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In Extremo, Krieger   17.12.2006   München, Zenith
von UG, Cornelius Wirth und Marcel Angerhausen

Mittelalter strikes back. 10 Jahre ist es mittlerweile her, dass In Extremo auf den Beinen und Bühnen dieser Welt steht. Und solch ein Jubiläum muss gefeiert werden. An jenem regnerischen und trüben Winterabend sammelten sich geschätzte 2500 Pilger im Zenith in München. Unter ihnen Rocker, Gothics, Metaller, dem Mittelalter frönende und noch einige mehr, auf alle Fälle alle, die irgendwie Gefallen an frischer Musik und unkonventioneller Instrumentierung hatten. Und auch das Alter der anwesenden Damen und Herren deckte von zwölf (darf man da schon rein?) bis 60 alle ab.
Pünktlich 20 Uhr fielen dann die Krieger auf uns ein. Und zwar druckvoll und Energie geladen. Krieger haben sich in der Szene einen Namen gemacht und dementsprechend viele Fans dabei gehabt. Diese feierten ihre Band schon frenetisch ab dem ersten Ton. Wer sagt da, dass handgemachte Musik aus deutschen Landen mit sehr bewegenden und tief greifenden Texten keine Chance hat?! Vielleicht sollten die Radiomoderatoren einfach mal dem ganzen ertragsgesteigerten gecasteten Müll absagen und Bands wie Krieger eine Chance geben.

Krieger
Musikalisch lassen sich die vier Jungs in keine Schublade stecken, zusammenfassend würde ich ihren Stil als Deutsch-Power-Crossover-Rock-mit-Jazz-und-Blues-Elementen titulieren. Der zweite Gitarrist wechselte ab und an zum Keyboard über und die zweite Stimme (elektronisch in den Sopran geschraubt) harmonierte gut mit dem Hauptgesang. Bei "Heimat" waren dann auch die letzten Reihen gefüllt und die Lichtshow mittels aller Farben und den Scannern unterstützte perfekt "Es brennt so schön". Ob die Songtitel so passen, vermag ich nicht zu sagen, da Krieger gerade erst an ihrem Debüt-Album werkelt. Da ich Stress mit der Security bekam, lasse ich hier mal Marcel weiter schreiben. (Ulf)
Schade, dass Ulf die Halle für kurze Zeit verlassen musste. Als alter Hase in Sachen Schlagzeug hätte ihm das kurze Solostück von Johannes Baumgärtel sicher gefallen. Bei den insgesamt 7 Titeln, mit denen uns die Krieger beehrten, hatte aber jeder der 4 Jungs die Gelegenheit zu zeigen was er kann. Im 3. Titel glaubte die Frau zu Hause noch an den Frontmann Thomas Baumgärtel. Dieser Song kam mit etwas getragenerem Tempo als die anderen Titel, hat mir neben meinem persönlichen Lieblingslied "Heimat" aber am besten gefallen.
Doch schon nach einer kurzen Trinkpause zogen wir mit Bassist Rajko Gohlke und 2. Gitarrist André Toth als musikalische Infanterieunterstützung wieder in den Krieg. Die Halle bebte, und spätestens jetzt war fast jeder mit dabei. Die "mitgebrachten" Fans, die sowieso so schon aus vollen Halse die Texte der Krieger in die Halle grölten, wurden nun auch von Mitstreitern unterstützt, die die vier Jungs vorher noch nicht gesehen hatten. Vor allem die zahlreich erschienenen Onkelzfans konnten sich augen- und ohrenscheinlich ziemlich schnell mit den Texten der Krieger identifizieren und brachten ihre Darbietungen auf das "Schlachtfeld" mit ein.

Krieger
Nach 7 kurzweiligen Titeln war dann leider auch schon Schluss, und die siegreichen Krieger verabschiedeten sich wieder, um die Bühne für den eigentlichen Hauptact freizumachen.
Abschließend kann ich sagen, dass mir Krieger sehr gut gefallen haben. Das Debütalbum, an dem die Jungs momentan arbeiten, wird auf jeden Fall seinen Platz in meinem Plattenregal finden. Metal- und Rockfans, die noch nie etwas von Krieger gehört haben, sollten auf jeden Fall mal die Homepage der Jungs www.krieger-musik.de aufsuchen und in die Titel rein hören. Es lohnt sich definitiv! (Marcel)

