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Donots, Royal Republic   21.04.2010   Leipzig, Werk II
von rls

Die Königliche Republik wird offensichtlich pünktlich zum verbrieften Konzertbeginn um 20.30 Uhr ausgerufen - der Rezensent ist sechs Minuten zu spät am Ort des Geschehens, und da an der Kasse niemand von seiner Akkreditierung weiß, gehen weitere Minuten verloren, bis er in der Halle angekommen ist. 23 Spielminuten von Royal Republic bekommt er noch mit, und bei seiner Ankunft verkünden die Schweden von der Bühne herunter gerade, daß Höchstgeschwindigkeit nötig sei. An das Motto "Full Speed Necessary" halten sie sich selbst dann allerdings nicht durchgehend, aber das müssen sie auch nicht, denn selbst wenn sie mal auf Midtempo runterschalten, bringen sie noch jede Menge Energie in Richtung Publikum auf den Weg, und diese wird dort dankbar aufgesogen: Für eine "Frischlingsband", die gerade erst ihr Debütalbum draußen hat, die in puncto gespielter Konzerte erst vor nicht allzulanger Zeit überhaupt im zweistelligen Bereich angekommen ist und die in Deutschland quasi noch nahezu niemand kennt, ernten Royal Republic jedenfalls sehr gute Reaktionen, die weit über den üblichen "freundlichen Applaus" hinausreichen. Die Musik bietet aber auch mancherlei Anlaß zur Freude und läßt das eine oder andere Tanzbein hektisch zucken. Klar, den schwedischen Rotzrock erfindet die Band nicht neu und macht nichts, was eine Legion anderer Landsleute, beginnend mit den legendären Nomads, nicht auch schon getan hätte - aber das stört in der Livesituation definitiv nicht. Songs wie "Tommy-Gun" machen jedenfalls 'ne Menge Hörspaß, der Sänger hat eine kräftige, aber kontrollierte Stimme und zudem Humor, seine drei Bandkollegen lassen bei den Backings auch keine Wünsche offen, und der wilde Drummer heischt besondere Aufmerksamkeit. Soundtechnisch hätte man sich eine etwas bessere Durchhörbarkeit der Gitarre des nicht-singenden Sechssaiters (der von den nicht eben häufigen Leads den größeren Teil zu spielen scheint) gewünscht, ansonsten gibt es auch diesbezüglich, von der einen Tick überhöhten Gesamtlautstärke abgesehen, keine Beanstandungen vorzubringen. Guter Gig!
Für die Donots sind die fetten Jahre offensichtlich vorbei - die große Halle des Werk II ist an diesem Abend allenfalls zur Hälfte gefüllt. Aber die Ibbenbürener haben auch ein seltenes Kunststück geschafft: Ihr Mix aus Rock, Punk, Pop und einem Schuß Metal findet seine dankbarsten Abnehmer in Spätteenie-/Frühtwen-Kreisen, und die frühen Fangenerationen, auch die ganz großen der Zeit um die Jahrtausendwende, sind diesem Alter längst entwachsen und fehlen im Publikum dieses Abends nahezu völlig. Dafür aber wächst von unten her immer wieder eine neue Fanschicht heran, die die Band nicht als "Phänomen von gestern", sondern als aktuellen ernstzunehmenden Act betrachtet. Wie lange dieses Kunststück noch gelingen kann, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden - konzentrieren wir uns auf die 24 Songs respektive anderthalb Stunden Spielzeit dieses Abends. Wie Nena am Abend zuvor zeigen sich auch die Donots von ihrem aktuellen Album, das sich "The Long Way Home" nennt, so überzeugt, daß sie es bis auf zwei Songs komplett in die neue Setlist aufnehmen - das bedeutet in diesem Falle neun Songs, von denen "Changes" und "Calling" in gleicher Reihenfolge wie auf dem Album das Konzert eröffnen. Und hegt man beim fast zahnlos wirkenden Midtempoplätschersound von "Changes" noch die Befürchtung, die Donots wären alt und gebrechlich (und stromlinienförmig) geworden, so schraubt "Calling" Schlagzahl und Energielevel nach oben und läutet einen abwechslungsreichen und unterhaltsamen Set ein, in dem über weite Strecken ein durchaus flottes Tempo vorherrscht, das aber an den richtigen Stellen Variationen erfährt. Einige der neuen Songs erhalten live Unterstützung durch ein sechstes Bandmitglied an den Keyboards, aber hier von einer Verwässerung zu sprechen dürfte vermutlich nur absoluten Puristen einfallen. Vor allem der Sänger und der rechte Gitarrist entpuppen sich als hyperaktive Energiebündel, die ständig an anderen Stellen der Bühne zu finden sind; für die Gangshouts und die melodischen Backingvocals sorgen fast alle Bandmitglieder, und der erwähnte Gitarrist, der auch die meisten der nicht eben überreichlich vorhandenen Leads spielt, macht auch am temporär von ihm besetzten Frontmikro eine gute Figur, allerdings als klassischer 77er-Punk-Huster, der damals sicherlich ein hohes Staatsfeindpotential hätte evozieren können. Daß die Donots doch aus einer Zeit stammen, in der das Publikum noch nicht an musikalische Interessen dachte, demonstriert die eher hilflose Reaktion auf die Ansage zu "High & Dry": Der Sänger widmet den Song Rock'n'Rolf von Running Wild und zeigt sich stolz, endlich auch mal so einen schönen Piratenmetaltext geschrieben zu haben wie dieser - aber kaum jemand unter den Anwesenden dürfte mit Running Wild vertraut gewesen sein, um das praktisch einschätzen zu können. Der eine der großen Bandhits, "Whatever Happened To The 80s", läutet das Finale des regulären Sets ein, das dann vom knüppelharten Neuling "Dead Man Walking" bestritten wird. Der aus drei Songs bestehende erste Zugabenblock wird mit dem anderen großen Bandhit, der Coverversion von Twisted Sisters "We're Not Gonna Take It" (große Teile des Publikums dürften zu Zeiten des Originals, 1984, noch gar nicht geboren gewesen sein), abgeschlossen, der die wohl umfangreichste Partystimmung des ganzen Sets auslöst und übrigens mit dem Intro zu Metallicas "Creeping Death" ausklingt. Als die meisten schon damit rechnen, daß das der Schlußgong gewesen sei (was soll man nach einem derartigen Paukenschlag auch noch spielen?), erscheinen Gitarrist I und Sänger doch noch einmal und intonieren als Akustikversion "Superhero" - und zwar in Wohnzimmeratmosphäre mitten im Publikum, das sich ringförmig auf den Boden setzt. Ein kleiner Geniestreich am Ende eines unterhaltsamen Konzertes.

Setlist:
Changes
Calling
Oh Yeah, Oh Yeah
Today
To Hell With Love
Hello Knife
New Hope For The Dead
Up Song
Pick Up The Pieces
Room With A View (Give Me Shelter)
Forever Ends Today
High & Dry
Wretched Boy
Let It Go
The Years Gone By
This Is Not A Drill
Make Believe
Duck And Cover
Whatever Happened To The 80s
Dead Man Waking
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Saccharine Smile
Stop The Clocks
We're Not Gonna Take It
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Superhero



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