Poets Of The Fall
von js anno 2012
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Die Alternative-Rock-Band aus Helsinki ist derzeit auf ihrer ersten Headliner-Tour in Deutschland. 2003 startete ihre Karriere nach dem erfolgreichen Songwriting von "Late Goodbye" für das populäre PC-Spiel "Max Payne 2". Jedes Jahr steigt ihr Erfolg weiter die Karriereleiter rauf und sie erhalten einen Preis nach dem anderen.
Ein verregneter Nachmittag in Berlin in einem unscheinbaren Hotel. Hier treffen wir den Sänger Marco Saaresto. Er erschien allein. Der Drummer Jari Salminen, der Johnny Depp zum Verwechseln ähnelt, saß an der Theke der Rezeption und verfolgte das Tagesgeschehen in seiner Zeitung. Es war schade, dass wir nicht mit den anderen Bandmitgliedern sprechen konnten. Aber das Gespräch mit Marco war für uns trotzdem sehr aufschlussreich. Der typische Smalltalk lockerte die aufgeregte Stimmung etwas auf. Marco war ein bisschen müde, da er zu dem Zeitpunkt nur vier Stunden Schlaf hinter sich hatte. Solange die Musik der Band jedoch Spaß macht, und das konnte uns Marco bestätigen, nimmt man den Schlafmangel gerne in Kauf.
Wo sind denn eigentlich die anderen Bandmitglieder bzw. warum bist Du heute allein?
Jari (Drummer) sitzt, wie ihr seht, an der Theke und trinkt Kaffee, einer schläft, da er nur eine Stunde geschlafen hat und die anderen sind beim Soundcheck. Ich habe andere Zeiten für den Soundcheck und nehme mir jetzt hier die Zeit für euch.
Wie habt Ihr Euch damals kennen gelernt?
Wir haben vorher in anderen Bands gespielt. Eine davon hieß Fuzz. Wir kamen da allerdings nicht so richtig zum Musikmachen. Das klang eher nach Krach als nach allem anderen. Da konnte man auch nicht wirklich zu singen. Dann haben wir es noch in anderen Konstellationen versucht, bis wir irgendwann festgestellt haben, dass es passt - und so entstanden die Poets Of The Fall.
Was bedeutet Euer Bandname?
Wir haben sehr lange darüber nachgedacht. Wir mussten etwas finden, das zu unserem Musikstil passt; was die Stimmung, die Eindrücke - einfach alles, was wir verkörpern - zum Ausdruck bringt - etwas, das Neugier erzeugt. Es musste gleichzeitig auch etwas Bedrückendes haben, weil man im Leben viele Abstürze hat und man damit klarkommen muss. Wir sind die Architekten unseres Daseins. Es soll eine poetische Darstellung des Lebens sein.
In dem Moment wird Marco ein Cafe-Latte gebracht. Er sagt, dass er Kaffee mit extrem viel Milch liebt.
Marco, 2003 begann Euer Bandprojekt. Ich habe gelesen, dass Du Deinen gesamten Besitz verkauft hast und zurück zu Deinen Eltern gezogen bist. War die Zeit für Dich hart? Wenn ja, in wie fern?
Es war sehr hart und schwierig. Wenn man schon ein eigenes Leben aufgebaut hat, erwachsen ist, eine eigene Wohnung besitzt und sein eigenes Auto fährt, dann ist das schon ein sehr seltsames Gefühl, plötzlich wieder zu seinen Eltern zurückzukehren. Ich habe dort acht Monate im Keller gewohnt. Es war zwar schön und sie hatten mich auch gerne um sich, aber es ist trotzdem eigenartig. Für seine Mutter ist man immer das "kleine Kind" und die Fürsorglichkeit von früher ist wieder da, obwohl man sich bereits zu einem eigenständigen Individuum entwickelt hat. Aber ich habe heute trotzdem ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern.
Gibt es etwas, was Du seit damals vermisst?
Nein, eigentlich nicht.
Wie wirkt der Erfolg auf Euch?
Im engeren Kreis mit Freunden und der Familie macht es für mich innerhalb der Beziehungen keinen Unterschied, außer dass man sich weniger sieht. Ich versuche dieselbe Person zu sein wie vorher und mir treu zu bleiben. Im Grunde sehe ich mich einfach als kleines Kind, das es mag, zu singen. ("In fact I'm just a little kid, who likes to sing.")
Was kommt bei Euch beim Songwriting zuerst - der Text oder die Melodie?
