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WITH FULL FORCE FESTIVAL
22.-24.06.2001 Roitzschjora
von
Janet
und Christian
Leider konnten wir in diesem
Jahr nicht mit unserem himmelblauen Barkas vorfahren, weil dieser nach
der letztjährigen Wackenheimreise zwar noch fährt, aber nicht
mehr anhält. Will sagen, keine Bremse geht mehr. Das gestaltete besagte
Heimreise zu einem Höhepunkt des Wacken 2000.
Aber das gehört nicht hierher. Wie wir uns schon fast im
letzten Jahr gedacht haben, gabs heuer wieder ein With Full Force!
(Christian)
Das With Full Force Festival
auf dem Flugplatz Roitzschjora bei Leipzig ist inzwischen zu einer Institution
geworden, bei dem Metal-Jünger und Hardcore-Hüpfer friedlich
koexistieren. Um die 25 000 Leute pilgern jährlich im Juni von überallher
für 3,4 Tage dahin, um Spaß zu haben. Das Wetter vermieste einem
das dieses Jahr ein bißchen. Der Freitag war regnerisch, der Sonnabend
irre windig und kalt, der Sonntag so sonnigheiß, daß die meisten
doch noch mit geröteten Gesichtern heimfuhren.
Im Vergleich zum Vorjahr waren
diesmal der Park- und der Zeltplatz miteinander vertauscht worden. Der
Sinn dieser Aktion blieb mir verschlossen. Nachdem wir mit dem Auto das
komplette Gelände umrunden mußten, hatten wir völlig die
Orientierung verloren und fanden sie so schnell auch nicht wieder.
Ansonsten gibt’s nichts zu
meckern. Es gab zwar weniger Einlaßstellen und weniger Dixis auf
dem Bühnengelände, aber irgendwie reichte das trotzdem aus. Massig
Verkaufsstände boten wieder nahezu alles an, was man als Fan so braucht.
Wo die Veranstalter nichts
dafür können: Es hatte den Anschein, als gäbe es dort diesmal
die meisten An-den-Zaun-Pinkler aller Zeiten. Ein Glück, daß
es die ersten Tage so kühl war - nicht auszudenken, der Gestank sonst
... Meine Freundin beobachtete beim Gang zum Zelt schon immer nur noch
aufmerksam ihre Füße. Angewidert erklärte sie mir: „Ich
will keine Puller mehr sehen ...“
Aber wenden wir uns nun der
Musik zu.
FREITAG
Warhammer waren für
die leider - uääähuuuuääh - ausgefallenen Voivod
eingesprungen. Die Mugge hatte ich noch nie gehört und mir irgendwie
anders vorgestellt. Vorgetragen wurde der stark Hellhammer-gefärbte
Knüppelsound sehr ambitioniert, auf nicht allzuviele Begeisterte kamen
jedoch mit Fortschreiten des Gigs etliche Genervte.
Die Farmerboys haben
sich durch Klasse-Platten und intensives Touring beharrlich immer weiter
nach oben geackert. Mit einigen Quasi-Hits im Gepäck und einer dicken
Traube Fans vor der Bühne ging das Fest hier erstmalig richtig los.
Einigermaßen schmerzlich waren nur die durch den ganzen Gig immer
wieder nicht richtig getroffenen Gesangstöne. Matze! Hat dir der Wind
die Monitorklänge weggeblasen oder so? Aua aua. Die Massen hat’s nicht
gestört. (Christian)
Mit großer Spannung
wurde vielerseits der Savatage-Auftritt
erwartet. Nach dem Ausscheiden von Gitarrist Al Pitrelli und Sänger
Zak Stevens bangten (von Bange sein, nicht von headbangen!) nicht wenige
Fans um die Zukunft ihrer Helden. Insbesondere auf die Neubesetzung des
Sängerpostens fokussierte sich alle Aufmerksamkeit. Ein leichter Schreck
durchfuhr glaub’ ich alle, als dann ein sehr schwarz aufgeputzter Gothik-Jüngling
in die Mitte der Bühne trat. Jemand sagte: „Cradle Of Filth sind doch
erst nachher dran!" Egal, Savatage begannen einen furiosen Gig, dessen
Schwerpunkt auf älterem, lange nicht gespielten Material lag. Alle
Klassiker wie ‚24 Hours Ago’, ‚Sirens’, ‚Edge Of Thorns’, ‚Hall Of The
Mountain King’ und – natürlich, sonst hätte ich was auf die Bühne
geschmissen – ‚Gutter Ballet’ waren vertreten. Viele der Songs wurden in
Medley-Form aneinandergereiht, so daß sich die Band in der begrenzten
Spielzeit kaum eine Verschnaufpause gönnte. Mitten im Set einsetzender
Regen störte weder Fans noch Band. Der mit seinen Keyboards traditionell
ganz vorn rechts am Bühnenrand postierte Jon Oliva wurde von den Roadies
kurzerhand zusammen mit seinen Klavieren in Plastikfolie eingepackt, was
dann aussah wie ein lustig musizierender und singender Mehrkomponentenabfall.
