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Bands Battle 2003   16.-18.05.2003   Stavenhagen (Mecklenburg-Vorpommern)
von Janet

Zum ersten Mal fuhren mein Freund und ich zu diesem kleinen Festival, das in diesem Jahr wohl zum zweiten Mal stattfand. Die Anreise ließ wenig Gutes verheißen. Gegen 12.30 Uhr am Freitag ging's los, ungefähr 2 ½ Stunden später als geplant. Es ist schier unglaublich, an wie vieles man beim ersten Festival des Jahres noch nicht gleich denkt. Was da alles mitgenommen werden muss, vor allem wenn der Wetterbericht nicht so optimal klang! Trotz der Verspätung immer noch was vergessen: Wasser. Zum ersten Mal teuren Pfand für Plasteflaschen bezahlt. Übrigens: Büchsenbier in der Tschechei gekauft spart Pfand! Bin überhaupt mal gespannt, wie sich das neue Zwangspfand auf den Festivals auswirkt.
Es ging unangenehm weiter: innerhalb der ersten 60 km sind wir erst geblitzt worden, dann in einen Stau geraten. Interessant zu beobachten: zuerst kam der ADAC, kurz darauf der Krankenwagen, 15 Minuten später die Polizei, weitere 5 Minuten später der Notarzt, nochmal 15 Minuten später noch ein Polizeimotorrad. Nach einer Dreiviertelstunde gings weiter. Die Unfallstelle lag nur wenige hundert Meter vor unserem Standort. Unter anderem war ein Pferdeanhänger an dem Unfall beteiligt gewesen. Er lag zertrümmert auf dem Dach. Das Pferd stand hoffentlich unverletzt, aber sicher schwer geschockt im Wald und wird vermutlich nie wieder freiwillig so ein Ding betreten.

Als das BANDS BATTLE begann, befanden wir uns irgendwo zwischen Halle und Dessau auf der A9. Während unserer Rast zum Zwecke der Nahrungsaufnahme spielten laut Plan bereits VINTRAS, die 2. Band des Wochenendes. Als OSH, die mich als erste Band richtig dolle interessiert hätten, die Bühne verließen, verließen wir die Autobahn.
Etwa zeitgleich mit FLESHLESS liefen wir auf. Und waren erstmal überrascht, noch ohne einschätzen zu können, ob positiv oder negativ: es handelte sich hier um ein wirklich sehr kleines Event, auch wenn es mit "das größte Underground-Festival Deutschlands" untertitelt war. An der Stelle sollte vielleicht mal jemand definieren, wonach sich die Größe eines Festivals berechnet. Nach Besuchern? Nach der Fläche? Nach Anzahl oder Bekanntheitsgrad der Bands? Es waren offenbar noch nicht viele Gäste da, bis zum Sonntag sollte die Zahl zumindest noch auf etwa 400 anwachsen. Es war zunächst gar nicht so offensichtlich, dass es sich gar nicht wirklich um ein Open Air handelte: der Zeltplatz war zwar natürlich im Freien und die paar Händler-Stände und die Waschzuber-Frau (nette Idee übrigens!) auch, aber die Bands selbst spielten im Stavenhagener Tankhaus. Das lag nur hundert Meter vom Zeltplatz entfernt.
Im Nachhinein freilich erwies sich das Dach über dem banging head als hervorragende Lösung: Man war während der Anwesenheit vor der Bühne vor gemeldeten (aber kaum aufgetretenen) Regenschauern und vor allem vor der beißenden Nachtkälte optimal geschützt. Außerdem sparte man sich die leidigen Dixi-Klos, indem man rund um die Uhr Zugang zum Tankhaus ermöglichte. Älteren Herrschaften, wie mir, war es mitunter eine echte Erleichterung, die Bands auch mal von den bequemen Sesseln aus betrachten zu können (ich weiß schon, ist nicht sehr "metal" und auch nicht ganz fair den Bands gegenüber, aber doch sooooo bequem ...). Bier gab's in 0,3l-Flaschen für Einssechzig und war sehr lecker.
Dadurch, dass sich der Parkplatz direkt neben dem Tankhaus befand, gab es quasi kein Bierbüchsen-Problem: die hatten alle ihre Bierkisten mitgebracht und im Kofferraum gelassen und konnten in den Pausen (oder auch Nicht-Pausen) ordentlich kübeln. Auf dem Zeltplatz hielt man sich nicht ewig auf, dort war ja nun überhaupt nichts los.

