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Legends Of Rock   05.04.2008   Ennepetal, Haus Ennepetal
von dh und tk

Der Flyer zur Veranstaltung
Wer noch vor vierzehn Monaten gedacht hätte, dass es eine Fortsetzung des LEGENDS OF ROCK-Festivals geben würde, wäre wohl als allzu optimistisch belächelt worden. War das erste LOR vom Qualitätslevel der vertretenen Bands eher durchwachsen, so hat man in diesem Jahr den ganz großen Coup landen können. Zumindest fast, denn mit STAVESACRE und BLINDSIDE waren auch zwei Combos vertreten, die nicht unbedingt ins sonst durchweg klassisch geprägte Rock- und Metalprogramm passten und von uns eher am Rande wahrgenommen wurden. Offenbar haben sich die Veranstalter meine letztjährige Empfehlung zu Herzen genommen und alles daran gesetzt, die reformierten BLOODGOOD als Headliner zu gewinnen. Daneben gab es mit GLENN KAISER und WHITECROSS weitere Hochkaräter on stage zu bestaunen, die das Etikett "Legende" auch wirklich verdient haben. Im Rückblick war es nicht nur ein Wiedersehen mit alten musikalischen Weggefährten, ein "meet & greet" lebender Legenden, sondern auch ein großes Familientreffen vieler ehemaliger und immer noch leidenschaftlicher Anhänger des zeitlosen, klassischen Rock 'N Roll. (tk)

Seventh Avenue
Seventh Avenue waren die perfekte Band zum Anheizen und endlich erlebte ich die Jungs in Ennepetal auf der Hauptbühne, wo sie eigentlich schon lange hingehörten. Mit dem starken neuen Album "Terium" im Gepäck, das auch von der Musikpresse endlich mal mehr wahrgenommen wird, und einem weiteren Gitarristen am Start gab es eine dreiköpfige Gitarrenfront, die sich absolut sehen bzw. hören ließ. Schade, dass sie nur eine halbe Stunde Spielzeit hatten. Immerhin gab es vom neuen Album gleich drei Songs, u.a. "Needs" (einer meiner Favoriten), und mit "Infinite King" wurde der übliche Speedmetalworship eingeläutet. Zwar bedauernswert, dass sie aus Zeitgründen u.a. Songs wie "R.I.P." nicht spielten, immerhin waren wir für den weiteren Abend aufgewärmt. (dh)
Setlist Seventh Avenue:
1. Intro
2. Crowd In The Dark
3. A Step Between The Worlds
4. Needs
5. Levy Your Soul From Hate
6. Infinite King
7. Way To The Stars

Rex Carroll
Auf den nachfolgenden Programmpunkt freute ich mich besonders, zählt REX CARROLL seit jeher zu meinen Guitar Heroes, der nicht nur elektrisch eingestöpselt eine Ohrenweide ist, sondern auch auf seiner 12-saitigen Akustikklampfe schon für so manche herunter geklappte Kinnlade gesorgt hat. Überraschenderweise gab es keine Akustik-Session, sondern eine Bluesrock-Session, die er, unterstützt von seinen WHITECROSS-Kollegen Michael Feighan (dr) und Butch Dillon (b), nutzte, um seine großartigen Improvisationskünste, getragen von seiner unnachahmlichen Spielweise, ins Rampenlicht zu rücken. Rex erwies sich zudem als redseliger Unterhalter und erzählte Geschichten, wie sie nur der Blues erzählen kann. Dabei klimperte er auf seiner Axt herum und bot ganz großes Kino in Sachen improvisatorischer Saitenkunst. Insbesondere DER Metropole des Blues, Chicago, sollte ausgiebig gehuldigt werden, doch als Rex einen Gastspielenden Blueskumpel bekannt gab, gab es eine faustdicke Überraschung. Nicht etwa Glenn Kaiser stolzierte auf die Bühne, sondern STRYPER-Axeman Oz Fox, der völlig enthemmt losrockte und blueste, als wäre er bei seiner Hauptband chronisch unterbeschäftigt. Meine Güte, es ist 17 (!) Jahre her, als Oz das letzte Mal eine deutsche Bühne betreten hat. Hier wurde so manches Altrocker-Auge feucht. Zwei Gitarristen solchen Kalibers im Duett, das hat es in Ennepetal schon lange nicht mehr gegeben. Aber insbesondere die Solo-Künste des Hauptakteurs waren ein Augen- und Ohrenschmaus. Kaum jemand schafft es so spielend leicht, geschmeidige Zupfkunst mit eruptiven Riffs zu verknüpfen wie Rex Carroll. Er ist und bleibt einer der vielsaitigsten und generösesten Gitarristen, den die Rockszene hervorgebracht hat. Jeder, der diesen außergewöhnlichen Musiker an diesem Abend erlebt hat, wird dies bestätigen.