Mr. Mountain King sang den Großteil des Gigs höchstselbst und
wurde von Eigentlichsänger Damond meist nur unterstützt. Man
gewann ein wenig den Eindruck, als dürfte der Jüngling noch nicht
so wie er wollte. Der Mann kann jedenfals nicht still halten und meisterte
den Drahtseilakt mit Bravour, einen die Massen mitreißenden Frontmann
abgeben zu müssen, ohne viel zu singen. Das wenige was von seiner
Stimme zu hören war, läßt jedoch Großes erhoffen.
Mit dem alten Oliva-Gesangsstil scheint er ziemlich gut klarzukommen. Neugitarrist
Jack Frost (kuhler Name) ließ keine Wünsche offen. Die neuen
Savatage machten unglaublich Spaß, weil ihnen selbst der Spaß
an der Sache mehr als anzumerken war. Fazit: Alle waren naß und glücklich.
Klasse Show, abwarten was sich aus dieser Besetzung entwickelt!
Feuchte Augenwinkel waren
bei mir die Folge, als Megadeth mit ‚Wake Up Dead’ und ‚Peace Sells’
zum Tanze aufspielten. Daß ich das noch erleben darf! Megadave Mustaine
sieht immer noch so aus wie auf den Achtziger-Jahre-Titelblättern.
Die immer umstrittene Gesangsleistung gehört nicht umstritten! Ohne
dieses Gekrächze wären Megadeth nicht Megadeth. Das muß
eben so. Und auch wenn die Kapelle auf dem Full Force nicht wie ein ehemaliger
Mega-Stadion-Act gewirkt hat (mußten ja ebenfalls noch im hellen
Tageslicht auf die Bühne), so überzeugten die Mannen doch mit
einer engagierten, bodenständigen Show. Vom nagelneuen Album kam nur
ein Song, der sich jedoch zumindest live nahtlos in die Klassiker einreihte.
Aber dann. Oh Gott! Äh,
hihi, nee was sagt man denn da, oh Teufel auch! Es folgte der lustigste
Gig des Festivals. Was letztes Jahr Knorkator
hieß, war diesmal Cradle Of Filth. Nee nee. Also man muß
den armen Jungs zugestehen, daß sie inmitten der ohnehin schon schlechten
Soundzustände am allerschlechtesten dran waren. Die Mugge ging gut
ab, aber aus dem Klangmatsch war kaum was rauszuhören. Außerdem
präsentiert sich eine so böööse Band nich gut im hellen
Abendlicht. Und die Show-Utensilien! Meine Oberschenkel sind noch ganz
wund vom vielen Draufklatschen. Mitten im Gig kam ein lustiger Stelzenmann
auf die Bühne, der sich zur Musik böse bewegte und hinter und
über den Musikanten umherstieg. Er blieb für mehrere Songs, so
daß mir der Bauch dann sehr weh tat. Tut mir leid, aber wenn man
eine an visuellen Eindrücken reiche Show arrangieren will, die den
Geist der Musik transportieren soll, dann muß man wohl etwas mehr
Feingefühl und Geschmacks-Sicherheit aufbringen als Cradle Of Filth
auf dem Full Force. Wenn’s lustig gemeint war, dann war’s allerdings gelungen.
Bei Suicidal Tendencies
mußte ich mal was essen gehen. Aber was ich so mitbekam war ein Auftritt,
wie man ihn von Cyco Miko kennt. Der letzte verbliebene Tendencent hüpfbrüllte
mit Kopftuch die Massen in Ekstase und holte eine große Schar Fans
auf die Bühne, was von unten nicht ganz ungefährlich aussah.
Alles wartete auf Motörhead.
Wartete. 22:45 sollte Beginn sein. Ersma nix. Immer wieder kam jemand auf
die Bühne: „Hallo, wie geht’s euch blabla. Motörhead werden spielen!
