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Lordi, The Dogma   01.10.2006   Leipzig, Werk II
von rls

Klassischer Hardrock hat's schwer in Leipzig, aber wenn eine Truppe wie Lordi anrückt, kriecht auch die alte Rockfangarde mal wieder aus den Löchern, ergänzt noch durch diverse allgemein Musikinteressierte, aber nicht zwingend Hardrock Hörende, die nach dem Sieg beim Eurovision Song Contest auf die Band aufmerksam geworden sind und einfach mal wissen wollen, was denn hinter dieser Truppe so steckt. Letztgenannte Fraktion bekommt mit den eröffnenden Italienern The Dogma gleich einen recht harten Brocken fortgesetzt, denn diese siedeln im Power Metal-Lager, wenngleich in dessen zugänglicherer Parzelle, und diese Zugänglichkeit verschafft dem Quintett dann scheinbar auch einen Auftritt nach Maß. Die nahezu vollbesetzte Halle A im Werk II frißt Sänger Daniele jedenfalls aus der Hand und jubelt selbst bei komplizierteren Tracks wie dem den vorherrschenden Speed häufig unterbrechenden "Queen Of The Damned", als hätte man den Leuten soeben verkündet, daß sie alle einen Sechser im Lotto verbuchen könnten. So eine Stimmung bei einer Supportband hat der Rezensent bisher nur sehr selten erlebt, noch dazu bei einer, für die das die erste größere Tour überhaupt ist. Gerade Daniele führt derart professionell durch den Set (mit Links-Rechts-Mitsingspielchen und allem Drum und Dran), als ob er das schon seit Jahrzehnten machen würde, und da von den Anwesenden maximal ein Prozent mit dem Material des Debütalbums "Black Roses" vertraut gewesen sein dürfte, fällt der breiten Masse auch nicht auf, daß der Sänger einige Gesangslinien eine Oktave nach unten legen muß, da er seine Stimme während der Tour überanstrengt hatte und zwei Tage zuvor gar mit Cortison behandelt werden mußte. Für den angeschlagenen Zustand macht er seine Sache jedenfalls exzellent, und wenn man dann auch noch starke Songs wie "Black Roses" (live wie auch auf Platte einen wirkungsvollen Opener abgebend - was für ein Refrain!) oder das etwas HIM mit einspritzende "... And Julie No More" in der Hinterhand hat, kann man eigentlich nicht mehr viel falsch machen. Zu schade, daß es der Soundmensch etwas zu gut mit dem neuen Bassisten der Band gemeint hat und dafür sowohl die Gitarren- als auch die Keyboardleads zu weit in den Hintergrund stellt, denn so sieht man die beiden Bediener dieser Instrumente zwar ekstatisch spielen (der Keyboarder hat seine Tastatur auch noch nach vorne geklappt, wie es beispielsweise auch bei Janne von Children Of Bodom Standard ist, so daß man seine flinken Finger bewundern kann), aber man hört davon nur herzlich wenig. Zugabeforderungen nach den sieben Songs können leider nicht erfüllt werden, nichtsdestotrotz haben sich The Dogma außer der Begleiterin des Rezensenten sicher noch etliche weitere neue Fans erspielt.
Die Zuschauerdichte in der vorderen Hälfte der Halle nimmt bei Lordi noch ein gutes Stück zu, was den Sauerstoffgehalt senkt, die Temperatur erhöht und im Laufe des Sets den einen oder anderen Besucher in luftigere Gefilde des hinteren Hallenbereichs ausweichen läßt, wo sich skurrilerweise herausstellt, daß dort der Sound besser ist als unmittelbar vor dem Mischpult. Währenddessen knallt und funkt es auf der Bühne fast permanent - Lordi fahren eine klassische Achtziger-Rockshow auf, wobei sie es im Gegensatz zur Meinung des einen oder anderen Rezensentenkollegen, etwa desjenigen von der Leipziger Volkszeitung, nicht nötig haben, etwa mit den Effekten musikalische Mängel zu kaschieren; daß die zweite Zugabe "Would You Love A Monsterman?", anno 2002 die erste Singleauskopplung des Debütalbums "Get Heavy" gewesen, sogar einer der schwächeren, da vom Riffing her einfallsloseren Tracks des Sets ist, sollte bezüglich der songwriterischen Qualitäten der Finnen durchaus Bände sprechen. Den Unterhaltungswert der Show erhöht das Quintett auch noch, indem man die üblichen Solospots von Drummer und Gitarrist zusammenlegt und diese beiden dann der Reihe nach die Eröffnungsriffs bzw. -passagen von Rockklassikern spielen, wobei das Spektrum von Mötley Crüe über AC/DC und (natürlich) Kiss (von denen es schon als Intro "God Of Thunder" gegeben hatte - Mr. Lordi kennt man schließlich auch als Präsident des finnischen Zweigs der Kiss Army) bis hin zu Deep Purple reicht. Die Stringenz dieser Idee bzw. ihrer Umsetzung können Lordi in der gesamten Bühnenshow leider nicht durchgehend bieten, denn eine Durchchoreographierung wie anno dunnemals bei Alice Cooper erkennt man hier zumindest auf den ersten Blick nicht, statt dessen vielmehr eine Ansammlung von fallweise durchaus hinterfragungswürdigen Einzeleffekten; zudem sorgen offensichtlich kleine technische Probleme für Lücken zwischen den Songs, die nicht gefüllt werden und die Stimmung so ein wenig abflauen lassen. Der Bassist bemüht sich zwar im Laufe des Sets, die eine oder andere Füllung von sich zu geben, vergißt aber dabei, den Stimmverzerrer auszuschalten, so daß man zwar eine finstere Monsterstimme vernehmen kann, aber nicht zur Decodierung fähig ist, was diese dem Publikum denn mitteilen will. Positiv ins Gewicht fallen hingegen die exakt auf den Punkt gesungenen Backings von Bassist und Keyboarderin, welche die wenig komplizierten, aber gut arrangierten Songs aufwerten, so daß man sowohl die Feinheiten herauszuhören versuchen als auch einfach nur eine Rockparty feiern kann, wobei erstgenannter Versuch in verschiedenen Hallenbereichen wie erwähnt mit unterschiedlichen soundlichen Schwierigkeiten belastet ist und es auch in diesem Fall unerklärlich bleibt, warum der Soundmensch nach ungefähr dem ersten Songdrittel den Pegel unvorteilhaft nach oben dreht und damit für eine Verunklärung sorgt (aber das predigt der Rezensent ja schon seit Jahren, daß Lautstärke auf Rockkonzerten nicht alles ist - immer wieder auf taube Ohren stoßend ...). Den insgesamt unterhaltsamen Charakter des Gigs kann allerdings auch dieses Faktum nicht beeinträchtigen, und so fällt nicht mal das Fehlen von "Supermonsters" in der Setlist (zumindest in der Zeit, in der die Aufmerksamkeit des Rezensenten nicht durch notwendige Hilfsmaßnahmen in Anspruch genommen ist) negativ ins Gewicht, und als dann als letzte Zugabe auch noch das vom Contest her nun wirklich allgemein bekannte "Hard Rock Hallelujah" angestimmt wird, dürfte endgültig dafür gesorgt gewesen sein, daß außer dem LVZ-Rezensentenkollegen kaum jemand die Halle unglücklich verläßt, obwohl im Direktvergleich The Dogma sogar als stärkere von zwei guten Bands von den Brettern gehen.



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