Dass eine Band wie STAVESACRE einer derart hochqualitativen Bluesrock-Show so gut wie nichts entgegen zu setzen hatte, erschien allzu logisch wie verständlich. Der Melodypunk-angehauchte Groovecore der Amis waberte denn auch spannungsarm und monoton durchs Hallenrund. Freilich hat man mit Mark Salomon eine echte Legende im Line-Up aufzubieten, mit einem wütenden Old-School-Hardcore-Feuerwerk a la THE CRUCIFIED war allerdings nicht zu rechnen, so dass wir uns erst gar nicht vor die stage bemühten und stattdessen unsere naturgegebenen Bedürfnisse befriedigten (auch eine nicht mehr ganz ofenfrische vegetarische Pizza kann einem den Spätnachmittag versüßen ;-). Zwischendurch sorgte Jörg Schwehn auf der Interviewstage wahlweise für Kopfschütteln und kollektive Lachanfälle unter den versammelten Rockfans, denn mit seiner gebetsmühlenartig vorgetragenen Standardformulierung "Ihr seid die Legends Of Rock - fühlt Ihr euch wie die Legends Of Rock?" outete er sich erneut als Doppelnull unter den Musikjournalisten. Positiv anzumerken ist, dass Gerth Medien in diesem Jahr dem LOR fern blieben und die Stephans-Buchhandlung als langjähriger CRN-Partner und kompetenter Tonträger-Anbieter mal wieder vor Ort anzutreffen war.

Wer hätte anno 1997 gedacht, dass die Schweden NARNIA mit ihrem neoklassischen Melodic Metal jemals im frommen Mainstream ankommen würden? Umso erstaunlicher war es, dass die Band gerade vom jungen Publikum enthusiastisch aufgenommen wurde. Den Legendenstatus müssen sich NARNIA freilich erst noch erarbeiten, und so sehr ich die Band um Energiebündel Christian Liljegren und Frickelmeister Calle Grimmark in mein Herz geschlossen habe - an diesem Abend hätte ich sie nicht schon wieder on stage gebraucht und mir stattdessen eine wahre schwedische Legende wie LEVITICUS gewünscht. Das Showprogramm inkl. Setlist der schwedischen Melodic-Institution ähnelte weitgehend dem des letztjährigen Metalfests, so dass großartige Überraschungen ausblieben. Der Sound in den hinteren Hallengefilden war exzellent und die Bühnenperformance der Musiker wie gewohnt professionell. Die visuelle Untermalung durch einen Illusionisten rief indes unterschiedliche Reaktionen hervor. Ich bleibe aber dabei: Ein NARNIA-Gig kommt auch gut ohne Feuereffekte und aufgespießte Frontmänner aus, dafür haben die Schweden einfach zu gute musikalische Qualitäten. Als Toursupport von PRIMAL FEAR oder anderer Genrekollegen würde ich mir NARNIA jederzeit wieder anschauen, bei christlichen Veranstaltungen halte ich sie im Moment für überpräsent und durchaus entbehrlich. (tk)