Aaaaber ..." Jaja. Der Flieger kam wohl zu spät rein. Und man mußte
sich vielleicht auch erst in Spielstimmung trinken. Die fast zwei Stunden
Verspätung der Band versuchte ein völlig kaputter Verfasser mit
ein wenig Schlaf auf der Wiese zu überbrücken. Das geht aber
auf’m Full Force nicht, weil einem da dauernd jemand ins Gesicht tritt
und man wird davon wach. „Oooch, schuldchung." Oder „Huuäälps,
was liecht’n hier?" Jedenfalls kann man da nicht entspannen. Das Ende vom
Lied: Nachdem Motörhead dann 0:30 Uhr auf der Bühne standen bin
ich im Stehen eingepennt. Die werte Leserschaft kann mir glauben, daß
das am allermeisten mich selber ärgert. Was ich noch mitbekommen habe:
Lemmy kommt auf die Bühne, röchelt ins Mikro „mmmsorry we’re
late", und ab geht’s. Keiner nahm ihm mehr was übel. Der kleine Mann,
der für Millionen der personifizierte Rock’n’Roll ist, der ausgestreckte
Stinkefinger an alle Spießer und Schnösel, hat einfach mehr
Charisma als alle Hüpfcore- und New-Metal-Neukommer zusammen! Hab
mir erzählen lassen irgendwann soll noch Doro Pesch auf die Bühne
gestiefelt sein und einen Song mitgesungen haben, wovon man allerdings
nix hören konnte. Den Resonanzen derer zufolge, die alles gesehen
und gehört haben, sind Motörhead ihrem Tages-Headlinerstatus
mehr als gerecht geworden. (Christian)
NAPALM DEATH: Spät
in der Nacht, kurz vor 4 Uhr, betraten die britischen „Edel-Grinder“ im
Rahmen der Knüppelnacht die Bühne im Zelt. Obwohl es im Laufe
ihres Gigs taghell wurde, war von Müdigkeit in der Menge nichts zu
spüren. Erstaunlich viele hatten bis dahin ausgehalten und feierten
zu Recht die Extremmetaller um Barney Greenway und die immer noch merkwürdigste
Frisur der Szene, die von Bassist Shane Embury, ab. Im 14. Jahr nach der
Veröffentlichung des Debut-Albums sind hier keine Ermüdungserscheinungen
festzustellen. Im Gegenteil, das letzte Album, „Enemy Of The Music Business“,
haut stärker in die Fressen der geneigten Headbanger als manches in
der Zwischenzeit erschienene Werk der „Jungs“ von der Insel. Live sind
sie ohne Frage eine absolute Macht.
SONNABEND
HANGMEN: Kurzfristig
wurden die Jenaer ins Billing geholt und eröffneten fulminant den
Festival-Sonnabend. New Metal trifft ihren Stil nicht ganz. Zwar herrschen
brachiale Gitarren und ein fetter Baßsound vor, aber mit einem hervorragenden
Percussionisten und einem für einen Song auf die Bühne geholten
Panflöte-Spieler (sah aus wie ein richtiger Indianer, wie sie als
Straßenmusikanten aus Jenas Stadtbild kaum noch wegzudenken sind)
verstanden sie es bravourös, Grenzen zu sprengen. Äußerst
interessant! Diese Band sollte man im Auge behalten. Wie mir später
erzählt wurde, sollen HANGMEN nach ihrer Show vom Fleck weg zwei weitere
Festival-Angebote gemacht worden sein ...
CROWBAR: War ich früher
aufgrund der optischen Erscheinung der Männer (so ziemlich das genaue
Gegenteil von Kate Moss) voreingenommen, weil ich blöden New York
Hardcore vermutete, wurde ich beim ersten Anhören nicht nur eines
Besseren belehrt, sondern sofort vereinnahmt. „New Orleans Doom“ nennt
man in der Szene ihren Sound. Er ist heavy, böse, intensiv, baßlastig
und einzigartig. Live ein Erlebnis, auch wenn das Tageslicht nicht optimal
zu ihren knietiefen Zeitlupenklängen paßte.
DEVIN TOWNSEND: „Erinnert
sich noch wer an Strapping Young Lad?“ fragt man im Programmheft. Was für
eine Frage, dachte ich. Aber sie schien wohl doch berechtigt. Als der durchgedrehte
hyperaktive alleskönnende arbeitswütige SYL-Kopf aus Kanada die
Bühne betrat, war mengenmäßig höchstens ein Drittel
des von mir erwarteten Auditoriums zu diesem außergewöhnlichen
Trip bereit. Diese Enttäuschung verflog aber sofort mit den ersten
Tönen des Meisters. DEVIN TOWNSEND begeisterte mit seinem eigentlich
nicht zu beschreibenden Mix aus Industrial, Metal, Progrock, Melodien,
Punk und was weiß ich noch alles auf Anhieb. Auch SYL-Songs wurden
gespielt ... Es war grandios, meine Freunde und ich wurden gnadenlos mitgerissen
und gerieten so aus dem Häuschen, daß wir - und das ist kein
Scherz - Ringelreihen tanzten. Die Umstehenden machten entweder mit oder
erklärten uns für komplett verrückt. Ich hatte überhaupt
den Eindruck, daß viele Zuhörer dumm dastanden und gar nicht
begriffen, was da auf der Bühne vor sich ging. Schade eigentlich.
