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Gideon 02.02.2001
Chemnitz, Arche
von
rls
Alle Jahre wieder kommt nicht
nur das Christuskind, sondern auch Gideon in die Arche. Nachdem ich 1999
schwer begeistert war und den 2000er Unplugged-Gig aus Termingründen
sausen lassen mußte, war es nun mal wieder an der Zeit für mich,
alle Hebel in Bewegung zu setzen (besonders natürlich das Gaspedal
meines bewährten Zwickauer Untersatzes), um die Band livehaftig zu
erleben. Etliche andere Zielgruppenangehörige hatten sich allerdings
angesichts mittelschweren Schneefalls und entsprechender Straßenzustände
zum Zuhausebleiben entschlossen, was erstmals in meiner Arche-Zeit zu einer
sichtbaren Ausdünnung der Publikumsreihen führte.
Gideon gingen auch diesmal
mehr oder weniger unplugged zu Werke, verstanden es aber blendend, besoffenes
Lagerfeuerfeeling außen vor zu lassen. Als ich verkehrsbedingt eine
Viertelstunde zu spät eintraf, intonierten sie mit "Angst" gerade
den dritten Song ("Wichtig." und "Regenbogen" hatte ich verpaßt),
und schnell wurde klar, daß es auch die semiakustische Version dieses
Songs schaffen würde, die doch recht energiearme Studiovariante in
den Schatten zu stellen. Mit den anderen (powermäßig gediegeneren)
Tracks der neuen "Wichtig."-CD im Hinterkopf
machte sich zwar die eine oder andere Hörgewohnheitsumstellung notwendig,
da beispielsweise der "Boogie" unplugged doch um etliches anders klang,
aber "anders" bedeutet in diesem Falle wirklich nur "anders" und nicht
etwa "schlechter". Gideon bewiesen ein goldenes Händchen, wie man
nicht nur kraftvoll vor sich hin rockt, sondern auch, wie man diese Vorlagen
auf niedrigeren Gängen transportiert. Einzig Drummer Enrico ließ
sich vom Unplugged-Charakter wenig stören - er machte von hinten her
Dampf, wo es nötig war, und bewies ein weiteres Mal, daß er
ein wahrer Jungbrunnen für die Band ist. Obwohl die "Wichtig."-Tracks
erwartungsgemäß die 80 Minuten dominierten, bekam das geneigte
Auditorium mit "Geiler wär's schon, wir hätten mehr Geld" (offenbar
so 'ne Art inoffizieller Nachfolger von "Mammon") einen Vorgeschmack auf
das brandaktuelle Schaffen der Dorfchemnitzer, und ihre Vergangenheit verleugneten
sie ebenfalls nicht: "Jesus On The Main Line" durfte nicht fehlen, und
das angesichts der Wetterlage mehr als passende "Heiligabend" wurde gleich
anderthalbmal gespielt, weil Keyboarder Markus eine Tonart angeschlagen
hatte, mit der seine Bandkollegen nicht so recht glücklich wurden,
was für große Heiterkeit im Saale sorgte. Sogar zweimal kam
man in den Genuß der violinenunterstützten Ballade "Maskenball"
(einmal regulär und nochmal als Zugabe), damit durchaus wieder mal
meiner persönlichen Lebenslage der vorangegangenen Woche einen Spiegel
vorhaltend und jedesmal aufs neue für einen emotionalen Overkill gut.
Und ohne den Anton Günther-Kultklassiker "'s is Feierobnd" wurden
Gideon natürlich auch nicht von der Bühne gelassen - diesmal
gab's ihn a cappella mit dreistimmigem Satzgesang, nur leider in der von
mir weniger geliebten Version ohne die Fermaten auf die "obnd"-Silben,
was der ganzen Sache aber nur einen sehr geringen Abbruch tat. Heikos Mikro
war wieder mal nicht laut genug, aber das bin ich ja nun schon gewöhnt,
und man konnte trotzdem durchhören, daß er trotz gesundheitlicher
Angeknackstheit eine ausgezeichnete Gesangsleistung ablieferte. Überhaupt
präsentierte sich die Band fit wie ein Turnschuh, und das läßt
mich doch sehr optimistisch in die Zukunft blicken. Immerhin steht 2002
schon das 15jährige Bandjubiläum im
Kalender. Dann möchte ich Gideon (und Jesus Crew!) aber endlich wieder
auf einer geräumigen Bühne vor einem riesigen Following abrocken
sehen.
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