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von ta

ESOTERIC: Paragon Of Dissonance   (Season Of Mist)

Esoteric aus dem Vereinigten Königreich gehören ohne Wenn und Aber auf den Olymp ihrer Konkurrenzklasse. Ihre vielschichtige, psychedelische Ausdeutung des Funeral Doom ist einzigartig, intensiv und kunstvoll. Einige Grundbausteine eines Esoteric-Songs sind leicht auszumachen: das verzerrte und langgezogene Schreien von Greg Chandler; die psychedelischen Synthesizerklänge im Hintergrund; die abwechslungsreiche Gitarrenarbeit; über all dem eine ordentliche Portion Hall. Doch die Zusammensetzung dieser Grundbausteine variiert von Album zu Album. War "Metamorphogenesis" von 1999 eher experimentell angelegt, loteten Esoteric auf der 2004er-Scheibe "Subconscious Dissolution Into The Continuum" ihre monolithische Seite aus. "The Maniacal Vale" von 2008, der unmittelbare Vorgänger des nun vorliegenden Albums, präsentierte die Band von einer melodiöseren und sehr ausladenden Seite. An diese Entwicklungslinie knüpft auch "Paragon Of Dissonance" an. Es handelt sich, wie meistens bei Esoteric, um eine Doppel-CD, diesmal mit 94 Minuten Dauer, welche sich auf sieben Songs mit Laufzeiten zwischen sieben und sechzehn Minuten verteilt. Das Album ist der melodiöseste Output aus dem Hause der Briten bis dato. Soll heißen, es gibt nahezu kein Riff, über dem nicht ein Gitarrenlead schwebt, es gibt sehr viel Konsonanz und sehr viel Tonalität. Natürlich wird das alles dennoch durch den Esoteric-Fleischwolf gedreht und eine ordentliche Portion Surrealität darf daher stets addiert werden. Das Ergebnis ist dann ein Track wie die konsequent auf ein, zwei einfachen Melodien aufbauende Funeral-Ballade "The Loss Of Will", die für Esoteric vergleichsweise zugänglich klingt.
Die genannten Gitarrenleads fallen zudem häufig schneller aus als früher. Während das Grundtempo der Songs nach wie vor schleppend ist, purzeln schon im exzellenten Opener "Abandonment" - aber nicht nur da - ungewöhnlich viele Achtel und Sextolen vom Gitarrenhals. Klar, für eine Power-Metal-Band wäre das normal, aber wir sprechen hier von einer Band, die bisweilen für den Wechsel von Ton 1 zu Ton 2 zehn oder mehr Sekunden gebraucht hat. Dass Neuzugang Jim Nolan etwas mit dieser Entwicklung zu tun hat, darf angenommen werden.
Ein drittes Element: Esoteric haben die Zartheit für sich entdeckt. Gleich mehrfach ertönt ein Klavier oder ein ruhiger Synthie-Teppich - beim melancholischen Keyboardintro des 16minütigen Albumepos "Disconsolate" läuft einem doch glatt ein wohliger Schauer über den Rücken, weil man noch nicht ahnt, dass dieser Song noch richtig böse zupacken und in die pure, fiebrige Finsternis fallen wird. Großartig und ein weiterer Beweis dafür, dass Esoteric zu Recht zu den Meistern ihres Fachs gezählt werden.
Aber gehen wir einen Schritt zurück. Melodiösität, schnellere Leads und Zartheit wirken sich auch auf die Stimmungsvielfalt dieses Albums aus. Während Esoteric bisher erdrückend und bleiern wirkten, jeden leichtfüßigen Moment in Tristesse und Fieber überführt haben, klingt "Paragon Of Dissonance" bisweilen hoffnungsvoller und befreiter. Für diese These ist abermals "Disconsolate" musikgewordene Illustration, findet der Song nach seiner finsteren Mitte doch wieder ein Stück weit zu aufbäumender Melodiösität zurück. Auch die Produktion klingt befreiter, lässt den Höhen viel Platz, nimmt im Gegenzug die Tiefen etwas zurück.
Textlich hat sich bei den Briten wenig geändert: "Lost within the throes of madness/Anxiety tearing the foundations of my mind/Drifting through the otherworld" heißt es in "Aberration". Der beschworene Wahnsinn, die Angst, die Jenseitigkeit sind auf diesem Album aber weniger ausgeprägt als auf seinen Vorgängern. Das macht den Hörgenuss eine Winzigkeit weniger intensiv, aber immer noch ungemein spannend. State of the art, wie eigentlich immer bei Esoteric.
Kontakt: www.esotericuk.net, www.seasons-of-mist.com

Tracklist:
CD 1:
1. Abandonment
2. Loss Of Will
3. Cipher
4. Non Being

CD 2:
1. Aberration
2. Disconsolate
3. A Torrent Of Lies



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