Ein Freund riß sich gar das T-Shirt vom Leib, ein Ausbruch, wie wir
ihn von ihm noch NIE erlebt hatten. DEVIN TOWNSEND, das Energiebündel,
war mit Abstand DAS Highlight des gesamten Wochenendes für mich. (Auch
wenn er aufpassen muß, daß er frisurentechnisch Shane Embury
nicht noch überholt ...)
SOULFLY: Die Brasilianer
um den ehemaligen Sepultura-Frontmann Max Cavalera mobilisierten, so hatte
es den Anschein, nahezu jeden einzelnen Festivalbesucher. So viele Leute
hab ich nichtmal beim letztjährigen Iron Maiden-Gig vor der Bühne
gesehen, glaub ich. Aber es war auch ziemlich klar, was die Menge hören
wollte. Bei Sepultura-Krachern wie „Roots, Bloody Roots“ tobte der Mob.
Der eigene Dschungel-Neo Thrash (ich nenn’s mal so) der Band wurde irgendwie
zu Beiwerk degradiert, obwohl er das ganz und gar nicht verdient hat. SOULFLY
überzeugten mit stilistischer Vielfalt, klaren politischen Ansagen
und einer energiegeladenen Bühnenshow.
PAIN: Peter Tägtgren
ist mit seinem Elektropopmetal-Projekt inzwischen Stammgast auf den großen
Open Airs. Wer ihn mal so gesehen hat, weiß auch, warum. Die rote
Teufelsschminke und das ganze Leder hat er diesmal weggelassen, kommt mittlerweile
auch viel besser mit ohne Gitarre vor dem Bauch zurecht und fegt wie ein
Derwisch über die Bühne. Gelungener Auftakt des Saturday Night
Fevers auf der Zeltbühne! Alles tanzt und singt und feiert. Für
mich ist danach Feierabend, friedlich geh ich in die Heia.
SONNTAG
Von Holy Moses besitze
ich nur ein grottenschlechtes Bootleg, mir war also nicht ganz klar, was
mich erwartet. Obwohl ich theoretisch über die nicht sehr weibliche
Stimme von Sabina Classen Bescheid wußte, überkamen mich auf
dem Weg zur Bühne leichte Zweifel, ob die running order geändert
worden sei, denn da sang ein Kerl. Da sang aber kein Kerl, sondern doch
Sabina. Und sie brüllte und grunzte, daß das Publikum das Fürchten
lernte! Die neu zusammengestellte Band bot einen supersympatischen, mitreißenden
Auftritt. Ein Comeback, das fällig war, wie die Publikumsreaktionen
bewiesen. Sabina war sichtlich überwältigt von der positiven
Resonanz der Massen und ließ es sich nicht nehmen, nach der Show
vom Absperrgraben aus jeden Fan anzufassen, den sie erwischen konnte. Hab
auch mal zugelangt. (Christian)
UNLEASHED: Daß
es die noch gibt, wunderte ich mich im Vorfeld ... Die vier Schweden haben
vier Jahre nichts von sich hören lassen, bevor sie in diesem Sommer
viermal auf Festivalbühnen stehen. Am frühen Nachmittag boten
sie eine energiegeladene Show rund um ihren straighten, schnörkellosen
Schweden-Todesblei. Johnny Hedlund und seine Mannen sind also zurück.
Ob sie unter den heutigen Death Metal-Bands ihre Vorreiterstellung bewahren
können, bleibt abzuwarten.
Nett am Rande: Das Volk wurde
mit in den Himmel gerichteten Wasserwerfern von der glühenden Hitze
erlöst, jedenfalls für eine Viertelstunde.
CATHEDRAL: Und dann,
endlich, und eigentlich doch zu früh, jedenfalls was die Tageszeit
betrifft (noch vor der Tea Time): Doom von der Insel. Die Briten waren
bisher an mir vorbeigerauscht, weil ihre letzten beiden Alben eine starke
rock’n’rollige Note hatte, was mir ja gar nicht behagt. Obwohl ihr neues
Album, „Endtyme“, wieder mehr „back to the roots“, also zu reinrassigerem
Doom à la „Forest Of Equilibrium“ (1991er CATHEDRAL-Debüt-Album)
geht, boten sie live doch mehr Songs aus ihrer Rock’n’Roll-Ära dar.
