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No Stars But Heroes IV mit Waterfall, Exaudi, Manhattan Gandhi, Imbued   11.04.2003   Chemnitz, ZV-Bunker
von rls

Diese Veranstaltungsreihe gibt jungen und sonstigen weniger bekannten Bands, hauptsächlich aus dem Regierungsbezirk Chemnitz mit ein paar entfernter angesiedelten Ausnahmen, die Möglichkeit, gemeinsam mit Statuskollegen livehaftige Erfahrung zu sammeln. Nachdem besonders die ersten beiden Events dieser Art auf große Publikumsresonanz gestoßen waren, fand sich auch diesmal wieder eine dreistellige Besucheranzahl im ZV-Bunker ein, obwohl beispielsweise mit The Exploited namhafte Konkurrenz in der Stadt gastierte und einen Teil des Bunker-"Stammpublikums" abzog. Dafür gab's Probleme anderer Art, indem der Soundmensch kurzfristig absagte und Thoralf von Exaudi noch kurzfristiger dessen Aufgaben übernehmen mußte, was zwar die Veranstaltung als Ganzes rettete (ansonsten hätt's gezwungenermaßen Hardcore oder Death Metal unplugged gegeben), aber selbstredend diverse klangliche Wünsche offenließ.
Mit der üblichen Dreiviertelstunde Verspätung enterten Imbued die Bühne. Die Formation aus dem erzgebirgischen Lengefeld spielte äußerst massiven Hardcore mit einer fetten Metalschlagseite in den Gitarren (der Eindruck der Massivität verstärkte sich im Vergleich zu den nachfolgenden Bands noch dadurch, daß Imbued die einzige Band des Abends waren, die mit zwei Gitarren arbeitete). Tempotechnisch lag man meist im mittleren Bereich, was die vom mitgereisten Fanclub angezettelten Moshaktivitäten förderte. Geschwindigkeitsausbrüche nach oben blieben selten, solche nach unten hingegen traten recht häufig auf und resultierten in fast doomigen Passagen, die mir besser gefielen als das nicht schlechte, aber austauschbarere Midtempogeschiebe. Speed pur gab's hingegen im abschließenden Cover "Awesome God", das der religiös geprägte Teil der Anwesenden lautstark mitsang. Apropos Gesang: Imbued hatten einen typischen Hardcoreschreihals am Mikro, der seine Sache recht gut machte und nur an den wenigen cleanen Passagen noch hart arbeiten muß. Noch nicht jeder Tempoübergang und jedes Break saßen da, wo sie am wirkungsvollsten gewesen wären, aber Imbued sollte man definitiv im Auge behalten.
Mit Hemd und Krawatte kamen Manhattan Gandhi auf die Bühne, doch wer nun verkrampften Pseudostudentenalternativrock befürchtet hatte, konnte nach den ersten zwei, drei Songs, die tatsächlich gefährlich in eine solche Lage abdrifteten, aufatmen, denn die Band begann mächtig Gas zu geben und Krach zu machen, ohne aber gleich Noiserock zu spielen. Man zeichne ein imaginäres Dreieck aus Punk, Hardcore und Alternative Rock und stelle Manhattan Gandhi hinein - damit läge man sicher nicht falsch. Das Trio erwies sich als eingespielte Mannschaft und legte zudem (trotz der Sangespflichten) das wildeste Stageacting des Abends hin. Von den Ansagen verstand man wie schon bei Imbued nahezu nichts, und auch hier fragte man sich bei einzelnen Breaks nach dem Sinn, aber ansonsten machten die Peniger ihre Sache durchaus gut. Mein cup of tea ist's stilistisch nicht, aber wer sowas mag, der sollte sich den nicht ganz unauffälligen Namen merken.