Nach dem Zeltaufbau, dem Dort-häuslich-einrichten und der problemlosen Akkreditierung bzw. dem Kartenkauf kamen wir rechtzeitig ins Tankhaus, um zu erfahren, daß ROOT nicht spielen würden. Wir hatten keine Ahnung, wer denn dann gerade auf der Bühne stand; von den Befragten sagte jeder was anderes, so dass wir uns ebenfalls eine ganz eigene Meinung bildeten und schlussendlich, hauptsächlich bedingt durch die switzerdeutschen Ansagen des Sängers, auf die Schweizer REQUIEM tippten. Fakt ist, dass der Death Metal mit Grind-Allüren und Black-Sprengseln, der da vorne gerade geboten wurde, zwar nicht unbedingt ausgesprochen anspruchsvoll, aber zumindest schön sauber gespielt vorgetragen wurde.
Die nötige Konzentration unsererseits war erst hergestellt, als anschließend ENDSTILLE die Bühne betraten. Die Running Order war inzwischen kräftig durcheinandergeschüttelt worden. Wer gerade spielte, kriegte man am besten mit, wenn man wie wir die ganze Zeit im Tankhaus blieb und alle Ansagen hörte.
ENDSTILLE also. Der irgendwie an Gorgoroth erinnernde gute eingängige (streckenweise eintönige?) Black Metal war aggressiv, hat aber auch Spaß gemacht, vielleicht wegen Statements des Sängers, die der ansonsten aufgefahrenen Attitüde (Warpainting - kein wirklich gutes; Nieten&Nägel-Armbänder) konträr gegenüber stand: "Scheiß langweilich" war da zu vernehmen, warum auch immer; oder: "ach scheiße, ich werd hier auch nur bei Wasser gehalten ... naja ..." Selbstverständlich mußte auch ein Satz gebracht werden wie "Wir befinden uns - hoffentlich mit euch - im Kampf gegen Gott", damit man als Black Metaller auch ernst genommen wurde. Na wenn sie meinen. Musikalisch waren sie richtig angenehm. Witzig auch der Abgang mit den Worten: "Wir haben zwar noch Zeit, aber wir haben nur die halbe Stunde eingeplant."
Was erwartet man, wenn ein Tier von einem Schlagzeuger, zwei 7-Saiter-Gitarren und ein 6-Saiter-Bass auf die Bühne kommen? Richtig ... die Belgier PREJUDICE ließen's richtig krachen! Hochanspruchsvoller, enorm technischer Death Metal machte es dem headbanging-willigen Publikum sehr sehr schwer. Nur wenige Anwesende kapierten, was da abging. Diejenigen jedoch feierten frühzeitig PREJUDICE als das Highlight des Wochenendes.
Als BELPHEGOR, einer der Headliner des Abends, die Bühne betraten, waren wir von der Müdigkeit schon fast überwältigt. Man wird eben älter. Gegen die Band soll das aber nicht sprechen - ihren technisch angehauchten Black Death haben wir uns schon noch ein Stück angehört, die Starallüren (Autogrammstunde!!! Auf'm 400-Seelen-Festival, wo man sich ohnehin tausendmal über den Weg rennt!) waren trotzdem nicht nachvollziehbar.
Die Nacht war schweinekalt und wir hüllten uns in nahezu alles, was wir mithatten. Es war schön ruhig auf'm Zeltplatz, da die Autos ja drüben am Tankhaus standen - bis auf eines. Und aus diesem weckte uns um etwa 6 Uhr lautester "True" Metal. Dazugehörigen Typen hatten wir am Nachmittag vollkommen betrunken rumsitzen sehen, mehr schlafend als wachend, kein Wunder also, dass der schon wieder munter war. Er grölte in den falschesten und schon wieder trunkensten Tönen mit, bis endlich, es war bestimmt schon um 8, irgendjemand, vermutlich die Security, dem jungen Mann Einhalt gebot. Als wir letztendlich aufstanden, war auch sein Auto vom Zeltplatz verschwunden.

