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Journey, Lennon Murphy   17.03.2007   Karlsruhe, Europahalle
von gl

Der Tourflyer
Jeder von Euch hat sie auf einer ungeschriebenen Liste: Konzerte von Bands, die Ihr schon immer mal gesehen haben wollt. Wir sind ja wahrlich verwöhnt hier in Deutschland, aber einige einst große Namen haben das Land arg stiefmütterlich behandelt. So wurde vor 5 Jahren der Traum erfüllt, dass STYX sich endlich bei uns zeigen, und nun kam die andere große Arena-Band der 80er endlich auch wieder. Zum ersten Mal seit dem 20. September 1980 übrigens, als sie ihre letzte Show in Dortmund spielten (wie dem schönen ReRelease-Booklet von "Captured" zu entnehmen ist), tauchten JOURNEY für leider nur zwei Shows auf. OK, sie spielten 2006 schon unter der Woche auf einem Festival in Oberhausen, um es ganz genau zu nehmen.
Dass es solange dauerte, ging auf das Konto des ehemaligen Sängers, der seit über 10 Jahren nicht mehr dabei ist und seinerzeit partout nicht in Übersee spielen wollte. (!?) Dessen Nachfolger Steve Augeri musste aufgrund ernster Stimmbandprobleme aufgeben und die "Interimslösung" Jeff Scott Soto sprang kurzfristig während der großen und erfolgreichen Tour mit DEF LEPPARD in den Staaten ein, was so gut lief, dass der Sänger inzwischen zum vollwertigen Bandmitglied erklärt wurde.

Lennon Murphy als 'Vorgruppe' singt alleine am Keyboard  Lennon Murphy bei ihrem mit Höflichkeitsapplaus bedachten kleinen Set
Zurück nach Karlsruhe: Die mutige Entscheidung, die doch recht große Europahalle zu mieten für den Abend, war richtig, ehrlich gesagt hätte ich auch nicht damit gerechnet, dass sich doch ca. 4000 Zuschauer dieses rare Gastspiel nicht entgehen lassen wollen. (Soviel zum Thema "Melodic Rock ist tot" ...) Im Gegensatz zu den Shows in Großbritannien kamen wir jedoch nicht in den Genuss, noch einmal DANNY VAUGHN akustisch zu genießen, was eine schöne Ergänzung zum Auftritt auf dem UFOR II gewesen wäre. Nein, heute steht mit LENNON MURPHY eine Künstlerin auf der Bühne, die wirklich niemand, aber auch gar keiner kennt. Meine Blitzidee, es sei irgendetwas der Lennon-Brüder von VENICE, verflüchtigt sich auch gleich, denn die hübsche Lennon Murphy spielt alleine hinterm Keyboard einige Songs und singt dazu. Sie zeigt viel Haut und sieht in ihrem mit glitzernden Elementen versehenen scharfen Dress echt klasse aus. Eine gewisse Langeweile kann bei den Songs jedoch nicht verschwiegen werden, aber das mag ungerecht sein und sicher damit zu tun haben, dass nicht nur ich ausschließlich JOURNEY vor dem inneren Auge hatten und natürlich unvertraut mit dem Liedgut war. (Zumal es gar keine Tonträger der Amerikanerin hier zu kaufen gibt!)

Schonmal gespickt auf die Bühne, was wir alles so geboten bekommen
Ein hochgehaltener Fotoapparat spionierte schon mal ein wenig die Setlist aus, und ich bin ehrlich vor Spannung bald geplatzt im Fotograben, der kurioserweise noch eigens mit Lautsprechern beschallt wurde.

Das Konzert beginnt mit einem Gitarrensolo: Neal Schon in Aktion
Dann kamen SIE endlich und der Auftritt begann doch tatsächlich mit einem Gitarrensolo von Neal Schon. Der Virtuose auf der linken Bühnenseite macht gleich mal klar, was uns erwartet mit einem Gitarreninferno sondergleichen - JOURNEY brauchten nie einen zweiten Gitarristen, denn Neal spielt schon alleine für drei!!!

Jonathan Cain an den Keyboards  Journey-Gründungsmitglied Ross Valory am Bass
Jonathan Cain thront ein wenig im Hintergrund im rechten Bühnenteil hinter seinem Bau aus Korg-Keyboard und rotem Piano, neben ihm stoisch und ruhig JOURNEY-Urgestein Ross Valory und hinter ihnen der singende Schlagzeuger Deen Castronovo. Doch ER reißt die Show an sich und macht keineswegs Gestalten, verhalten, bescheiden oder gar zurückhaltend zu sein: Von der ersten Sekunde an, als Jeff Scott Soto die Bühne betritt macht er Alarm, wechselt ständig die Position, feuert seine Mitmusiker an, lächelt, grinst, macht Grimassen und singt dabei, als hätte er nie etwas anderes gemacht! Der geborene Frontman, andere sagen "Rampensau" dazu. (Ich habe Steve Augeri leider nie live gesehen, aber ob er dies vollbracht hat, wage ich zu bezweifeln.) Die jahrelange ordentliche Arbeit, nur von wenigen goutiert, zahlt sich endlich aus für den Sympathikus. Mit diesem Glücksgriff, der ja nicht von ungefähr kam - Jeff spielte mit Neal zusammen schon in SOUL SIRKUS und ist seit Jahren großer Journey-Fan -, hat die Band die beste Business-Entscheidung getroffen. "Stone In Love", "Ask The Lonely" und "Wheel In The Sky" wurden gleich mal hintereinander in die Meute geworfen, die die Band überglücklich abfeierte.