Glenn Kaiser
Ab wann darf man eigentlich bei Legends Of Rock spielen bzw. kann man sich eigentlich eine Legende nennen? Nun, bei dem folgenden Musiker erübrigt sich die Frage: Glenn Kaiser schrieb mit seiner Ressurection Band christliche Bluesrockgeschichte, trägt immer noch trotz seiner über sechzig Lenze eine lange Haarmähne - und dass er auf der Bühne vielen Jungspunden noch zeigt, wie man eine Gitarre bedient, ehe er sie an die Wand spielt, steht außer Frage. Hier wurde eine tolle Auswahl der "Winter Sun", "Carolina Moon" und diverser anderer Bluesrockplatten zum Besten gegeben. Entsprechend wurde es vom Publikum dankbar entgegengenommen, das immer mehr Zugaben forderte und entsprechend belohnt wurde - so gab es eine regelrechte Bluesjamsession. Jetzt darf man nur hoffen, dass Glenn Kaiser nächstes Jahr mit REZ zurückkehrt. Sehr hörenswert und amüsant auch das spätere Interview, wo man viele Eindrücke und Einblicke in die missionarisch-soziale Arbeit von Glenn Kaiser bei den Jesus People bekam. Nette Geste und sehr unterstützenswert war auch der Kauf seiner CDs, deren Gelder sofort wieder in die Arbeit der Jesus People einflossen und der Knaller war natürlich: Bei dem Kauf zweier CDs bekam man eine umsonst. Dieses Angebot ließen sich wohl nicht viele entgehen, ich ebenso wenig. (dh)

Whitecross
Was Glenn Kaiser an diesem Abend bot, verschlug einem regelrecht die Sprache. Wie sollte das überhaupt noch getoppt werden? Die wieder formierten WHITECROSS mit Ausnahmegitarrist Rex Carroll, der schon am Nachmittag eine imposante Bluesrock-Session zelebrierte, konnten den hohen musikalischen Level zumindest halten. Die Band konzentrierte sich sehr zur Freude der alten Fans auf Songs ihrer ersten vier Alben, wobei besonders positiv auffiel, dass die beiden Erstlingswerke in den Mittelpunkt gerückt wurden. Songs wie "Who Will You Follow" und "No Way I'm Goin' Down" wurden gnadenlos abgefeiert und so mancher der vor der Bühne Herumflippenden fühlte sich mindestens zwanzig Jahre jünger. Sänger Scott Wenzel, inzwischen ohne Lockenmähne und in Ehre ergraut, präsentierte sich immer noch gut bei Stimme, wenngleich die ganz hohen Passagen nicht so gelingen wollten, wie er sich das wohl gewünscht hätte. Dass er beim Herumspazieren auf der Bühne ein ums andere Mal über seine eigenen Füße fiel, mag daran gelegen haben, dass der Mann in den letzten Jahren recht selten auf einer solchen unterwegs war.
Anstelle eines zweifelsohne superben Drumsolos von Michael Feighan hätte ich mir allerdings noch einen Knaller wie "Attention Please" oder "Take It To The Limit" gewünscht. Rex' Solo-Potpourri aus "Nagasake" und "Flashpoint", welches er immer wieder mit Blues- und sleazigen Einlagen verfeinerte, war dennoch das I-Tüpfelchen einer durchweg beeindruckenden Reunion-Show. Scott machte deutlich, dass hier eine Band auf der Bühne steht, die nicht den Rock 'N Roll zur Religion erhebt, wohl aber durch ihre Musik Gott die Ehre gibt. "Thats Good Enough For Me" ist immer noch ein Rock'n Roll-Monster vor dem HErrn, womit die Musiker ihre Verbundenheit mit ihren musikalischen Wurzeln bekundeten. Obwohl WHITECROSS-Balladen in der Vergangenheit immer arg schwülstig gerieten, hat die Band mit "In The Kingdom" eine wahre Hymne erschaffen, die zum Abschluss eines famosen Gigs als Zugabe kredenzt und aus tausend Kehlen begeistert mitgesungen wurde - Gänsehaut-Feeling pur. Am Livemix gab es auch nichts Nennenswertes zu bemängeln, wenngleich der Gitarrenmonitor noch etwas mehr Volume verdient hätte. Wenn Scotti noch ein bisschen an seiner Kondition arbeitet, dann dürfte neuerlichen Triumphzügen der christlichen Heavyrock-Legende nichts mehr im Wege stehen. Welcome back, guys! (tk)
Setlist WHITECROSS
Who Will You Follow
Living On The Edge
Down
Drum Solo
We Know What's Right
Guitar Solo
Good Enough
You Will Find It There
No Way I'm Goin' Down
Enough Is Enough
---
In The Kingdom