Schön gemächlich starteten wir den Tag, erst am Nachmittag begaben wir uns wieder ins Tankhaus. Die Heidenheimer DEFENDING THE FAITH interessierten mich alte Progressiv-Eule enorm - und enttäuschten meine Erwartungen auch nicht. Nach der irre langen Umbaupause und dem ebenso aufwändigen Soundcheck warteten die Drei mit anspruchsvollem Gitarrenspiel auf, das wenig breaklastig war; auch die Songstrukturen waren nicht so kompliziert wie man das von anderen Progressiv-Bands kennt, sondern man blieb hier vor allem songdienlich. Durch den zwar zurückhaltend programmierten Drumcomputer fehlte viel Druck, was ich als äußerst schade empfand. Hier ist eine echte Schwachstelle, die ich mich an ihrer Stelle bemühen würde auszugleichen. Der klassische Gesang erinnerte stellenweise an Fates Warning und hob sich positiv von vielen Progressiv-Bands ab. Noch herauszuheben sei die wirklich gute Bühnenaction, die sie trotz der geringen Zuschauerzahl geboten haben.
Die nächsten waren die Polen PERVERSE. Sie spielten ziemlich durchschnittlichen Death Grind. Ein Lichtblick allerdings war der erst 17jährige Drummer, der durch viele saubere Breaks, Geklingel und lange Doublebassattacken zu überzeugen wusste.
In eine ähnliche musikalische Richtung schlugen INTERNAL SUFFERING, die mit Abstand den längsten Anreiseweg hatten, quasi vom andern Ende der Welt, aus Kolumbien nämlich. Denen merkte man ihr sprichwörtliches Temperament auch an. Groovige Parts wechselten sich mit Blastspeed-Passagen ab, die Instrumentalisten waren echt auf Zack und der Sänger röchelte so tief wie Mr. Corpsegrinder himself.
Für uns folgte dann eine lange Pause, in der wir einen Teil des versäumten Nachtschlafes nachholen und unsere Mägen füllen mussten. Erst mit SATANIC SLAUGHTER befanden wir uns wieder im Tankhaus. Black Metal stand da auf dem Programm, geradeaus und kompromisslos. Typisch schwedisch die Melodien, aber auch Nackenbrecherparts gab's. Herauszuheben war ein weiteres Mal der Drummer!
Dass MASTER, eigentlich DIE Headliner des Festivals, ausfielen, erfuhr man erst direkt vor der Bühne und das auch nicht mit Erklärung. Die hing dann später in Form einer Email am Eingang: Ein Bandmitglied hatte sich 'ne Rippe gebrochen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, und deswegen waren sie gar nicht erst aus den USA angereist. Natürlich sorgte das für laaaange Gesichter im Publikum ...
SPECTRAL aus Gerolstein mussten in dieser Stimmung auflaufen, und das auch noch mit ganz anderem Kaliber als der Oldschool-Death/Thrash um Paule Speckmann gehabt hätte. Dabei machten sie ihre Sache nicht schlecht: Black Viking Power Metal nennen sie ihren Stil und treffen damit den Nagel ganz gut auf den Kopf. Apropos Nagel: hier gab's nicht nur Nagel- und Nietenarmbänder, sondern ganz klassisch auch Fackeln und Kerzen. Die obligatorische Kriegsbemalung durfte ebenfalls nicht fehlen; beim Gitarristen sah das absolut schräg aus, weil er tatsächlich seine Brille darüber trug. Musikalisch dominierten pathetische Melodien, die Chose erinnerte oft an Bathory und manchmal aber auch an Amon Amarth.
