www.Crossover-agm.de THE NOMADS: Up-Tight
von rls

THE NOMADS: Up-Tight    (White Jazz Records)

Mitläufer? Keineswegs. Schon die Abbildung der vier leicht ältlich wirkenden Herren auf dem Cover macht deutlich, daß wir es hier nicht mit Pennälern zu tun haben, die verkrampft versuchen, ihren Helden Backyard Babies, Hellacopters & Co. nachzueifern. Im Gegenteil: The Nomads existieren bereits seit 1981 (!) und bildeten in den 1980ern in ihrem Heimatland Schweden den Gegenpol zu Europe, Yngwie Malmsteen's Rising Force und Konsorten, indem sie schon damals Sixties- und Seventies-Garagenbeat spielten, den seinerzeit noch niemand "Rotzrock" nannte, auch ein gewisser Nick Royale nicht, der damals noch nicht mal wußte, wie man "Death Metal" schreibt, den er seit 1987 mit Nihilist und Entombed kultivieren sollte, bevor er in den 90ern mit den Hellacopters ebenjenen Sound von sich zu geben begann, den die Nomads oder ihre Brüder im Geiste, von denen Union Carbide Productions die bekanntesten sein dürften, bereits mehr als eine Dekade zuvor aus der Taufe gehoben hatten. Als Taufpaten dienten sowohl die Stones der 60er als auch das Iggy Pop-Schaffen der 70er, und daran hat sich auch heute nicht allzuviel geändert. Das bedeutet einerseits, daß sich die Nomads offenbar überhaupt nicht weiterentwickelt haben (oder wenn, dann nur marginal), denn das, was da in 13facher Gestalt auf "Up-Tight" eingezimmert wurde, paßt in die genannte Stilkiste, ohne daß man groß drücken oder verformen müßte; andererseits sind sie ihrem Stil und ihren Wurzeln treu geblieben. Das Problem ist nur, daß sie reichlich anachronistisch wirken, weil ihnen die kompromißlose Vorwärts-Attitüde vieler heutiger Stilkollegen abgeht und sie auch nicht mit entscheidenden Originalitätsfaktoren aufwarten können, welche beispielsweise bei The Flaming Sideburns der Keyboardeinsatz immer wieder beisteuert. The Nomads musizieren solide und eher im gemäßigten, fast relaxten Gestus vor sich hin ("To Make A Short Story Long" geht beinahe als Country & Western-Pop durch), knacken die Dreieinhalbminutenmarke trotzdem nur selten und legen gesteigerten Wert auf die Leadgitarren. Das ist dann (neben dem wild solierenden Saxophon in "The Cold Hard Facts") doch wenigstens etwas Ungewöhnliches, was man in diesem Genre nicht allzuoft findet, und liegt wahrscheinlich darin begründet, daß Leadgitarrist Hans Östlund sowohl Gründungsmitglied als auch einer der Bandköpfe ist. Ab und zu bekommt er Unterstützung von einem hämmernden Bar-Piano, das allerdings keine wesentlichen Akzente setzt. Offenbar war den Nomads ihre Unspektakulärität selbst bewußt, denn sie holten sich ein paar Gäste ins Studio, unter denen neben dem kultig verpseudonymten Shakin' Schewen niemand Geringeres als Nick Royale heraussticht. Hört man sich den Song "Competitors In Crime" allerdings mal an, wo Nick ein paar Leadgitarrenparts über dem letzten Chorus beigesteuert hat, kommt man schnell zum Schluß, daß keiner merken würde, daß diese Parts von Nick Royale stammen, wenn es nicht auf dem Backcover vermerkt wäre, so unspektakulär, unauffällig und nicht von den restlichen Leads zu unterscheiden tönt das da aus den Boxen. Das läßt wiederum den Verdacht aufkommen, hier solle ein Name zum Aufhänger hergezerrt werden, um die Kids auf The Nomads (man erinnere sich, sie sehen nicht mehr ganz taufrisch aus, und man erinnere sich an die weisen fragenden Worte von Matthias Herr, welches Kid eine Band hören würde, deren Mitglieder wie die Kumpels seines Vaters aussehen) aufmerksam zu machen, allerdings pappt zumindest auf meiner Promo-CD kein dicker Aufkleber "featuring Nick Royale of The Hellacopters" (keine Ahnung, ob's auf der Endversion dann so ist - wundern würd's mich nicht). Im musikalischen Sinne jedenfalls haben The Nomads nicht allzuviele Argumente vorzuweisen, warum man sich in der Fülle der Konkurrenzprodukte ausgerechnet für sie entscheiden sollte. "Up-Tight" ist solide Wertarbeit und für rock'n'rollige Traditionalisten alles andere als uninteressant, wird aber wohl in den Plattenläden verstauben, wenn nicht zufällig besagte Traditionalisten massenweise über die Platte stolpern und sie genauso massenweise für ihre Kids kaufen, um denen zu demonstrieren, was sie selber vor 20 oder 25 Jahren gehört haben. Aber damit ist bei halbwegs realistischer Betrachtungsweise wohl kaum zu rechnen. Eigentlich schade.





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