Es geht Hand in Hand über. Die Melodie ist meistens eher da. Außer bei dem jetzigen Album "Temple Of Thought". Da fielen mir die Texte eher ein. Ich denke dann auch besonders über meine Gefühle nach und schaue in mich, wie es mir geht. Daraufhin kommen dann die Texte aus mir heraus. Vieles nehme ich aus meinem Umfeld auf. Die Band hilft mir, wenn bereits einzelne Stücke eines gesamten Textes entstehen, diese in Einklang zu bringen, sodass auch die Melodie dazu passt und daraus ein Kunstwerk entsteht. Wir spielen alles mit den Ideen zusammen durch und arbeiten an dem Song, bis er vollendet ist. Manchmal schaue ich in mein Smartphone. Dort sind schon vorgefertigte Lieder oder Melodien abgespeichert, an denen ich mich teilweise orientiere.
Schreibt Ihr Songs zusammen in der Gruppe?
Ich schreibe meistens die Texte. Die anderen Bandmitglieder sind trotzdem wichtig. Meistens spielen sie mir was vor und ich höre es mir dann an, um zu beurteilen, ob die Melodie Potential hat oder ob sie bei den Fans eher langweilig ankommt. Dann vergehen meistens ein paar Stunden oder Tage und dann arbeiten wir daran zusammen weiter.
Was sollen Eure Fans am meisten von Euren Texten mitnehmen?
Jeder Song ist wichtig und unsere Fans sollen auch die Botschaften zwischen den Zeilen mitbekommen. Es ist nicht so, dass wir einfach irgendwelche Texte schreiben und passende Musik dazu machen, nur um auf der Bühne zu stehen. Wir wollen eine Botschaft vermitteln. Hauptsächlich die, dass das Leben mal gut und mal schlecht laufen kann. Wie an der Börse geht es auf und ab, aber schaut man sich die Lebenslinie im Gesamtabschnitt an, geht es doch immer bergauf - und das ist das Entscheidende.
Eure Videos sind speziell, mystisch, gefühlvoll, romantisch - woher nehmt Ihr die Inspiration für ein Video?
Die Inspiration kommt natürlich vom Leben selbst. Was um mich passiert, wenn wir z.B. mit dem Auto durch die Landschaft fahren, was im eigenen Umfeld so passiert und was einen vor allem emotional auch persönlich betrifft, so kommen einem immer wieder Ideen für neue Lieder und dementsprechend natürlich auch passende Videos dazu, da man mit bestimmten Situationen und Emotionen, über die man singt, natürlich entsprechende Bilder im Kopf hat, die verarbeitet werden wollen.
Basiert die Geschichte in "Cradled In Love" auf wahren Begebenheiten?
Ja, sie handelt von eigenen Erfahrungen. Egal ob es mich selbst betrifft oder ob es Geschichten von Freunden/Bekannten oder aus der Familie sind, die man mitbekommt und die einen dann sehr bewegen. Wie gesagt: Manchmal, wenn Du in einem Auto sitzt und durch die Straßen fährst, siehst du viele Menschen in unterschiedlichsten Situationen. Dann können am Tag manchmal zwanzig verschiedene Eindrücke auf einen einwirken, die sich dann in unseren Songtexten wiederfinden.
Was, glaubt Ihr, ist heutzutage wichtig, damit eine Band wie Ihr Erfolg hat?
Gute Musik auf jeden Fall. Es gehört auch eine eigene Band-Persönlichkeit dazu. Wir erleben es tagtäglich an uns selbst, dass es Höhen und Tiefen gibt. Es ist wie eine Achterbahnfahrt. Damit muss man lernen umzugehen, auch wenn es eine gewisse Zeit schwierig ist.
Wenn man allerdings auf Eure Bandgeschichte zurückblickt, sieht man selbst nur die Höhen.
Ja na klar. Das ist so, wenn man von der Außenseite auf unsere Geschichte blickt. Aber man glaubt es selbst nicht, wenn man es nicht selbst erlebt. Zum Beispiel kostet unsere Tour sehr viel Geld. Mehrere Höhen und Tiefen können sich in 3 Jahren abspielen, das kann aber auch alles an einem Tag geschehen. Wenn wir z.B. einen neuen Song haben, hoffen wir immer wieder, dass er jedem gefällt. Und wenn nicht, kann das ein unglaublich niederschlagendes Gefühl sein. Und als neue Band braucht man natürlich auch jede Menge Glück. Dann kann alles gefühlte tausend Mal schief gehen, bis es dann beim tausend und ersten Mal klappt.
Nennt 3 Gründe, warum man Euch unbedingt live erlebt haben sollte.
Weil wir zum Ersten Musik mögen. Das kann man besonders gut live erkennen, wie man sich als Band verhält und wie man zur Musik steht. Weiterhin können wir live unseren Songs eine größere, intensivere Atmosphäre verleihen als auf der Platte selbst. So wie die Musik aus der Konserve auf einen wirkt, nur mindestens 10x stärker ist es, live dabei zu sein. Weiterhin erleben wir oft, dass die Fans Spaß daran haben uns live zu sehen. Wir wollen das Gefühl vermitteln, sich auf einer Reise zu befinden, mit zahlreichen unterschiedlichen Erlebnissen - den Ups and Downs.