Blindside
Also, ich weiß eigentlich nicht so recht, was Blindside bei diesem Festival verloren hatten. Eine Legende sind sie wahrlich nicht. OK, die ersten zwei, drei Platten, die Mitte der Neunziger erschienen, sind recht ordentlich gespielte Melodic Hardcore-Mucke, die auch von der säkularen Presse sehr wohlwollend aufgenommen worden ist. Danach hatte ich die Band aus den Augen verloren, Zwar weniger meine Baustelle, aber dem jüngeren Publikum hat es wohl gefallen und das ist ja die Hauptsache.

Bloodgood
Ist es wirklich schon über zwanzig Jahre her, als ich Bloodgood bei ihrem ersten Deutschlandauftritt bei der CRN 1987 erleben durfte? Nach 1993 (ihr letzter Auftritt hier in Deutschland) sind sie nun endlich wieder zurück - und nicht nur, dass sie an einer neuen Platte arbeiten, nein, Michael Bloodgood und Les Carlsen sehen kaum verändert aus, haben immer noch eine Menge Spaß bei der Sache und waren von den Publikumsreaktionen schier überwältigt. Kein Wunder bei der Songauswahl, die sie auffuhren. Viele Songs von ihrer zweiten CD "Detonation", "Eat The Flesh", "Holy Fire", "Crucify" und "Messiah" wurden in einem Rutsch durchgespielt und das Publikum war am Durchdrehen. Les Carlsen ist immer noch so gut wie früher bei Stimme, erinnerte mich des öfteren von seinem Aussehen und Auftreten an Biff von Saxon, Paul Jackson und Oz Fox lieferten sich herrliche Gitarrenduelle, so dass auch ein Song wie "S.O.S." live viel brachialer rüberkam als auf Platte. Es folgten noch Songs wie "Out Of The Darkness", "Seven", "Black Snake", die beiden Eröffnungssongs waren "Anguish & Pain" und "Heaven On Earth" und zum Abschluss gab es noch "Never Be The Same" und "All Stand Together". Für mich das Konzert des Jahres. Hätten sie noch "Demon On The Run", "Killing The Beast" und "Stand In The Light" gespielt, wäre es perfekt gewsen. Aber sie wollen ja baldmöglichst wiederkommen. Hoffentlich beim Metalfest. Ach ja, und der neue Song "Man In The Middle" machte auf jeden Fall neugierig auf die neue Scheibe. (dh)
Setlist Bloodgood:
1. Anguish & Pain
2. S.O.S.
3. Heaven On Earth
4. Out Of Love
5. Soon & Very Soon
6. Man In The Middle
7. Out Of The Darkness
8. Eat The Flesh
9. Holy Fire
10. Crucify
11. Messiah
12. Seven
13. Black Snake
14. Never Be The Same
15. All Stand Together

Fazit: Das LEGENDS OF ROCK 2008 bildete mit seiner hochkarätigen Besetzung und der einzigartigen Stimmung ganz klar den Festival-Höhepunkt dieses Jahres. Man fühlte sich zurückversetzt in längst vergessene Zeiten, als der klassische Rock 'N Roll und Heavy Metal durchs Haus Ennepetal donnerte. Ob es noch ein drittes LOR geben wird, dürfte fraglich sein. Getoppt werden kann dieses Billing sowieso nicht mehr. Für Musiker, Fans und Veranstalter ein denkwürdiger Abend! Ein besonderer Dank geht an Detlev und Martina Westermann für die Planung, Organisation und reibungslose Durchführung dieses famosen Events! (tk)



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