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Ahab, Esoteric, Ophis   07.06.2012   Jena, Rosenkeller
von rls

Funeral Doom Metal ist ja zugegebenermaßen schon extremer Nischenstoff. Insofern überrascht der sehr hohe Füllstand der großen Tonne im Jenaer Rosenkeller bei diesem Package etwas, vor allem, wenn man sich das mächtige Häuflein eine reichliche Woche zuvor beim Gig der sehr studentenkompatiblen Botanica an gleicher Stelle vor Augen führt. Aber andererseits ist's auch irgendwie logisch: Doomer halten zusammen und sind froh, wenn sich überhaupt mal eine Gelegenheit bietet, ihre Lieblinge live zu erleben - und auf die Subsparte der Funeral Doomer trifft dieses Verdikt in noch stärkerem Maße zu.
Ophis spielen bereits, als der Rezensent wenige Minuten nach der offiziellen Anstoßzeit 20.30 Uhr in den Katakomben eintrifft - etliche Minuten später begrüßen sie nach dem Songende das Publikum, nur um nach dem Ende des nächsten Songs schon den letzten ihres Sets anzukündigen. Heißt unterm Strich für die Statistiker: wahrscheinlich drei Songs, aber trotzdem eine knappe Dreiviertelstunde Spielzeit, wobei der Closer "The Mirthless", der von der aktuellen Split-EP mit Officium Triste stammt, besonders ausladend daherkommt. Ophis sind im Rosenkeller keine Unbekannten, bereits drei Jahre zuvor hatten sie mit u.a. Evoken an gleicher Stelle gespielt, und entsprechend positiv werden sie von den Doomanhängern vor der Bühne dann auch angenommen. Ihr Doom hat wenig mit Funeral zu tun, sondern erinnert an die frühen bis mittleren Neunziger, als im Vereinigten Königreich der Doomdeath erfunden wurde, besonders aber an die unmittelbar anschließenden Zeiten, als in den Niederlanden eine Band namens Beyond Belief diese Vorlage weiterentwickelte. Neuere Einflüsse finden sich im Sound des Quartetts nicht, aber das ist in diesem Falle auch gut so, denn trotz aller bleierner Schwere finden die Hamburger doch Wege, ihr Material abwechslungsreich und nachvollziehbar zu gestalten, wozu in ihrem Falle auch der überraschend klare Sound beiträgt, der auch die Leadgitarren ihren düsteren, aber nie ganz finsteren Reiz entfalten läßt, so daß Ophis gar nicht so negativ wirken, wie sie das vielleicht selber anstreben. Soll dem Hörer, so er nicht absoluter Purist ist, aber nur recht sein ...
Esoteric erhöhen das Instrumentenarsenal um einen dritten Gitarristen und einen Keyboarder - und schon gibt's Probleme beim Sound. Der Rezensent steht direkt vor dem Mischpult, aber dort kommt nur ein relativ diffuses Klangbild an, das beispielsweise die Leadvocals nur als hintergründig-leises Fauchen vernehmen läßt. Trotzdem genügt das Gehörte, um eine erstaunliche Entdeckung zu machen: Kollege Tobias hatte der neuen Esoteric-CD "Paragon Of Dissonance" ein bis dato von der Band unbekanntes melodisch-zugängliches Moment zugesprochen, und da ein guter Teil der aus vier Songs bestehenden Setlist, nämlich drei, von ebenjenem neuen Album stammt, macht sich auch hier eine gewisse Leichtigkeit, ja Lockerheit breit, die man von Funeral Doom sonst so gar nicht gewöhnt ist. "Disconsolate" und "Abandonment" klingen so kurioserweise wie extrem verlangsamter Italometal - eine zweifellos originelle Mixtur, die es in ähnlicher Form nicht noch einmal geben dürfte, die allerdings wiederum Altanhängern der Band manch schwere Erschließungsaufgabe stellen dürfte. Für diese hält die Setlist an zweiter Stelle allerdings "Creation (Through Destruction)", einen Oldie vom 1997er Album "The Pernicious Enigma", bereit, der mit seinen kurzen Knüppeleinlagen allerdings auch noch für eine weitere Form der Auflockerung sorgt. Da der Keyboarder auf der überschaubaren Bühne keinen Platz mehr hat, wird er übrigens kurzerhand vor diese verfrachtet, der Sänger trägt ein Kopfmikrofon und verzichtet nahezu komplett auf Ansagen, und trotz der erwähnten Soundprobleme spielen die Briten einen recht intensiven, ungefähr einstündigen Set, der nur gegen Ende hin in "Torrent Of Ills" (der dritte Song von der neuen Scheibe) einige wenige Längen aufweist, aber trotzdem vom Publikum intensiv beklatscht wird.
Ahab reduzieren die Instrumentenvielfalt wieder um den dritten Gitarristen und den Keyboarder - und prompt wird das Soundgewand wieder deutlich klarer. Die Nautikdoomer verbinden alle ihre sechs Songs mit Meeresrauschensamples und erzeugen damit ein Gefühl der Komplexität und Zusammengehörigkeit, auch wenn die Songs keinesfalls von nur einem Album stammen, sondern von allen dreien, die die Band bisher herausgebracht hat. Daß "The Giant", der gerade erschienene Neuling, dabei den Löwenanteil stellt, mag nicht verwundern, und angesichts der Qualität des Gebotenen ist das auch eine gute Entscheidung, zumindest für alle, die ihren Funeral Doom nicht ganz so puristisch mögen. Die werden nämlich mit berauschenden Melodiebögen und elegischen Cleanvocals verwöhnt, wobei wie erwähnt der klare Sound auch mit den entsprechenden Wahrnehmungsmöglichkeiten aufwartet. Natürlich gibt es auch bei den Süddeutschen kantige Doombrocken mit lavaähnlichem Charakter und brummelndem Gesang, aber diese werden immer wieder von "zugänglicheren" Passagen konterkariert und ergeben somit ein interessantes und vielschichtiges Klangbild, das den Hörer von der ersten bis zur 70. Minute zu fesseln weiß. Und auch die Puristen kommen noch zum Zuge, etwa mit dem Setcloser "The Hunt", der nach seinem trägen Hauptteil gegen Ende hin, was man kaum für möglich hält, das Tempo nochmals reduziert und damit einem partiell äußerst intensiven, vielleicht auch entschleunigenden Konzertabend die Krone aufsetzt.

Setlist Ahab:
The Divinity Of Oceans
Further South
Deliverance
Old Thunder
Antarctica The Polymorphess
The Hunt



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