Klar, das geht einfach mehr ab. Für die richtigen Düsterteile
war es auch viiiel zu hell. Die Sonne blendete dermaßen, daß
ich mich in den Schatten der Bühne, also in die zweite Reihe, begab.
Was für ein Glück! Lee Dorrian hat jetzt definitiv einen Fan
mehr, mich. Meine Güte, hat der Mann eine Ausstrahlung. Sowas von
sympathisch! Vor mir tanzten seine Jünger im von den Wasserwerfern
verursachten Schlamm. Großartig!
NEVERMORE: Haargott
Warrel Dane betrat die Bühne ganz in Leder und mit weißer Maske
vor dem Gesicht, was gespenstisch und phantastisch aussah. Und dann legten
die Jungs aus Seattle auch schon los. Mit ihrem Auftritt in Berlin, dem
ich das Glück hatte beizuwohnen, ließ sich das hier nicht vergleichen,
es war schlichtweg zu kurz. Dennoch grasten sie souverän alle ihre
Schaffensperioden ab, mit Hauptaugenmerk allerdings auf melodischeres,
eingängigeres Material, um das bierselige Festivalpublikum nicht zu
überfordern. Aber ihr technisches Können stellten sie hier und
da trotzdem zur Schau. Zu Recht! Eine begnadete Band, die ich anbete.
Nachdem viele der – wie
mir schien – schon gegenüber dem Vorjahr nicht ganz so zahlreichen
Festivalbesucher am Sonntagabend bereits die Heimreise angetreten hatten,
standen Judas Priest vor einem merklich geschmolzenen Publikum.
Sänger Ripper Owens betrat die Bühne in einer Schmunzeljacke,
die aussah, als wäre sie ganz aus Blech. Im Hintergrund prangte das
Cover-Artwork des neuen und schon stark umstrittenen Albums „Demolition",
auf dessen Songs während des Gigs gänzlich verzichtet wurde.
Der starke Schwerpunkt lag auf Klassikern aus der „British Steel"-Zeit
und darum herum, die vom Ripper astrein gesungen wurden. Selbstverständlich
wurde nicht auf den 'Painkiller' verzichtet, und auch der Ripper fuhr –
wie sein Vorgänger „Metal God“ Halford – mit einer entsprechend gestylten
Chopper auf die Bühne. Abwechslung wurde geboten in Form der Akustik-Ballade
'Diamonds And Rust'. Das Haupttempo bewegte sich ansonsten im Mid- und
Stampfbereich. Das Gaspedal wurde leider eher selten durchgetreten. Zur
Gesangsleistung des Halford-Nachfolgers bleibt nur zu sagen: Wiedermal
über jeden Zweifel erhaben, einfach herrlich! Aber mir bleibt nach
Judas Priest ein schaler Geschmack im Mund. Wieso? Nicht vom lecker Reudnitzer
Pils, nee. Sondern die Band wirkte irgendwie eher gelassen als enthusiastisch.
Man spulte sein Headliner-Programm ein wenig einfach nur herunter. Auf
der „Jugulator“-Hallen-Tour z.B. kam viel mehr Spielfreude und Arschtritt
rüber als auf der Full-Force-Show. Im direkten Vergleich mit der furiosen
Show von Iron Maiden im Vorjahr muß ich leider sagen: Kein Vergleich!
(Christian)
Noch was Witziges am Rande:
Wer öfters auf Festivals fährt, dem wird er schonmal aufgefallen
sein: Jürgen, der „Pfandpirat“. Mit einer erstaunlichen Geduld sammelt
er, der selbst nie Bier trinkt, Pfand-Bierbecher und verläßt
so trotz der nicht unerheblichen Eintrittspreise die Festivals mit mehr
Geld, als er beim Einlaß in der Tasche hatte. Beim With Full Force
wollte man dem wohl entgegensteuern, und so gab es zu jedem Bier eine Marke
dazu. Nur wer Becher und Marke abgab, erhielt seinen Pfand zurück.
Als Jürgen mir mal wieder mit einem Riesenstapel Becher über
den Weg lief, erzählte ich ihm höhnisch von den Marken. Völlig
unbeeindruckt griff er in seine Tasche und hielt mir den Worten „Meinste
die hier?“ ungefähr 40 jener Alu-Unterlegscheiben unter die Nase.
1:0 für Jürgen ...
(Kistenweise mehr Bilder gibt's
auf der Homepage www.withfullforce.de
- von dort sind auch die drei obigen entnommen.)
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