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5 Jahre Whirlwind Records   19.10.2007   Chemnitz, Subway To Peter
von rls

Seit 2002 versorgen die Erzgebirgsnordrandstufenbewohner von Whirlwind Records den geneigten Anhänger mit metallischer und artverwandter Musik des christlich sozialisierten Spektrums (wobei mit Bands wie Saphena oder Kashee Opeiah die lokale Szene abgebildet wird, mit Lengsel oder Kekal aber auch internationale Vertreter Einzug gehalten haben), und neben den eigenen Produktionen führen sie unter www.whirlwind-records.de auch einen sehr gut sortierten Onlineshop, wo man beispielsweise fast den kompletten christlichen Death- und Black Metal-Underground Brasiliens aufstöbern kann - zu beiden Komponenten findet der geneigte Leser einen Stapel Rezensionen bei CrossOver. Klarer Fall also, daß das fünfjährige Bestehen von Whirlwind Records in Anwesenheit zweier CrossOver-Schreiberlinge gefeiert werden mußte (wobei der eine sich berichterstattungstechnisch aufgrund von Befangenheit zurückhält, denn Kollege Christoph ist zugleich Vorsitzender des Whirlwind e.V.), und zu diesem Zweck luden die Wirbelwindler in einen niedlichen Chemnitzer Kellerclub namens Subway To Peter ein, wo auch schon diverse Whirlwind-Bands Gigs gespielt haben. Die ursprünglich vorgesehenen Thumbraiser mußten aufgrund eines Terminproblems passen, und so verfrachtete man kurzerhand Cottonbomb und Pinky And The Brains auf die Bühne (die strenggenommen physisch gar nicht vorhanden ist - Band und Publikum begegnen sich also auf Augenhöhe, wie das beispielsweise auch im ähnlich kultigen Bergkeller in Reichenbach der Fall ist).
Was soll man zu Cottonbomb nun groß schreiben? Wesentlich verändert haben sie sich in den letzten Jahren nicht, wenngleich gewisse Lavierungen innerhalb des selbstdefinierten Bluescore-Stils natürlich immer mal wieder vorkommen - so scheint man sich vom experimentell-relaxten Stil des Zweitwerks "Don't Worry Little Baby" wieder ein wenig gelöst zu haben, ohne aber auch zur Massivität des Debüts "Mississippi Coma" zurückgekehrt zu sein. Unter den akustischen Bedingungen des Subway (aufgrund der räumlichen Direktheit viel Drums im Sound, eher reglereinstellungsbedingt aber auch erstaunlich viel Keyboards, dazu mäßig viel Gitarre und Baß, wenig Gesang) ließ sich die eingeschlagene Marschrichtung natürlich nur diffus erahnen (mit dem typischen drückenden Baß hätte das eine oder andere Lied vermutlich deutlich andersartige Vermutungen aufkommen lassen), wenngleich das Klangbild insgesamt als durchaus annehmbar bezeichnet werden kann. Tastenmann Steffen ist mittlerweile fest in die Band integriert und holte reihenweise herrlich antiquierte Hammondsounds aus seinem Instrument (das wie immer dreh- und sonstig bewegbar gelagert war, wovon der Tastenakrobat selbst unter den beengten Platzverhältnissen reichlich Gebrauch machte), wobei sich auf die Dauer allerdings ein gewisses Gefühl der Monotonie einstellte, dem durch eine geringfügige Erhöhung der Klangfarbenvariabilität Abhilfe zu schaffen wäre. Der Rest der Band machte das, was er immer machte (außer in "Short Story 'Bout Women", das erst nach mehreren Versuchen gelang), und erzeugte damit immerhin einen Zweimannmoshpit vor der nicht vorhandenen Bühne (bei mehr als fünf moshenden Menschen kommt dort allerdings schon die Gefahr der Klaustrophobie auf, muß zur Relativierung dazugesagt werden), während die schönste Frau des Abends (grauer, innen gestreifter Kapuzenpulli, blaue Jeans, schwarzer Gürtel, braune Haare mit klassischem Knoten im Nacken, fröhliches Gesicht) schon in Reihe vier auf einen Stuhl steigen mußte, um noch etwas zu sehen. Aufgrund des sehr leise eingestellten Frontmikros verstand man leider kaum etwas von Martins Ansagen, deren Grenzwertigkeit aber phasenweise nicht zu verkennen war, etwa als er bei der Vorstellung der Band komplett neue Namen vergab. Wer den Gig dieses Abends verpaßt hat, bekommt am 1.12.2007 Gelegenheit, das Versäumte nachzuholen - dann spielen Cottonbomb nämlich die "Platten Erschein Party" (bei konsequenter Eindeutschung hätte das allerdings "Platten Erschein Feier" heißen müssen) zu ihrem dritten Album im Chemnitzer Atomino.
