www.Crossover-agm.de SPECTRAL: Teutonic Symphony
von rls

SPECTRAL: Teutonic Symphony   (Eigenproduktion)

Hm, ich habe jetzt mindestens schon das dritte Interview mit Spectral gelesen und bin immer noch nicht so recht schlau aus den Jungs geworden. Präsentierten sich Zerberus (voc) und Teutonlord (g, key) im Mystic Obsession als ausgesprochen humorvolle und trotzdem weitgehend nicht in Banalitäten abgleitende Zeitgenossen (trotz Zerberus' Selbstbekenntnis, nicht nur Satanist, sondern auch gleichzeitig Misanthrop zu sein, was in dieser Kombination ein weites Feld zum Sprücheklopfen abgäbe), war Bassist Colossos im United Forces schon etwas eigenartig drauf (im Gegensatz zu einem wiederum bestens aufgelegten Teutonlord), und das Gelaber im G.U.C. (jaja, auch von Teutonlord himself) konnte man dann vollends in der Pfeife rauchen. Aber an ihrer Corporate Identity müssen Spectral eh noch etwas feilen, sieht doch Drummer Destructor auf dem Bandfoto eher wie ein Mitglied des Böhse Onkelz-Fanclubs Eifel-Südwest aus, während sich der Rest der Band bemüht, einen blackmetallischen Anstrich rüberzubekommen, und auf den Einzelfotos grinst (!) Colossos den Betrachter fröhlich an. Tja, und dann bekennen die Jungs auf der einen Seite, lyrisch die kämpferische Zeit der alten Germanen verarbeiten zu wollen (nachzuprüfen ist dies nicht, da man Zerberus' Gekreische kaum versteht und die Lyrics im Booklet nicht abgedruckt sind) - und plötzlich erhebt sich da im Intro eine Figur namens Luzifer (das ist gerade noch so zu verstehen), die meines Wissens nach aus dem semitischen Kulturkreis stammt und den alten Germanen schlechterdings unbekannt war (sie kommt in "Painful Reminders" gar nochmal vor). Verstehe das, wer will ...
Kommen wir aber nun zum Wichtigsten, nämlich der Musik auf "Teutonic Symphony". Der Quasi-Titeltrack "Teutonic War" leitet die etwa 20 Minuten mit einem harmonischen, schön powervoll produzierten Orgelintro ein, so daß man sich schon auf einen soundtechnischen Hochgenuß freut - und dann geht der eigentliche Song los und erstickt die Vorfreude im Keim, denn das Ganze klingt plötzlich so dumpf wie jede zweite selbsternannte Black Metal-Kultscheibe, wenn auch nicht so, daß man nun nur noch das Rauschen der Maare hören würde. Ein bißchen muß man sich aber schon anstrengen, um festzustellen, daß Spectral in kompositorischer Hinsicht eine ganze Menge zu bieten haben. Sie inszenieren die aus Elementen von Speed, Thrash, Death und ein paar Gramm Black Metal zusammengerührten Songs spannend, mit häufigen, manchmal sehr abrupten Tempo-, Stimmungs-, Instrumentierungs- und Atmosphärenwechseln halten sie den Hörer bei der Stange, ohne ihn jedoch mit unnachvollziehbarem und damit sinnentleertem Hin- und Hergespringe zu nerven. Ein paar Cleangesänge mischen sich unter Zerberus' Gekreisch, und Teutonlords Tastenarbeit sorgt für eine ordentliche Anzahl an entspannten Momenten, die aber nie so ausgedehnt sind, daß die Hälfte der Hörer dabei in Morpheus' Arme gleitet. Dem Anhänger des "einzig wahren Black Metal" wird die CD viel zu melodiös sein, aber da dieser Personenkreis eh nur in geringer Anzahl CrossOver lesen dürfte, ist das auch egal. Und da jetzt jeder wissen sollte, woran er bei Spectral ist, steht man nunmehr nur noch vor der Entscheidung, ob man angesichts der zweifellos vorhandenden Qualitäten Spectrals die Ungereimtheiten zu ignorieren in der Lage ist oder nicht. Im erstgenannten Fall wäre dann die Erwerbsoption gegen Einsendung von 15 DM an German "Teutonlord" Wollwert, Müllenborner Straße 44, 54568 Gerolstein zu wählen.
 




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