Exaudi hatten die wohl umfangreichsten Soundprobleme des Abends - Thoralf mußte ja seinen Platz hinter den Reglern mit dem auf der Bühne vertauschen, so daß Neu-Keyboarder Tobias als Ersatz des Ersatzes hinterm Pult stand, aber auch nicht viel ausrichten konnte. Monitorsound soll nahezu keiner vorhanden gewesen sein, und Gesang hörte man vor der Bühne auch recht wenig, vom Paradoxon, daß man Andreas seine Bassdrum spielen sah, diese aber nicht hörte, mal ganz abgesehen. Egal, Exaudi versuchten das Beste aus der Situation zu machen und einen guten Set abzuliefern, und das gelang ihnen über weite Strecken auch, obwohl das Publikum sich eher zurückhielt. Doom Metal mit Death- und Gothic-Einschlag ist allerdings wahrlich nicht gerade Partymucke und auch alles andere als moshkompatibel. G.U.C.-Kollege Ronny verglich Exaudi übrigens mit den verblichenen Dresdner Kollegen und Proberaumnachbarn Fangorn, was sich beim intensiven Durchdenken als gar nicht mal so abwegig erwies, wenn man das radikal höhere Tempo und das fehlende Keyboard bei Fangorn ausklammert. Vom "Demo 2001" stand nur noch "Das Bild" im Set, während mir der sehr doomige Epic "Das Schloß" insgesamt am besten gefiel. Das Experiment mit Virginies Gesang wurde fortgeführt, war aber wie schon in Tharandt anno 2002 mit klanglicher Undurchdringlichkeit gestraft. Als besonderen Event gab es noch einen laufenden Keyboarderwechsel zu vermelden: Während die ersten Songs noch von Alt-Keyboarder Thomas bestritten wurden, räumte dieser unter Extra-Applaus vor dem letzten Song seinen Platz für seinen Nachfolger Tobias. Viel Glück!
Die Geisterstunde neigte sich schon wieder ihrem Ende zu, als Waterfall die Bühne betraten und mit ihrer Setlist völlig den Vogel abschossen. Der ca. dreiminütige Opener mixte Sixties-Beat mit Neunziger-Skandinavien-Rock'n'Roll und einem Gitarrenheldensolo, der nächste Song namens "Confused" tendierte in eine ähnliche Richtung und war auch ähnlich kurz. Dann jedoch erinnerte sich das junge Trio seiner Seventies-Hardrock-Wurzeln und packte einen Zehnminüter mit ausgedehnten Solopassagen aller drei Instrumente aus. Danach kündigte der leadsingende Bassist den letzten Song des regulären Sets an, was niemand so richtig ernstnahm - und doch entsprach es der Wahrheit, denn dieser Song knackte die Zwanzigminutenmarke locker nach oben. Leider hatten die beiden Epen das Problem, daß nicht jeder Übergang wie logisch gewachsen wirkte und nicht jeder Part zwingend an den anderen paßte. Hier müssen Waterfall noch etwas reifen, um auch solche Mammuts wie einen namensgebenden Wasserfall kompakt und unwiderstehlich vom Felsen stürzen zu lassen. Die Johanngeorgenstädter überzeugten allerdings mit einer immensen Spielfreude und konnten eindeutig den imaginären Pokal "Beste Instrumentalisten des Abends" einsacken. Noch nicht ganz so qualitätvoll war lediglich der Gesang, sowohl die Backings des Gitarristen (die man allerdings auch nur schwer hörte) als auch der Leadgesang des Bassisten (der an manchen Stellen gar in King Diamond-Höhen kreischte, was allerdings selbst mir als bekennendem Freund höchster Kopfstimmen etwas an den Nerven zerrte). Das Auditorium hatte sich unterdessen etwas geleert, einzelne Personen unter den Verbliebenen forderten jedoch nachdrücklichst eine Zugabe und bekamen schließlich noch eine kleine Jamsession über ein dreitöniges Riff mit jeweils improvisierten Zwischenparts, was das musikalische Potential Waterfalls ein weiteres Mal unterstrich. Sie müssen nur noch lernen, es songdienlicher einzusetzen.



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