Nach einem etwas andauernden Umbau kamen dann In Extremo über die "Gangway", eine Art Laufsteg, der zu den Bandumkleiden führt - eine Eigenheit der Zenithhalle. Während das Publikum noch jubelte, verschwand die Band aber schon wieder hinter dem schwarzen Vorhang. Dann Warten. Nichts passierte. Dreimal versuchte das Publikum die Band auf die Bühne zu rufen. Die Stimmung stieg, die Spannung auch. Das Licht ging aus, Donnergrollen, eine Gestalt in schwarzer Kutte stand plötzlich alleine in der Mitte der Bühne vor dem schwarzen Vorhang. Während das Licht auf der Bühne etwas heller wurde, erkannte man die Gestalt: Es war Sänger und Frontmann Das letzte Einhorn. Er stimmte das Lied "Spielmann" vom aktuellen Studioalbum "Mein rasend Herz" an. Rein akustische Begleitung, dann fiel der Vorhang mit einem lauten Knall und das angestimmte Lied ging in bekannter Weise weiter: schneller, härter und mit der vollen instrumentalen Besetzung, wie sie man von In Extremo her kennt. Nach diesem ersten Lied folgte gleich der Ohrwurm "Nur ihr allein" und die sehr gut gefüllte Halle tobte.

Blick in die Halle
Im Anschluss wurde das Münchner Publikum begrüßt und die Presse auf die Bühne gebeten, was sich unser Fotograf und Mitrezensent Ulf natürlich nicht nehmen ließ. Er wurde dann zuletzt noch von Micha alias Das letzte Einhorn persönlich per Handschlag verabschiedet, cooler Auftritt!
Nach 2 weiteren Liedern, und nachdem sich der Sänger nun von seiner Oberbekleidung befreit hatte, wurden bei "Horizont" das erste Mal die Pyros gezündet, sehr effektvoll, aber es sollte noch besser werden. Bei "Erdbeermund" wurde es dann richtig heiß, dafür sorgten nicht zuletzt vier Flammenwerfer :-)
Dann wurde ein neues Lied gespielt: "Kein Sturm hält uns auf", unter anderem auf dem neuen Best-Of-Album zu hören. Ganz im Bandstil mit zügigen Rhythmen und reichlich Dudelsack und E-Gitarre fand das neue Werk der Band schnell Gefallen beim Publikum, auch bei mir! Dann folgte ein alter Bekannter: Bei "Wind" wurden dann mal reichlich Pyroeffekte verschossen. Nach dieser Effektshow verlieh Das letzte Einhorn sein Mikro kurzzeitig an einen "Weihnachtsmann" aus dem Publikum, der dann ein Ständchen von sich gab. Meinen Respekt! Nach "Singapur" folgte dann der Klassiker "Spielmannsfluch" mit dem Großen Knall beim "Marmorsaal" und das Publikum war voll dabei!
Nach der flammenwerferunterstützten Einlage des Dauerbrenners "Omnia Sol Temperat" brachte das Publikum dem Lichttechniker der Band ein Geburtstagsständchen.
Schließlich wurde es ein wenig ruhiger und man spielte "Alte Liebe", welches ebenfalls als Liedneuling auf der Best-Of-CD zu hören ist. Die Ballade beginnt sehr instrumental und wird erst beim Refrain ein wenig schwermetallischer. Insgesamt das, was man sich bei dieser Band unter diesem Liedtitel vorstellt. Dafür krachte es in jeglicher Hinsicht wieder bei dem folgenden "Vollmond" und für "Raue See" wurden dann die Segel auf der "Schiffsbühne" gesetzt.

The House Of Blue Light
Das letzte Lied sollte dann "Liam" sein, für mich hätte es kein schöneres Ende geben können. Aber In Extremo wären nicht In Extremo, wenn sie nicht an eine Zugabe gedacht hätten! So kamen dann noch 3 Lieder dazu, zusammen mit den Zugabepyros und einem brennenden Schlagzeug [Gitarre zerschlagen war gestern ;-)]. Dann war aber wirklich Schluss. Die Band wurde noch auf der Gangway verabschiedet, bevor sie in der Umkleide verschwand.
Was mich angeht, ein sehr gelungenes Konzert mit einer wirklich beeindruckenden Bühnenshow. Und auch das Publikum wurde mit einbezogen. Ich denke, die volle Halle und die vielen erhobenen Hände sprechen für sich! (Cornelius)