Im Anschluss daran geschah etwas, das ich für vollkommen peinlich hielt: Eine Versteigerungsaktion. Es ging um weiße T-Shirts mit dem Bands Battle-Logo und Unterschriften der Mitglieder aller anwesenden Bands. Die Dinger sahen scheiße aus. Verlangt wurde ein Mindestgebot von 10 Euro. Niemand bot. Aua.
Nicht viel weniger ulkig die folgende Ankündigung: die Bayern SIRENS mit ihrem Bandkopf und Sänger Dragon Power, der "Heavy Metal nicht nur lebt, sondern auch frisst und säuft und scheißt und vermutlich auch abspritzt". Mjam! Dieser Typ war dann tatsächlich der Metal in Person. Da gab's Nieten und Leder und ein Schwert, mit dem immer wieder herumhantiert wurde, am Anfang eine (für das männliche Auditorium bedauernswert kurze) Episode mit einer kaum bekleideten jungen Frau, die an Ketten hereingeführt wurde. Musikalisch war das ganz reinrassiger Heavy Metal; leider musste Dragon Power aufgrund des geringen und lahmen Publikums auch konstatieren: "True Metal ist hier wohl nicht so angesagt ... Tut uns leid, wir sind keine Death Metal-Band, kicken aber genauso ass!" Recht is! Seinen vokalistischen Part auf der Bühne machte der Heavy Metal-Mann auch gut, konnte allerdings den zum Teil recht anspruchsvollen Gesangslinien nicht immer ganz gerecht werden. Stell ich mir auch schwierig vor, wenn man so herumfegt. Interessante Cover wurden hier gebracht: Scott McKenzies "San Francisco" und "Take On Me" von a-ha. Nicht übel!
Eine wichtige Anmerkung hab ich hier mal für die Soundmenschen: Die Pausenmusik ist definitiv zu laut, wenn man sie mit Ohrstöpseln drin gerade als angenehm empfindet ...
Die merkwürdige T-Shirt-Auktion ging in die zweite Runde, fruchtete sogar, erzielte horrende Preise, es war ein Irrsinn ...
Durch den Ausfall von MASTER war das gesamte Programm nach vorne gerückt und ich freute mich, die letzte Band des Abends dadurch noch geschafft zu haben: SPANCER aus Braunschweig, die ihre eigenwillige Stilmischung selbst als "Apocalyptic Doom Sludge Core" bezeichnen und mein Interesse somit schon mal auf ihrer Seite hatten. Es war ein absolutes Brett, was da auf einen einschlug. Ultraheavy! Vielleicht kam das durch die denkwürdige Instrumentalisierung: eine Gitarre musste gegen zwei Bässe anstinken. Cool! Allzu "apokalyptisch" ging's aber nicht zu, da die jungen Männer durchaus enorme Lebensfreude versprühten. Mal eine wirklich, wirklich innovative Doom-Variante.

Und da war das BANDS BATTLE für uns auch schon zu Ende. Am Sonntag spielten zwar noch vier oder fünf Bands in den Nachmittag hinein, aber wir waren derart zeitig mit Frühstücken und Zusammenpacken fertig, dass wir keine Lust mehr hatten, noch zwei Stunden da rumzusitzen und den Beginn abzuwarten. Ein bisschen schade eigentlich, denn da spielten (ist ja irgendwie logisch) die meisten regionalen Bands, die aus Mecklenburg-Vorpommern also, die's dann nicht mehr so weit nach Hause hatten. Würde mich dennoch interessieren, wie's noch war. Mit Sicherheit wird man das früher oder später auf www.bands-battle.de nachlesen können. Ebenda gibt's dann auch Informationen über das nächste Mal, denn ich glaube gehört zu haben, dass ein drittes BB schon in Planung ist.

Ein dickes Lob an die Organisatoren: dies hier ist das wahre Fuck The Commerce! Und das Tankhaus ist eine der schönsten Locations für Metalkonzerte, die ich kenne.



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