Die Songs, die Ihr zu Euren Live-Auftritten spielt, wählt Ihr diese nach einem bestimmten Muster aus oder geht es darum: Hauptsache ein guter Mix aus den neuen und alten Songs?
Es geht uns nicht darum, Songs zu spielen, die laut und schnell sind. Man kann natürlich nicht einfach drauf los spielen. Es soll eine geschlossene Reise sein, die an einem Punkt beginnt und an einem anderen endet. Dazwischen finden wir viele Ups and Downs.
Seid Ihr vor dem heutigen Auftritt aufgeregt, vor allem weil ihr wisst, dass das Konzert aufgrund der hohen Anfrage in eine größere Location verlegt wurde?
Aufgeregt ist man immer, egal auf welche Art. Wir sind natürlich positiv überrascht und freuen uns schon riesig. Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass die eigentlich geplante Location dann doch zu klein ist.
Wird man Euch nächstes Jahr auf Festivals spielen sehen?
Wir würden uns freuen. Sobald wir eine Einladung bekommen, sind wir auf jeden Fall dabei - natürlich auch sehr gern in Deutschland.
Was macht Ihr außerhalb der Band? Jobs? Hobbies?
Ich treffe mich mit Freunden und der Familie. Und ich mache Yoga. Es ist sehr entspannend und auch wenn es nicht den Anschein macht, kann es auch anstrengend sein.
Wie viele Sprachen sprichst Du eigentlich?
Oh, es sind eine Menge: Finnisch, Englisch, Französisch, ein bisschen Deutsch und Norwegisch/Schwedisch/Dänisch - was sich ja sehr ähnelt.
Kannst Du ein bisschen Deutsch sprechen?
Ja, kann ich. Es sind die typischen Sprachkenntnisse, die man in der Schule lernt. Es gibt zum Beispiel einen Satz aus der Jason-Bourne-Reihe, den wir immer und immer wieder gesagt haben, als wir früher in Deutschland waren. Ich kann mich nur leider nicht mehr hundertprozentig erinnern. (lächelt)
Daraus schließen wir, dass du Filme magst?
Oh ja, sehr sogar. Ich bin da auch sehr in Richtung Fantasy interessiert. Ich spiele beispielsweise auch ab und zu mal "Dungeons and Dragons" oder lese Bücher, die in Richtung Fantasy agieren.
Kennt Ihr auch andere Bands aus Finnland wie z.B. HIM?
Ja, na klar. Man trifft sich ja auch öfter mal auf den kleineren Festivals in Finnland und generell in Skandinavien. Es ist auch super, Teil einer Gruppe zu sein, die sehr erfolgreich skandinavische Musik in die ganze Welt transportiert und zeigt, dass wir uns keinesfalls hinter beispielsweise großen amerikanischen Bands verstecken müssen; dass wir innovative und vor allem ehrliche Musik machen. Es ist ein gutes Gefühl, genannt zu werden, wenn nach erfolgreichen skandinavischen Bands gefragt wird.
Was können Eure Fans heute erwarten?
Uns natürlich. Eine gute Show und viel Abwechslung. Immerhin ist die unsere erste eigenständige Headliner-Tour in Deutschland.
Wollt Ihr Euren Fans noch etwas sagen?
COME SEE US! Wir freuen uns, euch zu sehen.
Vielen Dank. Wir bedanken uns sehr für das Interview.
Danke auch Euch. Ihr seid nun auch ein Teil der Geschichte der Poets Of The Fall und es war inspirierend, dass auch mal andere Fragen dabei waren, über die ich so noch nicht nachgedacht habe. Tausend Mal dieselben Fragen zu beantworten, wird ja doch manchmal ein wenig langweilig. Es sind seit 2004 größtenteils dieselben Fragen, die gestellt werden. Klar, dadurch, dass sich die eigene Meinung durch bestimmte Ereignisse mal ändern kann, fällt die Antwort zwar ab und zu ein wenig unterschiedlich aus - ist aber immer ehrlich. Leider ist unsere Zeit dann auch schon um. Ich wünsche euch beiden heute auf jeden Fall viel Spaß bei unserem Konzert und hoffe, dass es euch gefallen wird. Viel Spaß noch und einen schönen Tag. :-)
Das Treffen endet mit zwei Fotos und dass wir der Band viel Erfolg für den Auftritt wünschen, bei dem wir selbstverständlich mit anwesend sein werden. Es hat uns gefreut Marco persönlich kennen zu lernen und zu sehen, was für eine Persönlichkeit hinter ihm und der gesamten Band steckt. Es ist eine bodenständige Truppe, die ihr Potential vollkommen ausleben kann. Und das erkennt man am Erfolg und an der Unterstützung der Fans.
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