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SceneS, Circuit Vision   05.05.2007   Frankenthal, Blackstage / Champs
von gl

Die Haare wie in der Kultserie 'U.F.O.': Gastsängerin Anna  Überzeugte stimmlich auf ganzer Linie: Nektarios
Einen Konzertort erstmals zu besuchen, ist immer spannend. Das Blackstage ist ein einladend ausgebauter Kellerraum der American Sports-Bar Champs im pfälzischen Frankenthal. (Tatsächlich "Backstage" ist übrigens die Kegelbahn nebenan ...) Und der Verantwortliche, "Metal-Willi", ist die Garantie für gelungene Veranstaltungen: Wirt, Booker, DJ, Fotograf, Lichtmensch während des Konzerts und Bierflaschenöffner für die Musiker ist er alles in Personalunion. Und selbst einer der größten Fans "unserer" Musik, was man an der edlen Song-Auswahl vorm Konzert (Symphony X, Kamelot, Balance Of Power) schon erahnen konnte, ist dieses Original der Prototyp eines optimalen Veranstalters - auch wenn es heute sicher nicht allzu viel zu verdienen gab. Im Club anwesend ca. 50 Nasen, davon die Hälfte im Bandgefolge aus Ludwigsburg bzw. Fellbach. Doch Willi stellte sicher, dass die wenigen, die da waren, eine gute Zeit hatten.

Gesang mal 2 von Circuit Vision  Nektarios Bamiatzis und (Gast?-)Sängerin Anna Wittenbrink von CIRCUIT VISION
Den Hauptanteil daran hatten aber natürlich die beiden Bands, und da war zunächst das - wenn ich richtig recherchiert habe - zweite Konzert von CIRCUIT VISION angesagt. Es ist die neue Band von Sänger Nektarios, der an der Sendung "Deutschland sucht den Superstar" teilgenommen hat. Dem kann man mit Skepsis begegnen (aber auch nur, wenn man die SCENES-CD nicht kennt!), doch ihn deswegen von vorneherein abzulehnen, wäre grundverkehrt. Um es ganz klar zu sagen, Nektarios hat heute abend (für den Verfasser) ganz klar gezeigt, dass er nicht nur ein Rocker ist, sondern ein Metalhead. Er geht den steinigen Weg und hat keineswegs leicht eingängiges Material am Start, sondern vertrackt-breakige lange Songs, die getragen werden von seiner faszinierenden Stimme. Für eine grobe Richtungsandeutung höre man sich das von ihm gesungene siebeneinhalbminütige Hammerstück "Save The Light" auf der SCENES-CD an. Er hat eine äußerst kompetente Band aufgestellt, die in der Lage sein wird, im Laufe diesen Jahres noch für positive Überraschungen zu sorgen, sei es nun durch Konzerte in größerem Rahmen oder durch eine CD-Veröffentlichung. (Momentan gibt's noch nicht mal ein Demo, nur drei Songfragmente auf http://www.circuit-vision.com) Ihm zur Seite steht übrigens Bassist Jan Ebert, kurioserweise ebenfalls ein ehemaliges SCENES-Mitglied. Und eine als "Support-Sängerin" vorgestellte Anna, die jedoch laut Homepage kein Bandmitglied ist. Sie war sehr sexy und sorgte klanglich für Ergänzung im Sound, doch wirkte sie unsicher und gehemmt auf der Bühne neben dem 2 Köpfe größeren Neki, was auch etwas ulkig aussah, aber natürlich nicht als Kritik angesehen werden soll, denn für die Körpergröße kann ja niemand was und für jeden gibt es ein erstes Mal on stage.

Wenn SceneS (Lass mich bitte wenigstes einmal den Bandnamen so schreiben, Roland!) (Wie wär's mit zweimal - siehe Headline? - Anm. rls) sich als Vorgruppe eine Band mit zwei ehemaligen Mitgliedern mitnehmen zu ihrem übrigens bereits dritten Konzert in Frankenthal, dann deutet das schon an, dass im Camp der Schwaben solche Geistesgifte wie Neid oder Missgunst unbekannt sind. Im Gegenteil, man überhäufte sich heute abend beiderseits geradezu mit Dank, Lob und guten Wünschen. Nektarios bekräftigte, wie sehr er sich freute, dass die Band nach seinem Abgang Alex gefunden hatte. Und wie wichtig Gitarrist Chris Lorey das Ganze nimmt, zeigt sich schon daran, dass er mit gleich VIER Gitarren anreist, unglaublich. (Man erinnere sich an ein Konzert mit Weltklasse-Gitarrist ULI JOHN ROTH; der hat lediglich seine Sky Guitar dabei, wenn da mal 'ne Saite reißt, müssen die anderen improvisieren.)

