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Alexisonfire
von kk anno 2009

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Eine Band einem Genre zuzuordnen ist nicht immer einfach. So wollen sich Alexisonfire nicht unbedingt den Screamo-Stempel aufdrücken lassen. Fakt ist jedoch, dass das, was sie spielen, einer großen Fangemeinde zuspricht. Im Sommer 2009 erschien ihr aktuelles Album "Old Crows/Young Cardinals", das sie jetzt in Deutschland im Rahmen der Eastpak Antidote Tour vorgestellt haben. Die Gelegenheit habe ich genutzt, um mit dem Shouter der Band, George Pettit, zu sprechen.

Ihr seid nicht zum ersten Mal in Deutschland. Was ist das Peinlichste, das euch hier passiert ist?
George [Gesang]: Wir waren einmal in Hamburg, mit unseren Freunden von Johnny Truant und haben uns entschieden, in einen Stripclub zu gehen. Wir setzen uns in den Club, und da ist eine Stripperin, ein massiveres Mädchen. Und dann arbeitet da ein Mädchen an der Bar, mit einer Wunde an ihrem Nacken, sah echt schlimm aus. Auf jeden Fall sitzen wir da und die Barkeeperin kommt mit Champagner-Flaschen zu uns und sagt "Hier ist euer Champagner", und wir "Wir haben keinen Champagner bestellt", woraufhin sie wieder sagte "Doch, habt ihr". Dann hat sich herausgestellt, dass die jeweils 120 Euro kosten. Die wollten uns berauben. Und in dem Moment kam so ein Typ mit Tattoos im Gesicht aus dem Hintergrund und ... Ja, das war ziemlich peinlich. Wir wurden in einem Stripclub beraubt. Kanadische Touristen in einem Stripclub in Hamburg.

Wie habt ihr euch kennengelernt, wie wurdet ihr Alexisonfire?
George: Wir haben uns glaube ich 2001 getroffen, wir kannten uns aus anderen Bands, in denen wir gespielt hatten. Diese alten Bands lösten sich gerade auf und wir wollten was Neues probieren. Wade, Dallas und Jesse hatten sich zusammengetan, um zu üben und sie riefen mich und Steele an und fragten, ob wir in einer Band anfangen wollen. Wir kannten uns alle aus der lokalen Musikszene.

Ihr habt euch nach der Pornodarstellerin Alexis Fire benannt. Hat sie euch jemals gesagt, ob sie eure Musik mag oder nicht?
George: Am Anfang hat sie uns gebeten, unsere Website aus dem Internet zu nehmen, 2001 war das. Irgendjemand, der für sie arbeitete, hatte uns kontaktiert, aber sie haben es seitdem nicht noch einmal erwähnt. Ich glaube, wegen uns wurde ihre Website ziemlich oft geklickt. (lacht) Gut für sie.

War es am Anfang leicht für euch? Wie ist es als neue Band in Kanada?
George: Ich würde nicht sagen, dass es einfach war. Es ist ziemlich seltsam anzufangen. Wir waren keine Band mit vielen Zielen, wir haben einfach am Wochenende ein paar Konzerte gespielt. Das hat uns einfach Spaß gemacht. Ich glaube, in Southern Ontario war es eher einfach, weil es ziemlich viele Orte gab, an denen man spielen konnte. Da leben sieben Millionen Menschen im Umkreis von zwei Stunden. Da kannst du am Wochenende in die kleinen Städte fahren und Shows spielen. So lernt man auch, seine Musik live zu spielen. Zu der Zeit gab es eine gute Szene. Wie das jetzt ist, kann ich nicht sagen, die Musik hat sich in den letzten acht Jahren geändert, oder eben so lang, wie wir schon eine Band sind.

Nach acht Jahren, was verstehst du unter einer Hardcore-Szene?
George: Die Punk-Szene ist, glaube ich, immer tiefer in den Untergrund gegangen. Es gibt noch Massen an guten Punk- und Rock-Bands, und das meiste kennen die meisten Leute nicht. Und als Band, die einen großen kommerziellen Erfolg in Kanada hat, teilst du dir oft eine Bühne mit Bands, die du nicht unbedingt magst. Und dann sind da auf der anderen Seite ziemlich gute Bands, die sich rumschlagen und kleine Shows spielen. Aber wie dem auch sei. Mein Verständnis von Hardcore ... Das hat sich alles so sehr geändert. Die Hardcore-Wurzeln sind immer noch da, es gibt nur nicht mehr viele, die es hören.

Magst du die Bands vom heutigen Abend?
George: Ja, The Ghost Of A Thousand sind großartig, und mit Anti-Flag sind wir gut befreundet, mit denen haben wir ziemlich viele Touren gespielt.

