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Asp, Elis   02.11.2007   Leipzig, Werk II
von rls

Elis müssen leicht überpünktlich begonnen haben, denn als der Rezensent um 21.05 Uhr die Halle A des Werk II betritt (verbriefte Anstoßzeit war 21.00 Uhr), sind sie schon fleißig bei der Sache, und nach Auskunft eines vor ihm stehenden Pärchens spielen sie zu diesem Zeitpunkt schon knappe 10 Minuten - da justament der Schlußakkord eines Songs ertönt, dürfte das also wohl noch der erste oder der zweite gewesen sein. Bekanntlich hat die in Liechtenstein verwurzelte Band anno 2006 einen schweren Schlag hinnehmen müssen, als Sängerin Sabine Dünser während der Bandprobe eine Hirnblutung erlitt, an der sie kurze Zeit später verstarb. Das so gut wie fertiggestellte Album "Griefshire" kam dennoch auf den Markt, und nach ausgiebigen Beratungen entschied sich die Band, mit einer neuen Sängerin weiterzumachen und so auch Sabines Andenken zu bewahren. Die Richtigkeit dieser Entscheidung demonstriert auch dieser Supportgig, denn es wäre zweifellos schade gewesen, wenn hochkarätige Songs wie "Show Me The Way" (Titeltrack eines neuen Minialbums, das just am Konzerttag auf den Plattenmarkt kommt) oder "The Lost Souls" in der Schublade verstaubt oder nie geschrieben worden wären. Natürlich haben Elis ihr Genre Gothic Metal schon früher mit Sabine nicht revolutioniert, und sie werden es auch mit ihrer neuen Sängerin Sandra Schleret (die mancher sicher noch von Dreams Of Sanity kennt und die eigentlich auch bei Eyes Of Eden hätte singen sollen, dort aber aufgrund gesundheitlicher Probleme passen mußte, die sie aber wohl mittlerweile überwunden hat) nicht tun, aber das sollte niemanden stören, sofern die Songs klasse sind. Und gerade "The Lost Souls" hebt sich sehr positiv ab, nicht nur, weil er mit bisweilen recht hohem Tempo und entsprechendem Energiegehalt beweist, daß die Truppe "Metal" genauso groß schreibt wie "Gothic" - gerade die beiden Gitarristen leisten nicht nur in diesem Song sehr gute und traditionell angehauchte Arbeit, während der Bassist allein schon durch sein optisches Erscheinungsbild den Metaller per se verkörpert. Leider ist Sandras Frontmikro einen Tick zu leise eingestellt, was dazu führt, daß man bereits auf Mischpulthöhe (das steht im Werk II in der Hallenmitte) ihre Ansagen kaum noch versteht und sie sich auch gesangsseitig nur dann richtig gegen die Instrumentalisten durchsetzen kann, wenn sie in höheren Lagen agiert, während die Mittellagen weitgehend überlagert werden. Das soll neben der unerquicklichen Kürze des Sets (insgesamt nur reichlich 30 Minuten, und von denen hat der Rezensent ja auch noch die ersten 9,5 verpaßt) aber das einzige Manko eines sonst starken Supportgigs bleiben (der Gesamtsound ist nämlich recht gut und vor allem lautstärkeseitig durchaus im angenehmen, zwar noch Power vermittelnden, aber nicht überlauten Bereich, woran sich 95% der anderen Metal-Soundmenschen ein Beispiel nehmen sollten).
Die Soundverhältnisse bleiben auch bei Asp im grünen Bereich, lediglich gegen Setende hin und explizit in den Zugaben verfällt der Soundmensch in die alte Krankheit des Regler-Nach-Oben-Schiebens, wobei das Resultat in diesem Fall aber ebenfalls noch durchhörbar bleibt und nicht in akustischem Matsch endet. Daß es in Leipzig und der großräumigen Umgebung eine zahlenmäßig durchaus beträchtliche Gothic-Szene gibt, ist ja bekannt (das Wave Gotik Treffen lebt keinesfalls nur von den weiter Angereisten), aber daß Asp die große Halle des Werk II zwar nicht ganz ausverkaufen, aber doch so gut füllen können wie Lordi dreizehn Monate zuvor, das hatte der Rezensent doch nicht erwartet, zumal 23 Euro Ticketpreis auch nicht gerade wenig Schotter sind. So blieb als Frage noch, inwieweit der Besuch eines Asp-Livegigs überhaupt lohnend wäre, denn je weiter man in den elektronischen Bereich vordringt, umso stärker stellt sich die Sinnfrage angesichts des immer geringeren Anteils an tatsächlich live erzeugten Klängen. Nun sind Asp zwar deutlich elektronischer veranlagt als die konsequenten Traditionalisten Elis, aber es bleibt immer noch genug rockender Anteil übrig, der nach einer realen Liveumsetzung schreit - und das Ergebnis überzeugt denn auch. Asp haben gleichfalls einen sehr fähigen Gitarristen in