www.Crossover-agm.de
Lynyrd Skynyrd, Lake   01.03.2010   Karlsruhe, Schwarzwaldhalle
von gl

Die zweite Tour innerhalb kurzer Zeit, in der wir einen (zweiten) Konzertbericht ein Update später als Leipzig bringen, da der Tourverlauf derart gestaltet wurde. Nach Rolands Sicht nun mein Senf dazu. Immer dann, wenn man nach Hunderten von Gigs wieder denkt, man habe alles erlebt, gibt's Neuerungen: 1. Die Fotopässe sind namentlich beschriftet, meiner war nicht gerichtet, deswegen steht - wie ich später bemerke - "Eddy - Rock-It" bei mir drauf (jener war aber in der Halle, wie ich nach dem Konzert feststellen durfte)! Und man bekommt an der Ausgabe tatsächlich den Spruch gesagt: "Bitte die Vorgruppe auch fotografieren - die wünschen das so!!" Daß dies heute die Band LAKE ist, wussten wohl nur die Handvoll Leute, die dem Bekanntenkreis der Band zuzuordnen sind, und die, die von vorherigen Shows eine Info erhalten hatten. Bei spartanischem Licht (man könnte auch sagen, daß die Akteure zumeist im Halbdunkel agieren) beginnt die Band ihren zur Kenntnis genommenen Auftritt. Der Applaus zwischen den Liedern ist mau, die Stücke kennt fast niemand und das Material mag so recht nicht passen zu dem, was heute abend erwartet wird. Die Geduld wird auch mit hippieskem "Da-da-da"-Gedudel auf die Probe gestellt, welches in der Pause moniert wird, dazu gleich mehr. Das noch aktuelle Lake-Album von 2006 namens "The Blast Of Silence" gefiel mir hingegen recht gut, so dass ich von meiner Warte aus die Vorstellung der umgestellten Band in Ordnung fand. Es ist ein neuer englischsprachiger Sänger in der Gruppe und Abschluss des kurzen Sets ist der tolle Song "Say You Will" mit exzellentem Gitarrensolo von Alex Conti.

LAKE-Drummer Mickie Stickdorn  Alex Conti

LAKE - Bass  Der Sänger von LAKE
Pausengespräch zweier Herrschaften auf dem Klo: "Ha, jo, komm: Des Gejaule het gar net passt zu Lünnard Skinnart! Un' der Name! LAKE! - Des het's früher scho'mol gewwe!" Die beiden darauf aufmerksam gemacht, dass das DIE Lake waren, berichten: "Hah! Vun denne hob ich mindeschtens drei Scheibe daheem!" Schön, dass diese alte Verbindung - die Band LAKE war bereits in den 70ern Vorgruppe von LYNYRD SKYNYRD in den USA - bis heute geblieben ist.

Die Setlist heute abend  Die Spannung steigt ...
Ein erhabenes, schwach angestrahltes Tourlogo stimmt in der Pause schon einmal ein, bevor im Süden Deutschlands die berühmtesten Vertreter des Südens der Vereinigten Staaten von Amerika ihre Weisen zum Besten geben. Jetzt ist die Bühne plötzlich taghell, dass man geblendet ist und all die vielen Musiker incl. der 2 sogenannten "Honkettes" (aka Backgroundsängerinnen) erstmal sortieren muss. Und ja, auch Deutschland scheint zumindest eine kleine "Skynyrd Nation" - so der erste Song - zu sein, denn das Septett wird begeistert empfangen und abgefeiert. Übrigens von einer Meute, die im Twenbereich große Lücken aufweist, aber dafür haben wenige ihre Kinder mitgebracht, und ein kleines Mädchen in der 1. Reihe erhält gleich zu Beginn vom sympathischen Sänger Johnny Van Zant sein T-Shirt höchstpersönlich überreicht. "Mentor" und einzig verbliebenes Urmitglied Gary Rossington hält sich zurück und überlässt Ricky Medlocke und Basser Robert Kearns zumeist das Auftreten in der 1. Reihe. Der Sound ist heute eben nicht ZU übertrieben laut, wie das bei den meisten (Hard-)Rockkonzerten an der Tagesordnung ist, sondern sauber austariert, so dass man die ausgefeilten Kompositionen und die einzelnen Instrumente auch raushören kann. Der Wechsel von neuen Songs zu alten geschieht mit kaum abebbendem Begeisterungsniveau, was ziemlich bemerkenswert ist. Also gut, "Gimme Back My Bullets" und "That Smell" empfangen natürlich doch etwas mehr Applaus als nachher das überragende "Still Unbroken" oder "God And Guns". Ein Höhepunkt des Konzerts ist für mich der Song "Simple Man", ursprünglich vom Album "Second Helping" von 1974 und erst kürzlich von SHINEDOWN der nächsten Generation noch einmal nahegebracht. Lynyrd Skynyrd ist ein Kollektiv, welches sein Handwerk perfektioniert hat, und in diesem Metier können ihm auf technischem Niveau und was kompositorische Fähigkeiten anbelangt, nur wenige Bands das Wasser reichen. Das setzt sich in der Live-Umsetzung fort, und da ist es eben immer wieder Rickey Medlocke, der gnadenlose Gitarrensalven abfeuert und als extrem stimmiges Bild dafür nicht nur von einem Typen im BLACKFOOT-"Marauder"-Shirt an der Front umjubelt wird! Meine einzige Kritik - wenn es denn eine ist - bezieht sich auf ihren "Muss"-Song "Sweet Home Alabama". Jener ist sicher unabkömmlich und eine seltsam lahme, irgendwie gedämpfte Atmosphäre herrscht während dieses (leider) totgedudelten Songs in der Halle, bevor die 9 Personen die Bühne verlassen.

Und da sind sie auf tagheller Bühne: Sänger Johnny Van Zant  Rickey Medlocke in Aktion
Vor ca. 6 Jahren im Vorprogramm von Deep Purple stand in Karlsruhe ein Flügel auf der Bühne und ein Roadie stellte an dieser Stelle des Sets als signifikanteste Amtshandlung des Tages eine mächtige Adlerfigur darauf - unter dem Gejohle des Publikums. Diese Symbolik unterbleibt heute, aber logisch: Auch jetzt ist "Freebird" der rasante Schluss des Konzerts. Und wenn sie dieses Meisterwerk auch zum tausendsten Mal spielen, sie machen es heute wiederum sehr gut und haben die Dramatik des 10-Minüters wohl inzwischen so perfektioniert, dass der Song immer sitzt. Die Kunst ist jedoch, dass die Angelegenheit nicht routiniert oder runtergespielt wirkt. Lob an Lynyrd Skynyrd für eine hervorragende Leistung.

Gary Rossington, einzig verbliebenes Gründungsmitglied  Robert Kearns am Bass

Die 'Honkettes': Dale Krantz-Rossington und Carol Chase  Drummer Michael Cartellone

Rickey Medlocke  Der Sänger hautnah

Den Vogel des Tages schoss übrigens bereits VOR dem Gig ein merklich angeheiterter Typ im Vorraum ab, der allein und mit DREI Getränken (Sekt, Bier und einem Cocktail) bewaffnet noch versuchte, seine Kumpels per Handy zum Konzertbesuch zu bewegen, was offensichtlich nicht fruchtete, denn er verabschiedete sich entnervt mit den Worten "Tschüss und viel Spaß mit eurer unwürdigen Existenz, ohne Lynyrd Skynyrd jemals live gesehen zu haben!!!"

Fotos: Georg Loegler






www.Crossover-agm.de
© by CrossOver