben Knorkator übrigens zahlreiche Tracks ihres Debütalbums "The Schlechtst Of Knorkator" aus, und auch an diesem Abend in Jena stellt das uralte "Böse" ein Highlight des Sets dar. Dagegen hätte der Rezensent auf "All That She Wants" gut und gerne verzichten können - Ace Of Base mochte er noch nie, und Knorkator haben deutlich bessere Coverversionen im Repertoire. Die legendäre Puhdys-Adaption "Geh zu ihr" hätte sich an diesem Abend sicher noch gut gemacht, um auch das Nicht-Knorkator-Anhänger-Publikum auf dem Markt von sich zu überzeugen, aber vom "Hasenchartbreaker"-Album erklingen statt dessen "Buchstabe" und "Ich bin ein ganz besond'rer Mann". Der interessanterweise zehn Minuten früher als angekündigt beginnende Gig endet schließlich mit einer unklaren Lage bezüglich Zugaben, die im Verständnis der Band offenbar schon in den Hauptset inkludiert waren, was das Publikum aber nicht so verstanden hat und daher Extraarbeit einfordert. Spätestens nach der Hymne "Wir werden alle sterben" ist aber sowieso alles egal, nicht wahr? :-)



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