der Besetzung (also keinen, der sein Instrument eine Woche zuvor im Lotto gewonnen hat, wie man bei manchen Stilkollegen mutmaßen könnte), in dessen Brust offensichtlich ein eher traditionelles Herz schlägt, denn wenn er mal solieren darf, dann tut er das in begeisternder altschuliger Hardrockmanier (daß irgendwann mal kurz ein Riff durchklingt, das bis auf die fehlenden nach unten gehenden Schlußtöne dem von Black Sabbaths "Children Of The Grave" gleicht, könnte möglicherweise kein Zufall gewesen sein). Zunächst sind allerdings seine Fähigkeiten als Akustikgitarrist gefragt, denn mit einem Akustikstück rahmen Asp ihren Hauptset ein, mit einem schönen und unprätentiösen noch dazu, das Sänger/Bandkopf Asp in pathetischer, aber nicht kitschiger Manier zu sanften Akustikakkorden vorträgt. "Unprätentiös" ist überhaupt ein gutes Stichwort, denn die Gothic Rocker verzichten außer einer abwechslungsreichen Lichtarbeit (der Lichtmensch muß übrigens beinharter Asp-Fan sein, er steht kaum eine Minute hinter seinem Pult ruhig, sondern bangt, pogt, wiegt sich, reckt die Faust empor und vollführt noch andere Gesten der Begeisterung) auf weitere außermusikalische Zusätze, und trotz des nicht zu verkennenden Pathos im Gesang (das phasenweise auch seinen Niederschlag in den Texten findet) fallen Asps Ansagen durch äußerste Bescheidenheit auf und werden bisweilen auch noch mit trockenem Humor gewürzt ("'Ich will brennen' dürfen wir eigentlich gar nicht spielen. Wir als Musiker müssen doch auch von was leben ..."). Der Gesang selbst bleibt über weite Strecken im klaren Bereich, aber auch hier werden bisweilen Variationen mit rauheren, oft kreischenden Artikulationen eingebastelt, ferner auch noch Sprachwechsel, wobei auffällt, daß die größeren Hits der Band, die sich im hinteren Setbereich konzentrieren, weitgehend in deutsch gesungen werden. Trotzdem kommt schon im ersten Setteil über weite Strecken fröhliche Partystimmung im Publikum auf (also nix da mit gotischem Trauerkloßgenöle), wobei Asp ein Kunststück fertigbringen, das dem von Manowar auf ihren 1994er und 1998er Touren gleicht: Sie setzen an die dritte Setposition (nach Quasi-Intro und Opener) einen schleppend-getragenen Song, dessen Mitgehfaktor eher überschaubar ausfällt - und trotzdem brechen die Publikumsreaktionen nicht ein. Zwar ist die generelle Spielspontanität zwangsweise etwas eingeschränkt, da die kompletten Keyboards und auch ein Teil der Beats vom Band kommen, aber das tut dem Ganzen keinen Abbruch. Da stört schon eher die etwas artenarm ausgefallene Keyboardlandschaft, die in etlichen Songs von der Monokultur eines dancefloortypisch-fiepsigen Sounds geprägt wird. Aber dagegen setzen Asp einerseits eine gute Tanzbarkeit vieler Stücke, andererseits aber auch ein gutes Händchen für nicht so ganz stromlinienförmige Arrangements, wenngleich manche Ideen durchaus noch hätten weitergedacht werden dürfen (mehrere, teils ausgedehnte Introparts etwa erinnern an beste Zeiten von My Dying Bride - soll heißen, an "The Angel And The Dark River" -, was man durchaus noch hätte ausbauen können, während die vokalen mehrstimmigen Anklänge an mittelalterliches Liedgut, die mitunter gar Parallelen zu In Extremo ins Hirn des Hörers zaubern, durchaus geschickt eingeflochten worden sind). Aber man kann nicht alles haben, und die gesteigerte Hitdichte im zweiten Setteil und in den insgesamt vier Zugaben macht - abgesehen von der erwähnten Keyboardmonotonie - auch was her. "Ich will brennen" gibt's als dritten Zugabesong dann natürlich doch noch, nachdem zuvor mit "Finger weg!" ein weiteres Exempel für den skurrilen Humor der Band erklungen ist - zu diesem Song hat man nämlich Girlieshirts drucken lassen, auf denen exakt in Brusthöhe der Songtitel prangt, und es befinden sich tatsächlich einige Trägerinnen dieses Shirtmotivs im Publikum (auch einige, bei denen diese Warnung nicht unbedingt nötig gewesen wäre :-)). Neben diesen beiden Songs erzielen im Hauptset "Morgenrot" und "Der schwarze Schmetterling" die enthusiastischsten Reaktionen, aber generell verbreitet das Publikum die kompletten mehr als anderthalb Stunden gute Laune (was wie gesagt nicht unbedingt genretypisch ist) und verläßt schließlich zufrieden die Halle.



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