Nachdem alle Unklarheiten mit der Security beredet wurden, durfte auch ich wieder am "Kriegsspiel" teilhaben. Dies war leider nach nur 30 Minuten schon beendet. Die vom Publikum gewünschte Zugabe musste aus Zeitgründen leider ausfallen, denn es galt die Bühne umzubauen für den Mainact des Abends. Normalerweise fotografiert man die Band ja aus dem Graben heraus und begibt sich hernach wieder zurück ins Publikum. Diesmal sollte es anders kommen: Micha bat uns Pressefotografen spontan auf die Bühne, denn wir sollten uns auch mal von da oben im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild machen. Leider darf ich mir nun nicht mehr die rechte Hand waschen, weil ich sie beim Letzten Einhorn vor Verlassen der Bühne noch einschlagen durfte. Diese Aktion wird mir unvergessen bleiben!

Der Verursacher des Anti-Wasch-Zwangs: Das Letzte Einhorn
Gerade bei solchen kleinen Einlagen hier (oder die bereits beschriebenen Lieder "Happy Birthday" und jenes des Mannes mit der roten Kopfbedeckung) sieht man aber auch, dass der freundliche Umgang mit den Fans den Erfolg für In Extremo brachten. Sie gehören nicht zu den gecasteten Bands, sondern ziehen ihr Ding durch und dazu gehört, dass sie mit beiden Beinen im Leben stehen und nicht in andere Sphären abgehoben sind. Und das Publikum belohnte das mit heftigem Applaus, Abrocken und auswendig gelernten Texten. Das zog sich von den älteren Erfolgsstücken "Erdbeermund" oder "Küss mich" (von 7) bis zum asiatisch instrumentierten "Singapur", dem Seemannslied "Raue See" oder dem gleichnamigen Titelsong aus der aktuellen CD "Mein rasend Herz" hin. Weiterhin gehörten auch die ruhigeren balladenartigen Titel "Liam" oder der neue Song "Alte Liebe" (Dudelsack und Harfe bildeten den Bordun, textlich geht es um Nachtrauern um eine verflossene Liebe) zum Repertoire. Warum sich bei dieser Kuschelatmosphäre kein weibliches Wesen in meinen Armen wieder fand, lag bestimmt nur an der überwältigen Licht- und Pyro-Show, denn kuscheln kann man auch woanders ...

Die Friedenspfeife
Der Vorteil des Zeniths: eine riesige Bühne, welche auch ausgiebig von unserem Sänger und den Bagpipern (und Schalmeien) zum Schau-Laufen und Demonstration der edlen Gewänder genutzt wurde. Und selbst der Morgenstern enttäuschte mich nicht, auch er zerlegte standesgemäß (bei von mir bisher besuchten Gigs) sein mit Kalbshäuten bespanntes Instrumentarium.

Hier ist das Drumkit noch ganz ...
Die Melodieführung bei "Kein Sturm hält uns auf" wurde natürlich von den Dudelsäcken übernommen. Die Saitenfraktion (Van Lange) wechselte zwischen heftig groovenden Riffs und Solospiel und das über dem Drum angebrachte Kreuz wurde auch hier mittels brennbarer Flüssigkeiten optisch hervorgebracht. Eigenbewegung und die Feuerbälle brachten dann bei "Omnia Sol Temperat" auch den letzten Gast zum Schwitzen.
Drei Zugaben sowie Weihnachts- und Neujahrswünsche beendeten den fast zweieinhalbstündigen Auftritt von In Extremo. Wer für 2007 noch nichts vorhat, kann das erhaltene Weihnachtsgeld sinnvoll anlegen, sei es "Live" oder zur Vervollständigung der Silberscheibchensammlung. Das gilt nicht nur für In Extremo, sondern auch für Krieger! (Ulf)

Setlist In Extremo:
Spielmann - Liveversion inkl. Intro
Nur ihr allein
Macht und Dummheit
N. N.
Horizont
N. N.
Erdbeermund
Kein Sturm hält uns auf
Wind
spontanes "Weihnachtslied" eines Fans
Singapur
Spielmannsfluch
Ave Maria
Omnia Sol Temperat
Happy Birthday für Lichtmensch
N. N.
Küss mich
Alte Liebe
Vollmund
Raue See
Mein rasend Herz
Liam
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Poc Vocem
Rotes Haar
Villeman og Magnhild

Fotos: Ulf Glier



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