Alex Koch, die Stimme von SceneS  Die Saitenfraktion von SceneS: Hannes Farrenkopf und Chris Lorey
Begonnen wurde wie auf dem Album "Call Us At A Number You Provide" mit dem Song "So Father" und der ist ja mit 5 Minuten noch einer der kürzesten Songs. Sänger Alex Koch zeigte sich gleich auf der (zu) kleinen Bühne sehr agil, wie auch im Verlauf der Konzerts, so dass er sich einmal nahezu als "Disco Destroyer" entpuppte, als er fast die entsprechende Kugel herunter beförderte! Er ist nun mal ein bärenstarker Sänger, sonst hätten ihn nicht sowohl POWERGOD als auch die Amerikaner von WINTERS BANE verpflichtet. (Was in unserer Untergrund-Szene nicht gerade alltäglich ist.)
Und dass er auch über tolle Bühnenpräsenz verfügte, das zeigte er heute abend. (Neu-)Bassist Hannes Farrenkopf zeigte sich ebenfalls äußerst beweglich, während Keyboarder Florian Wenzel hinter seinem Keyboard als ruhender Pol agierte und aber natürlich trotzdem den Sound passend anreicherte. Und nicht immer links auf der Bühne Gitarrist Chris Lorey, der nämlich aus der Not eine Tugend machte, so nach dem Motto "Wenn die Leute schon nicht kommen, geh ich zu ihnen" und WÄHREND des Konzert Ausflüge in den Club veranstaltete und weiterhin auf der Klampfe brillierte, super! Und Drummer Hendrik Edelthalhammer sorgte für den passenden Punch von hinten. Die vier Instrumentalisten sind allesamt sehr versierte Musiker, sonst hätten sie nicht nach nur EINER (!) Probe letzten November als Backing Band für Gary John Barden bei dessen Auftritt in Ludwigsburg fungieren können! (Jetzt, wo ich so drüber nachdenke, klingt Alex auf "Nothing Left To Say" verdammt nach Gary Barden ...)
Wir bekamen heute abend gleich fünf Songs des kommenden zweiten Albums vorgestellt, darunter einen mit deutschen Text und dem vorläufigen Arbeittitel "Die Welt". (Die Sprache wird sich wohl fürs Album noch ändern und ist reichlich gewöhnungsbedürftig zumindest für diese Ohren.) Allesamt tolle Tracks, wie immer nicht gerade einfach gestrickt, sondern im typsichen SCENES-Stil mit unerwarteten Breaks und Tempo-Wechseln versehen, aber dennoch mit Hooks und trotz der Komplexität mit melodisch eingängigen Parts versehen. Auch die Version von TALK TALKs "Such A Shame" - der Glücksfall eines absolut gelungen genreübergreifenden Covers, will heißen: die Übertragung eines Pop-Hits in ein Metal-Gewand - wurde zum Besten gegeben.

BEIDE Sänger von SceneS, und Nektarios zeigt, wo die Inspiration herkommt!  Die 'Reunion' im Konzert: Chris, Jan, Neki und Alex
Und dann kam es zur vollkommenen SCENES-Reunion: Zu "Save The Light" wurden Nektarios und Jan auf die Bühne gebeten, die sie beide im SCENES-Shirt betraten (Der Einwurf "Jetzt hosch endlich mal ebbes gscheits aa!!" bezog sich wohl auf Nekis schwarzen PVC-Mantel, den er vorher im Gig trug.)
Hannes Farrenkopf gab den Bass an seinen Vorgänger ab und trollte sich keineswegs von dannen sondern machte vor der Bühne Alarm und feuerte seine eigene Band an. Man muss es so deutlich sagen: Die Musiker strahlten geradezu Spaß, Einsatzfreude und Herzblut an der Sache aus, und sicher hätten sie auch vor noch weniger Leuten für sich selbst ein hervorragendes Konzert - und das was es wahrlich - gespielt. Danach sollte Schluss sein, doch NOCH ein neues Stück, dessen Namen Florian noch schnell unten ergänzte, bekam seine Uraufführung.

Alex am Ende (nicht nur des Konzerts ...)
Wie anstrengend der Gig dann auch für die Band war, demonstriert wohl am besten dieses Bild, und die erste Hälfte des Songs hat Alex auch im Sitzen gesungen! Dann war aber wirklich Schicht, und den letzten heiseren "Zugabe"-Krächzer parierte Chris dann mit dem Spruch "Wenn wir jetzt noch einen spielen, dann habt ihr ja schon das gesamte neue Album!"
Ja, wenn Ihr unten auf der Liste "nur" 13 Songs seht, sei gesagt, dass dieser schweißtreibende Set trotzdem 90 Minuten+ dauerte, alleine "Start Again" ist ja über 10 Minuten lang.

Thank you and good night!'  Die Setlist von SceneS
Danke an CIRCUIT VISIONS und SCENES sowie die klasse Location für einen tollen Abend!

PS: Im Vorfeld dieses leider kaum beachteten Konzerts kam es zu einem reichlich überflüssigen Mailwechsel ausgerechnet mit einer Person, von der man eigentlich Unterstützung erwarten könnte: Um die Veranstaltung ein klein wenig zu bewerben, wollte ich das Konzert bei dem Sender, bei dem ich ehrenamtlich Radiosendungen gestalte, "präsentieren" und es hat sich doch tatsächlich ein Mitglied der Musik-Redaktion explizit DAGEGEN ausgesprochen mit Verweis auf eben ein (ehemaliges) Mitglied und dessen Teilnahme bei DSDS. Die Band, Promoter, Manager und der Veranstalter schüttelten nur fassungslos den Kopf über soviel Dummgebabbel. Hätte sich derjenige - was natürlich nicht der Fall ist - mal "Call Us At The Number You Provide" angehört, hätte er gesehen, dass Nektarios bei sechs der acht Eigenkompositionen Namechecks hat und dass vor allem die grandiose Musik alles andere als chartkompatibel ist. Aber Hauptsache erst mal dagegen! Natürlich wurde das Konzert dennoch präsentiert (ebenso wie das SABATON-Konzert, gegen das die betreffende Person ebenfalls stimmte!), was zumindest zwei Gewinnern, die die Gruppe vorher nicht kannten, die Chance gab, sie zu hören. Sich Rock'n'Roll auf die Fahne schreiben, dann aber andererseits nur Alternative-Indie-Geschrammel zu hypen und NIE auf richtigen ROCK-Konzerten zu erscheinen ist schon mehr als traurig.

Fotos: gl






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