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Deuteronomium, Sacrificium
22.07.2000 Oelsnitz (Erzgebirge), Heavy & Biker
Treff
von
rls
Tja, Promo für einen Gig
ist so 'ne Sache, und so richtig schien die für diesen nicht funktioniert
zu haben. Angekündigt eigentlich für Chemnitz und mit Acoustic
Torment als dritter Band, bekam ich überhaupt erst am Abend vorher
Wind von dem Gig, und mit etwas Mühe ließ sich dann auch die
korrigierte Lokalität herausfinden (danke, liebes Internet). Die mir
bekannte Zeit von 20 Uhr markierte wieder mal den Einlaßbeginn, los
ging's dann um zehn nach zehn, als sich vielleicht 70 oder 80 Leutchen
eingefunden hatten.
Sacrificium
standen nach neunmonatiger Liveabstinenz erstmals wieder auf den Brettern,
die die Bühne bilden, und entschuldigten sich vorsorglich für
alle Fehler, die aufgrund der noch nicht wieder hundertprozentig zurückgewonnenen
Liveroutine zustande kämen. Die hätte man mit einer Ausnahme
aber eh nur diagnostizieren können, wenn man mit dem Material der
Band vertraut gewesen wäre, und das war kaum einer im Heavy &
Biker Treff, der im normalen Leben eine ganz gewöhnliche Sportplatzkneipe
zu sein scheint. Klassischer Death Metal mit christlichen, ob des Growlings
von Roman am Mikro aber nahezu unverständlichen Lyrics ist das Metier
des Schwabenfünfers, wobei das Tempo eher in unteren bis mittleren
Bereichen angesiedelt war, was nicht heißt, daß man nicht auch
mal ordentlich aufs Gaspedal getreten hätte (was laut Bandkopf Oliver
in Zukunft etwas verstärkt passieren wird). Klar, so richtig originell
waren Sacrificium nicht (einige Gitarrenharmonien in den Doomparts erinnerten
z.B. verdächtig an Paramaecium), aber was sie machten, das machten
sie gut. Sie variierten in den zumeist überlangen Tracks das Tempo
geschickt, so daß keine Langeweile hätte aufkommen sollen, die
Gitarrenfraktion Oliver und Claudio ließ es auch mal etwas melodischer
angehen, wozu Roman dann noch ein paar Keyboards addierte - und dann wurde
wieder relativ abrupt geknüppelt, wobei Claudios Backings gar noch
finsterer durch die Gegend growlten als Romans Leadgesang. Messagetechnisch
hielten sich die Jungs angesichts des in religiöser Hinsicht gemischten
Publikums übrigens etwas zurück. Apropos Publikum: So richtig
wollte der Funke nicht überspringen - man gab zwar wohlwollenden Applaus,
aber fleißig gebangt wurde eigentlich nur auf der Bühne und
nicht vor derselben. In musikalischer Hinsicht trotzdem eine sehr ansprechende
Leistung Sacrificiums (beste Songs: "Zustand: Tot" und "Psalm Of An Unborn")
und eine ausgesprochen unterhaltsame Stunde. Plattenfirmen hergehört:
Die Jungs sind derzeit noch zu haben!
Deuteronomium
waren auf den Plakaten als Black Metal angekündigt, obwohl sie in
religiöser Hinsicht nun gar nix und in musikalischer Hinsicht seit
ihrem leicht angeblackten Debüt "Street Corner Queen" auch nichts
mehr damit zu tun haben. Vielmehr regierte Death N' Roll mit einem Energielevel,
wie es die Konkurrenz von Entombed bis Crack Up gerne hinbekommen würde,
aber sich permanent die Zähne dran ausbeißt. Die Finnen absolvierten
ihren ersten Gig in Deutschland überhaupt und waren entsprechend motiviert,
sprangen auf der Bühne umher, als hätten sie versehentlich noch
nicht runtertransformierten Strom auf ihre Instrumente bekommen, rockten
sich zielsicher durch Hits wie "Street Corner Queen" oder das saustarke
"Red River", dessen Ansage ebenfalls die einzige Message des Gigs bleiben
sollte, und ließen ein ums andere Mal durchscheinen, daß sie
locker in der Lage wären, ein mittelgroßes Fußballstadion
in enthusiastische Bewegung zu versetzen. Der Sänger sorgte mit wildem
Grunzgesang dafür, daß die christlichen Lyrics bei Bedarf in
den Booklets der erhältlichen CDs hätten nachgelesen werden müssen,
der Drummer war ein kleines bißchen zu laut abgemischt, rechtfertigte
das aber durch präzises und lebendiges, aber nicht zu verspieltes
Verhauen seines Instrumentes, und der Rest der Band komplettierte diese
Lehrstunde in puncto positiver Power. Das Auditorium indes stellte auch
bei Deuteronomium anfangs unter Beweis, daß es zu den schläfrigsten
gehörte, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Erst nach dem halben
Gig tauten einige Leute urplötzlich auf und begannen zu moshen und/oder
fleißig zu bangen (an dieser Stelle ein herzlicher Gruß an
die hübsche Blondine mit den rapunzellangen Haaren), und ohne eine
Zugabe ließ man das Quartett aus dem Land der tausend Seen schließlich
auch nicht gehen.
Bleibt die Erinnerung an eine
gute und eine ausgezeichnete Liveband aus der ganz harten christlichen
Ecke - beide dringendst ancheckungswürdig, zumal man sowas ja auch
nicht alle Tage vor seiner Haustür bekommt. Acoustic Torment hätten
das Package sicher noch würdig abgerundet, aber der hiesige Veranstalter
wollte leider nur zwei Bands spielen lassen. Egal - Großteilen des
Auditoriums hat's unterm Strich doch gefallen, auch wenn der wohl Black
Metal erhofft habende Typ mit Patronengurt und Darkthrone-Shirt neben mir
nach zwei Songs von Deuteronomium enttäuscht das Weite suchte. C'est
la vie.
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