Setlist (periodisch mit Kurztiteln):
Fly
Blind Guide
River
Blackman
4 o'clock
What Will Remain
Short Story 'Bout Women
1967
Metallblues
Mind
Boogie
----
Watch Out
Fire
Nach ausgiebiger Pause betraten dann Pinky And The Brains die nicht vorhandene Bühne und überraschten Nichteingeweihte erstmal mit ihrer weitgehenden personellen Identität zu Cottonbomb. Lediglich Tastenmann Steffen war nicht mehr dabei, Carsten spielte anstelle eines E-Baß jetzt einen Kontrabaß, und Martin wechselte vom Gesangsmikro zur zweiten Gitarre. Sollte jemand die Sinnhaftigkeit einer Zweitband in derart ähnlicher Besetzung angezweifelt haben, so wurde er schnell eines Besseren belehrt, denn Pinky And The Brains fuhren einen komplett anderen Sound, den sie selbst mit "Erotic Surf" umschreiben. Gut, über den Erotikfaktor soll hier nicht philosophiert werden (der Rezensent leidet gerade an einer Schreibblockade, wie er einen geschickten Hinweis auf die oben erwähnte Frau unterbringt, der die Musik scheinbar durchaus zusagte), aber der Surfhinweis zeigte schon in die richtige Richtung: Das Quartett grub alle möglichen und unmöglichen Songs aller möglicher und unmöglicher Stilrichtungen aus und interpretierte sie in einem zumeist locker-flockigen, nur bisweilen etwas angemelancholten klassischen Sixties-Surfbeat-Sound. Das Spektrum reichte dabei von Filmmusiken alter Winnetou-Schinken über Classics wie "FBI" bis hin zum unverwüstlich dahingaloppierenden "Ghost Rider" von Johnny Cash; selbst vor "Hava Nagila" macht man prinzipiell nicht halt, wenngleich dieses Stück an diesem Abend zwar auf der Setlist stand, aber letztlich ob der bereits vorgerückten Stunde nicht gespielt wurde. Wie eingangs erwähnt blieb das Gesangsmikrofon unbesetzt, so daß die kompletten Melodien von der Leadgitarre übernommen wurden; in diese Aufgabe teilten sich Martin und der etatmäßige Cottonbomb-Gitarrist Mario hinein. Der sehr saubere Sound ermöglichte ein problemloses Nachvollziehen der musikalischen Strukturen, und vor der nicht vorhandenen Bühne bildete sich diesmal ein Einmannmoshpit heraus. Durchaus unterhaltsam war dieser Gig, sowohl zum andächtigen Lauschen als auch (theoretisch) zum wilden Fruchtbarkeitstanz als auch als angenehme Hintergrundbeschallung tauglich - und so eine Universalität muß man erstmal hinbekommen. Auf Zugabeforderungen verzichtete das Publikum ob der bereits angebrochenen dritten Stunde des Tages, was aber keine Geringschätzung des Gigs hatte bedeuten sollen - im Gegenteil: Die Aufmerksamkeit großer Teile der Anwesenden richtete sich so intensiv auf die Band, daß von der nach Song 1 zum Verzehr freigegebenen Whirlwind-Geburtstagstorte nach Setende immer noch die Hälfte vorhanden war (auch die mehrfach erwähnte Frau und der Rezensent begnügten sich bescheidenerweise mit je einem Stück). Aber das wird bei den traditionell hungrigen Musikern und Roadies sicher nicht so geblieben sein ...
Setlist (periodisch mit Kurz- und Arbeitstiteln):
Apache
Cantalouge Island
Etage 8
La Conga
Well You
Wipe Out
Ghost Rider
Storm
Autumn
Godfather
Surf Pflaster 5
FBI
Peter Gun
Pinky



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