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Doro, Sonata Arctica, Jon Oliva's Pain, Altaria   16.04.2006   Nürnberg, Löwensaal
von mst

Die aufgeführten Bands waren doch eindeutig wieder einmal ein guter Grund, die eigene Trägheit zu überwinden und eine Reise ins Stoiberland zu unternehmen. Und es gab, soviel sei vorweg gesagt, auch keinerlei Grund diese Entscheidung zu bereuen. Die Tour, insbesondere dieses Konzert durch die Verstärkung der Band um den Savatage-Mastermind Jon Oliva, erwies sich gewissermaßen als Ehrenretter des traditionellen Metal. Sind doch gerade in letzter Zeit sehr viele Konzertreisen dieses Genres durch mangelndes Zuschauerinteresse aufgefallen, gab und wird es diese Probleme bei diesem Bandpackage wohl nicht geben. Jede Band, Altaria wahrscheinlich ausgeklammert, zog einen Teil des Publikums und unterschied sich von den anderen Gruppen innerhalb des Kontextes Heavy Metal. Jon Oliva's Pain waren für die beträchtliche Anzahl von Savatage-Jüngern im Publikum verantwortlich, Sonata Arctica waren der Kommensgrund für die jüngere Power Metal-Generation und Doro scheint so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner aller härteren Musikfans zu sein. Dass diese These aufgeht, beweist schon allein die Tatsache, dass jeder in unserem lustigen Reisequartett eine andere Lieblingsband an diesem Abend hatte. Logischerweise war der Löwensaal auch sehr gut gefüllt, tippe mal auf "Sold Out". Die Konsequenz hieraus waren ein aufkommender Sauerstoffmangel und geschätzte dreieinhalb Liter Flüssigkeitsverlust (Nein, das hat nichts mit Inkontinenz zu tun, nur blanker Schweiß!), zumindest wenn man wie wir die erste Reihe anpeilte und schließlich auch einnahm. Schließlich war man ja auf keinem Kindergeburtstag ...
Altaria hatten sicherlich am wenigsten zu verlieren und nutzten ihre Chance souverän. Früher noch durch Sonata Arctica-Mitglieder unterstützt, zeigte man, dass man auch ohne prominente Bandmembers zu gefallen weiß. Eingängiger Melodic Metal, der keinem weh tut, dafür Ohrwurmqualitäten besitzt und vom Auditorium durchaus wohlwollend aufgenommen wurde. Showmäßig riss man sich kein Bein aus, aber die knappe halbe Stunde wurde nicht langweilig und in etliche neue Fanherzen hat sich die Band, die mich desöfteren an die kommerzielleren Stücke der Pretty Maids erinnerte, sicher gespielt.
Nach einer kurzen Umbaupause kam dann augenscheinlich für einen Teil der Fans der Höhepunkt des Abends. Mr. Mountain King himself Jon Oliva mit seiner Band Pain war angetreten um uns größtenteils mit Savatage-Songs zu beglücken. Das furiose Einstiegstriple mit "Jesus Saves", "Agony & Extasy" sowie "Tonight He Grins Again" ließ denn auch kein Auge trocken und steigerte bei einigen Supportern die Begeisterung schnell zur Hysterie. Jon Oliva war äußerst agil und versprühte tonnenweise Charisma, ohne dass ihn sein doch beachtlicher Leibesumfang sonderlich behinderte. Aber solch eine Stimme braucht halt einfach Platz um sich ordentlich entfalten zu können. Positiv hervorzuheben wäre außerdem noch der extrem coole Bassist, der für mich Metal im wahrsten Sinne des Wortes war. Das Finale mit "Gutter Ballet" und der Zugabe (na was wohl?) "Hall Of The Mountain King" beendete diesen Triumphzug nach geschätzten 45 Minuten eindrucksvoll.
Ein Abfall dieses Niveaus sollte an diesem Abend jedoch nicht mehr erfolgen. Nach erfolgtem Schlagzeugumbau legten Sonata Arctica den Löwensaal in einer guten Stunde in Schutt und Asche. Naja, nicht ganz, aber zumindest herrschte eine unbändige Power vor, die nur gelegentlich durch getragenere Songs etwas Zeit zum Verschnaufen ließ. Was mir insbesondere noch auffiel war, dass Sonata Arctica irgendwie die hungrigste und kämpferischste Band des Abends waren. Wo bei den anderen Bands eine nicht wirklich negativ zu bewertende Routine auftrat, zeigten Sonata Arctica, dass sie gewillt waren um jeden Fan wirklich zu kämpfen. Und es hat sich gelohnt: Die Publikumsreaktionen waren euphorisch und speziell dem Gitarristen und dem Sänger Tony merkte man einen unbändigen Spaß an. Letzterer sah irgendwie wie die Neuzeitversion von Catweazle aus: Rote Strähnchen im Haar, blaues Shirt, rote Hose mit vielen Bändchen - ein neuer Metal-Look ist geboren. Voila! Musikalischer Höhepunkt war für mich eindeutig "8th Commandment" von "Ecliptica", während ich doch "Kingdom For A Heart" und "Wolf & Raven" schmerzlich vermisste. Will Be Next Time!
Während man verzweifelt versuchte die letzten Reste von Sauerstoff aus der Luft zu filtern, wurden mit dem Auftritt von Doro Pesch noch einmal alle Kraftreserven mobilisiert. Guter Einstieg, als zweiten Song gleich "I Rule The Ruins", nur weiter so. Von der neuen Scheibe kamen ziemlich viele Lieder zum Zug, wobei besonders "You're My Family" und der Titelsong "Warrior Soul" zu überzeugen wussten. Bei letzterem wurde die Bühne noch von einem barbarisch aussehenden Krieger eingenommen, von dem wir lernen konnten, dass auch in grauer Vorzeit schon ausgetretene Turnschuhe mächtig angesagt waren. Weitere Höhepunkte waren die hintereinander gespielten "Für Immer" und "Burning The Witches" (tödlich!), das seltener gespielte "True As Steel" und das Priest-Cover "Breaking The Law" welches erst in der "Classic Diamonds"-Version vorgetragen wurde, ehe man die Metal-Variante nachschob. Klasse Band, klasse Gig! Zwei kleiner Kritikpunkte seien anzumerken: Zum einen war trotz einer klasse Leistung aller Musiker (Drummer Johnny Dees Mimikspiel war allein den Abend wert) nicht immer eine Einheit zu sehen bzw. zu spüren (Ausnahme war Doro und Basser Nick Douglas, die schon eine Ewigkeit zusammenmusizieren) und zum anderen fehlte mir etwas die groß angekündigte Metalshow mit Pyros usw. Vielleicht gab es ja Auflagen von der Feuerwehr, wer weiß. Sei's drum, es war trotzdem ein klasse Auftritt, bei dem mich das Fehlen des Balladenblocks positiv überraschte und die Energie mancher Stücke ("Hellbound") gleichermaßen. Doro forderte die Fans unermüdlich und selbst wenn man nicht wollte oder konnte, sobald dieses kleine Persönchen vor einem stand und zum Bangen oder Klatschen aufforderte, machte man schon aus blankem schlechtem Gewissen mit. Hab ich auch noch nicht erlebt ...
Fazit: Ein tolles Konzert mit hohem Spaßfaktor und einer beachtlichen Leistung aller vier Bands, welches uns sicherlich noch lange in Erinnerung bleibt. Bis zum nächsten Mal!



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