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Exaudi, Seelenschmerz
20.07.2002 Tharandt, Headbanger
von
rls
Im beschaulichen Tharandt,
das, wenn es nicht seine forstbotanischen Meriten und das gleichnamige,
damit in enger Beziehung stehende riesige Waldgebiet hätte, außerhalb
eines gewissen lokalen Umkreises niemand kennen würde, haben zwei
findige Menschen eine Kleinindustriebrache in einen Bikerladen umgewandelt
und gleich noch eine Kneipe eingerichtet. Selbige Lokalität nennt
sich Headbanger und veranstaltet regelmäßig Undergroundkonzerte
der eher harten musikalischen Schublade. An diesem leider viel zu schönwettrigen
Samstagabend (Grillhochsaison ...) spielten zwei Dresdner Kapellen vor
einer aus dem angegebenen Grund leider überschaubaren Zuhörermenge.
Mit der üblichen Verspätung
stiegen Seelenschmerz auf die Bühne, erfüllten die bei
einem solchen Namen automatisch erwarteten Klischees aber nur bedingt.
Klar, Gothic Metal war im Sound keineswegs abwesend, ergänzte sich
aber mit Death- und Black Metal-Elementen zu einem interessanten, wenn
auch noch nicht restlos stringent durcharrangierten Gesamtklangbild - will
heißen, der eine oder andere Übergang mutete noch etwas unausgefeilt
an. Generell machte sich ein ambivalenter Eindruck breit: Wirkten die langsamen
Passagen halbwegs originell, gut ausgetüftelt und stimmungsfördernd,
unterstützt auch durch beeindruckenden traurigen Klargesang des hauptamtlichen
Frontmanns, so standen die Harmonievorstellungen der Leadgitarre und der
Keyboards bisweilen etwas nebeneinander. Demgegenüber bestachen die
aggressiven Passagen durch präzise umgesetztes Geknüppel, dem
der Originalitätsfaktor aber leider völlig abhanden kam. In zwei
der Knüppelpassagen ließ der Drummer (ohrenscheinlich unbeabsichtigt)
einige Snares aus - prompt kam so etwas wie Progressivität oder Wiedererkennungswert
durch; vielleicht sollte man mit solchen Elementen bewußt spielen.
Daß Seelenschmerz gute Ideen haben, bewies vor allem ein in der Mitte
plazierter Track mit ausgedehnten treibend-folkloristischen Passagen zu
Anfang und zum Ende, deren Wirkung aber leider wieder durch einen dieser
austauschbaren schnellen Teile geschwächt wurde. Sie sind also definitiv
auf dem richtigen Weg und müssen nur noch einigen Stolpersteinen ausweichen.
Zum guten Schluß wurde gecovert, wobei die originelle Version des
Evergreens "Paranoid" (mit Gesangsteilung - die recht ansehnliche Keyboarderin
übernahm einen Teil der Vocals) hervorstach. Insgesamt ein guter Auftritt
einer Band, die ihren Weg gehen wird.
Ein Stück weiter in puncto
Originalität sind Exaudi (die etwas abgekapselte Stellung christlicher
Bands hatte in diesem Falle den Vorteil vergleichsweise unbeeinflußter
Entwicklung). Thoralf hatte mir vorher angekündigt, das neue Material
sei wieder etwas deathlastiger ausgefallen als das mehr in der Gothic-Ecke
angesiedelte vom 2001er Demo, und das bestätigte
sich in den anderthalb Stunden auch eindrucksvoll (obwohl natürlich
mit "Die Brücke über den Fluß", "Das Bild" und "Alte Kirche"
auch alle drei Demotracks gespielt wurden). Wie schon bei Seelenschmerz
empfand ich das Intro als etwas zu lang, aber dann ging's mit einem sehr
dicht inszenierten Instrumental gleich in die Vollen. Die Dichte bzw. deren
streckenweiser Mangel bildete allerdings im Verlaufe des Sets ein kleines
Problem, da speziell Drummer Andreas etwas zu undynamisch agierte und das
eine oder andere Soundloch hätte zuhämmern oder zubreaken müssen.
Aber dieses Problem hat jede zweite Doomband, und obwohl Exaudi wie erwähnt
das Tempo wieder ein gutes Stück angezogen haben, so blieben doch
viele sehr schleppende Passagen vorhanden, und gleich an dritter Stelle
stand der wohl langsamste Song, den Exaudi je geschrieben haben und der
auch auf Cathedrals Debütalbum nicht aus dem Rahmen gefallen wäre.
Neu hingegen war das Experiment, die eigentlich fürs Licht zuständige
Virginie auch gesanglich einzubinden - bewerten möchte ich es nicht,
da ich, obwohl ich einen Meter vorm Mischpult stand, soundlich nur wenig
von ihr mitbekommen habe, was aber an anderen Stellen der verwinkelten
Räumlichkeit deutlich anders gewesen sein soll, wie mir hinterher
berichtet wurde. Keyboarder Thomas singt ja mittlerweile auch so gut wie
nicht mehr, somit blieb Gitarrist Thoralf der größte Teil des
Gesanges vorbehalten, wobei er mit diversen sehr tiefen, aber klaren Passagen
eine gute Weiterentwicklung deutlich machte, größtenteils aber
weiter dem deathmetallischen Gesangsstil verpflichtet blieb. Da die Band
nur selten live spielt, merkte man ihr die fehlende Routine ein bißchen
an, aber da gibt's ja ein ganz simples Gegenmittel ... Auf eine Predigt
von der Bühne verzichteten Exaudi ebenfalls - sie trugen ganz einfach
ihr Scherflein zu einem guten Metalgig bei, der in der Gesamtbetrachtung
ein größeres Publikum verdient gehabt hätte.
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