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Drottnar, Persecution   09.08.2003   Chemnitz, ZV-Bunker
von rls

An so einem Sommerabend geht man entweder aufs Party.San-Open Air, an den nächsten Badesee oder an den heimischen Grill. Das durchaus im Bereich des Möglichen gelegen habende besuchertechnische Desaster aber blieb aus, denn 74 Zahlende füllen die Haupt"halle" des ZV-Bunkers schon recht ordentlich, und selbst das Klima der unterirdischen Anlage war im Vergleich zu außen recht angenehm.
Persecution hatten praktisch ein Heimspiel, denn sie proben in Chemnitz und hatten ihre CD-Release-Veranstaltung im Februar auch schon im ZV-Bunker absolviert. So verwunderte es nicht, daß sich ein guter Teil der Anwesenden aus ihrem lokalen Following rekrutierte. Persecution schienen den tragischen Tod ihres Rhythmusgitarristen Sascha im November 2002 (er hatte die CD "Mental Chaos" noch mit eingespielt, konnte den Release aber nicht mehr miterleben) gut verkraftet zu haben. Der Neue spielte paradoxerweise vorher bei den eher corelastigen Credible, hatte sich aber gut eingefügt, soweit ich das bei meiner marginalen Kenntnis des Songmaterials beurteilen kann. Die zeitweise sehr dominanten Keyboardflächen ließen Gedanken an Crematory aufkommen, aber die Vielschichtigkeit der Kompositionen lag deutlich höher als bei jenen - streckenweise sehr gut ausziseliert (es fiel mir beispielsweise rasendes und doch exaktes Übergehen von Vierer- in Dreiertaktarten und umgekehrt auf), aber an manchen Stellen auch mit noch nicht genügend stringenten Übergängen, wobei diese aber in der Minderheit waren. Die deutlich vom klassischen Metal beeinflußte Gitarrenarbeit sorgte für Parallelen zu diversen Göteborgbands, manche der Soli bestachen durch epische Breite, und auch einige kleine Schlenker zum Symphoblack Marke Dimmu Borgir waren zu vermelden. Der Vielfalt paßte sich Steffens Gesang an, der lediglich darunter litt, daß der epische Klargesang im Gesamtsound deutlich unterrepräsentiert war. Mit acht Songs füllten Persecution immerhin eine volle Stunde Spielzeit und hatten sich die Zugabe "The Sinner Takes It All" redlich verdient.
Drottnar waren extra für drei Gigs in Sachsen aus Norwegen angereist und wußten auch vor der etwas ausgedünnten Kulisse zu überzeugen - einige Persecution-Anhänger waren bereits gegangen, und manch anderem war die Mucke des Quintetts doch eine Spur zu extrem, und vom Rest dürfte kaum einer die Band vorher gekannt haben, aber einige Enthusiasten bangten trotzdem fleißig mit (wenn auch nicht immer im Takt), und der Rest spendete wohlwollenden Applaus. Phasenweise erinnerte der Black Metal der Truppe an Lengsel, da er sehr viele Rhythmus- und Tempowechsel enthielt (die bei genauem Hinhören als mit großer Exaktheit gespielt identifiziert werden konnten), aber auch das gegenläufige Stilmittel, nämlich das Spielen mit dem Effekt der Monotonie durch sehr lange Repetition gleicher Parts, kam zum Einsatz. Als fast norwegertypisch darf auch der sehr baßarme Livesound gewertet werden. Mit Headbanging konnte die Band nicht aufwarten - die Haarlänge aller fünf Mitglieder bewegte sich zwischen 0,5 und 3 mm; dafür sprang der Sänger wie wild auf der Bühne umher und schwenkte seinen Mikroständer durch die Luft. "Neumodische" Zutaten wie Keyboards oder cleane Vocals fanden im Set Drottnars keinen Platz - das war Old School pur, und kaum jemand dürfte hinter einer solchen Formation eine christliche Band vermutet haben. Beim letzten Song schließlich ging die Nebelmaschine kaputt - aber nicht etwa, daß sie nicht mehr angesprungen wäre; nein, sie ging nicht mehr aus und sorgte für eine immense Rauchentwicklung, wie sie der Bunker seit der letzten großen Karl-Marx-Städter Katastrophenschutzübung nicht mehr erlebt haben dürfte. Das verwirrte Publikum, das die Bühne praktisch fast nicht mehr sehen konnte, verpaßte so den Abgang der Band, womit für ein skurriles Ende eines unterhaltsamen Konzertabends gesorgt war.



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