'Und, macht's noch Spaß live nach all den Jahren, Neal?' 'Na klar, Jeff, nur schade, dass wir dieses Level beide mit Soul SirkUS nicht erreicht haben.'  Von einer Interimslösung zum festen Bandmitglied; und dazu immer im rechten Licht!
Erst dann eine Begrüßung und wenn ich Jeff soeben mit überbordendem Aktionismus beschrieben habe, so wirkte er nie auch nur im geringsten arrogant, überheblich oder anmaßend, nein - er ging sogar von der Bühne bei den Songs, die Deen oder Jonathan sangen. Und Herr Castronovo ist ja selbst mit solch einer grandiosen Stimme gesegnet, dass etliche Bands froh wären, sie hätten solch einen tollen Sänger (und er macht das so 'nebenher' ...!).

Deen Castronovo hinter seiner 'Festung', aus der heraus er auch noch singt
Die Herren Valory und Schon sangen heute nicht solo, dafür aber Background wie Jonathan Cain natürlich auch und das ist auch mit einer der Garanten für diesen satten voluminösen Sound (der im übrigen wesentlich klarer und reiner rüberkam als bei Deep Purple an gleicher Stelle 4 Jahre zuvor, wo man einen dumpfen Matschsound hatte).

Der vielsaitige Jonathan Cain - diesmal an der Gitarre
Bis ganz zurück zum ersten Alben gehen die Akteure und "Mystery Mountain" wird von Jonathan Cain vorgetragen.

Jeff Scott Soto und Ross Valory  Der Gitarrengroßmeister am Beginn des Konzerts - Neal Schon bei einem seiner raren Auftritte in Deutschland
Und gegen Ende der Show, als jeder noch mit ein, zwei Hits rechnete bieten uns die Bay-Area Musiker einen fast 10-minütigen Blues-Jam an, sicher nicht nur um auf ihre Wurzeln zu verweisen, sondern einfach weil sie Spaß daran haben. Und der sprühte wahrlich von der Bühne auf die Fans über, die außerordentlich begeistert waren und übrigens von ca. 9 bis ca. 65 Jahre alt waren, "Generationen" an Liebhabern der Band eben!

Die Fanbegeisterung bei JOURNEY ist GENERATIONEN-übergreifend!  Jeff Scott Soto - für die Bühne geboren!
JOURNEY machten heute alles richtig, spielten alle ihre unvergessenen Hits wie "Open Arms", "Faithfully", "Don't Stop Believin'", "Anyway You Want It" und "Seperate Ways" und ich muss gestehen, vor Freude ein Glückstränchen im Knopfloch gehabt zu haben.

Dass es von Herzen kommt, was Jeff Scott Soto auf der Bühne machte, war deutlich sicht- und hörbar!
Das Konzert dauerte im übrigen 2 Stunden und 13 Minuten und ist rückblickend in seiner Gesamtheit geradewegs als sensationell zu bezeichnen.

(Eigentlich nicht zum Konzertbericht gehörig, aber als Ergänzung kurz erwähnenswert, habe ich vor dem Auftritt ein Interview mit Jonathan Cain geführt. Mich empfing ein vollkommen herzlicher, interessierter Gesprächspartner, der mir über die mir zustehende Zeit hinaus freudig Auskunft gab und mir im Abschluss einen Stapel von Covern - und das waren nicht gerade wenig - alle mit Widmung unterzeichnete.
Und wenn wir desöfteren über die Unzulänglichkeiten oder tumbe Ordner sprechen, ließ mich heute, und das soll dann auch mal erwähnt werden, ein Mitglied des Hallenpersonals freundlicherweise vor dem Interview zum Soundcheck in die Halle (Danke!!), bevor mich Neal Schon höchstselbst ins Produktionsbüro führte, wo für solch Großveranstaltungen unüblich eine unhektische gelassene Atmosphäre vorherrschte, was diesen wunderbaren Tag passend abrundete.)

Setlist:
Guitar Solo
Rubicon
Stone In Love
Ask The Lonely
Wheel In The Sky
Keep On Running
Who's Crying Now
Open The Door
Mystery Mountain
Edge Of The Blade
Remember Me
Chain Reaction
Send Her My Love
Lights
Still They Ride - Deen Castronovo on Vocals
Open Arms
After The Fall
La Do Da
Line Of Fire
Blues Jam
Lovin' Touchin' Squeezin'
Escape
Faithfully
Don't Stop Believin'
Anyway You Want It
Seperate Ways

Fotos: gl






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