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Ganes   06.11.2012   Leipzig, Moritzbastei
von rls

Sie haben's in Sachsen nicht leicht: Anno 2010 spielten Ganes auf ihrer Debüttour in Plauen vor einem sehr überschaubaren Publikum, und zwei Jahre später kommen auf der Tour zum bereits dritten Album "Parores & Neores" in Leipzig auch nur etwa 40 Leute, von denen ein Teil durchaus weite Anreisen hinter sich hat: Der Raum Jena ist stark vertreten und stellt mindestens ein Achtel der Anwesenden, und zwei Menschen machen sich gar aus Göttingen auf den Weg in die Moritzbastei. Aber es bleibt mal wieder nur das Fazit: Alle, die nicht da waren, haben definitiv etwas verpaßt - und am Tag darauf kommen in Frankfurt nicht 40, sondern 400 Leute zum Konzert, was laut gut informierten Kreisen auch auf viele andere Gigs der Tour zugetroffen haben soll.
Ganes machen es sich allerdings wieder mal nicht einfach. Schon auf der Debüttour hatten sie ausschließlich eigenes Material (das komplette Debütalbum und noch eine neue Eigenkomposition) gespielt und darauf verzichtet, ihre Vergangenheit als Backingsängerinnen bei Hubert von Goisern in den Mittelpunkt zu stellen oder auch nur als musikalisches Zugpferd einzuspannen. Das machen sie jetzt immer noch nicht, auch wenn mittlerweile zwei Coverversionen im Set stehen - aber sie lassen auch das erste und zweite Album nahezu komplett außen vor und basteln den Set fast ausschließlich aus Material des neuen Doppelalbums zusammen, das erst zwei Monate vorher erschienen ist. Sowas muß man sich erstmal trauen; Ganes trauen sich und gewinnen, denn zumindest in der Livefassung handelt es sich nahezu durchgängig um starkes Material. Der Rezensent hat wenige Tage vor dem Konzert auch die CD erhalten, aber bewußt vorher nicht reingehört, um als ersten Eindruck den Liveeindruck zu bekommen bzw. zu verfestigen - am 18.8.2012 hat er Ganes beim Stadtfest in Dresden live gehört, leider nur mit der zweiten Sethälfte. Schon dort machte einiges des Materials den Eindruck, als ob die drei Mädels und ihre männlichen Sidekicks in den letzten Monaten ein paar alte Pink-Floyd-Platten und diverse andere Endsechziger-Psychedelia entdeckt hätten, und der Liveeindruck aus Leipzig erhärtet diese Vermutung. Verwoben mit dem bekannten Italopop ergibt sich daraus ein ganz eigentümliches, aber höchst reizvolles Gemisch. Interessanterweise verlassen sich Ganes auch nicht mehr so sehr auf ihre Stimmen, sondern geben der instrumentalen Komponente viel mehr Raum. Zudem nutzen sie ihre diesbezüglichen Kompetenzen noch stärker: Mit Maria Moling haben sie eine studierte Schlagzeugerin in der Band - also spielt die jetzt auch viel öfter Schlagzeug als früher. Ihr Kit ist an der rechten Bühnenseite aufgebaut, während links außen Nick Flade sitzt und eine ganz kuriose Instrumentenkombination spielt: Zum einen hat er Synthies vor sich, mit denen er bevorzugt altertümliche Moog-, Hammond- und andere Sounds erzeugt, zum anderen stehen rechts neben ihm aber auch noch eine große und eine kleine Trommel, die er meist dann bedient, wenn Maria nicht trommelt - bisweilen kommt es aber auch zu kleinen Schlagzeugduetten, und nicht nur einmal ergibt sich eine ganz selten zu sehende Konstellation: Die linke Hand spielt Synthies, die rechte Hand trommelt. Ein Zirkuskünstler! Und der Ärmste muß dann auch noch Elisabeth Schuens Späße über sich ergehen lassen, wenn die zugehörigen Songs mal wieder von der Schwierigkeit der Beziehungen zwischen Männern und Frauen handeln. Klarer Fall: Die Truppe nimmt ihre Musik sehr ernst, sich selber aber keineswegs - und das macht Laune, beim Zusehen wie beim Zuhören. Hinter den singenden und geigenden Schuen-Schwestern agieren noch Gitarrist Raffael Holzhauser und Bassist Sebastian Gieck, letzterer bisweilen auch an einen Kontrabaß wechselnd und ersterer im seit der 2011er Tour zum Set gehörenden Bob-Marley-Cover "Redemption Song" ein furioses, fast hendrix-kompatibles Solo spielend. Aber im Mittelpunkt stehen natürlich die drei Damen, und das auch zu Recht - sie singen und spielen wieder mal wie von einem anderen Stern, und nur die Publikumskommunikation weist aufgrund zahlreicher Instrumentenwechsel und Stimmpausen ein paar kleine Lücken auf. Der guten Laune tut das allerdings keinen Abbruch, wenngleich man sich in der Setdramaturgie vielleicht irgendwo in der ersten Hälfte mal noch einen richtigen Tempoausbruch gewünscht hätte. Solche kommen dann nämlich erst gegen Setende zum Vorschein und versetzen noch mancherlei Tanzbein im Publikum in wilde Bewegungen. Hier packen Ganes dann übrigens auch älteres Songmaterial aus, etwa "Bun Chaka Le" vom Debüt, dessen "E-o"-Einwürfe das Publikum natürlich gern übernimmt, sich aber auch anspruchsvolleren Gesangsaufgaben gewachsen zeigt, so im Setcloser "For Eva", der mancherlei philosophische Gedanken über die Schuldfrage beim Sündenfall thematisiert. Als Zugabe kommt u.a. "Vire" zum Tragen, das sich, wenn man ihm einen Direktvergleich mit "Dorm Sauri" erspart, als durchaus hochemotionaler Song entpuppt, und die letzte Zugabe führt die drei Mädels mit "Da Sorá" back to the roots: Sie interpretieren es als Trio, "während die Jungs hinten schon trinken", wie Elisabeth verschmitzt anmerkt. Dann ist Schluß, man freut sich, diese Ausnahmeband wieder mal live erlebt zu haben, und ist sich sicher, daß diese Quasi-"Exklusivität", die der überschaubare Publikumszuspruch in Sachsen so mit sich bringt, auch irgendwann mal enden wird. www.ganes-music.com informiert über die nächsten Möglichkeiten, diesen Zustand zu ändern.

Setlist:
Lalala
Paom
Demassa
Fortüna
Gire L'Cör
All I Wanna Do
Vita
Coru
Redemption Song
Parole Parole
Dlungia Me
Dizzy
Jora
A Té
Bun Chaka Le
For Eva
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Vire
Nia L'Dert
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Da Sorá



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