Von Four Years Strong hat man noch nicht ganz so viel gehört.
George: Die sind wie New Found Glory mit Breakdowns, so etwas neuartiges Amerikanisches. Ja, dein Gesicht sagt alles. Nichts gegen die Typen, die sind nett und ich wünsche ihnen viel Erfolg. Aber mein Fall ist es auch nicht. (lacht)

Ist es wichtig für euch, ob ihr zur Szene gehört oder nicht?
George: Ich kümmer mich nicht wirklich darum, ob die Hardcore-Kids uns akzeptieren. So gern ich Hardcore mag und es höre, viele Sachen werden da sehr engstirnig gesehen. Ich bin einfach ein Fan von Musik. Ob ich da nun als Emo-Kid oder als Hardcore-Kid oder Indie-Shoegaze-Kid bezeichnet werde oder was auch immer. Ich bin einfach jemand, der Musik sehr mag. Ich finde es wichtig, die Szene zu haben und es ist wichtig, dass es sie gibt, um aufstrebende Bands zu unterstützen. Aber wir haben diese Band nicht gegründet, um zu den Hardcore-Kids zu gehören. Jeder kann zu einem Alexisonfire-Konzert kommen.

Welchem Genre würdest du Alexisonfire zuordnen?
George: Du zielst auf Screamo. Als Screamo-Band wird man mit vielen beschissenen Bands in eine Schublade geworfen. Aber ich glaube, wir haben unsere Wurzeln im Screamo. Als wir als Band anfingen, habe ich viel frühen Screamo gehört, Level Plane Records-Bands wie Saetia, Neil Perry, ich mochte Orchid, pg. 99, diese Bands haben uns sehr beeinflusst. Hin oder her, ob wir mit denen zusammen passen, ist eine andere Sache. Wir haben unser Ding gemacht. Screamo ist die einfache Variante, uns zuzuordnen. Ich weiß nicht was unser Genre ist. Heavy Rock mit viel melodischem Gesang und Screaming.

Die Crisis-Tour war für euch lang und anstrengend. Das kann zur Belastungsprobe für Freundschaften werden. Wie seid ihr damit klargekommen?
George: Meine besten Freunde sind die, die ich für drei Monate nicht sehe. Und dann rufe ich sie an und es ist, als hätte ich sie erst gestern gesehen. Bestimmte Leute sind Steine in deinem Leben. Bei denen ist es nicht wichtig, wie lange du sie nicht gesehen hast. Du rufst sie einfach an und hängst mit ihnen ab. Mit den Frauen in unserem Leben ist es schwieriger, wir versuchen sie glücklich zu machen. Dann hast du Momente der Einsamkeit, besonders wenn du unterwegs bist und du hast jemanden, der auf dich wartet, auf der anderen Seite vom Ozean. Du versuchst einfach in Kontakt zu bleiben, du schreibst Emails und telefonierst viel, die Telefonrechnungen sind jedes Mal horrend. Ich finde, für deine Freunde zu Hause ist es wichtig, ein eigenes Leben zu haben, gerade bei unseren Freundinnen und Frauen.

Wie klappt es in der Band? Ihr seht euch schließlich rund um die Uhr.
George: (lacht) Wir haben eine sehr brüderliche Beziehung, da gibt es sehr viele Bands, die sich nicht mögen. Sie sind eine Band, weil es ihnen gelegen kommt. "Wir spielen in einer Band, wir touren durch die Welt". Wir mögen uns tatsächlich, wir verzetteln uns gemeinsam, wir bauen gemeinsam Scheiße, als wären wir Brüder. Die Leute in der Band sind meine besten Freunde. Ab und zu streiten wir, aber das sind dann mal zehn Minuten und dann ... holen wir uns Pizza.

Ihr kommt aus der Region von St. Catharines, die beschreibt ihr in eurer Bandbiographie als liberales vorstädtisches Paradies. Glaubst du, dass die Umgebung immer noch Bands wie euch hervorbringen kann?
George: Weiß ich nicht. Ich glaube nicht, ich war lange nicht mehr dort, um die Szene zu sehen. Aber ich glaube, es ist nicht mehr so wie zu der Zeit, zu der wir jung waren. Da gab es locker sechs Orte in der Stadt, wo man spielen konnte. Jetzt ist da noch einer. Der Szene-Rhythmus ist so ungefähr fünf Jahre lang. Deine Band kann richtig groß sein und dann kollabiert die Szene und baut sich wieder auf und kollabiert erneut. Ich weiß nicht, wie es da gerade ist. Aber es ist bestimmt nicht mehr so wie zu der Zeit, als wir Kinder waren. Da ging jeder zu jedem Konzert. Da gab es noch das Hideway, das Palmgrove und noch viele mehr. Und jetzt ist da nur noch ein Club.

Wo sind die alle hin?
George: Ich weiß es nicht. Ich glaube, Indie- und Punk-Clubs tendieren dazu, zu Grunde zu gehen. Das sind keine lange anhaltenden Clubs. Das ist ein Kommen und Gehen, in jeder Stadt. Aber ich glaube auch, Leute werden alt und ziehen weg, nicht jeder lebt mehr in St. Catharines, viele gehen nach Toronto oder Vancouver.

Wie siehst du es, Kanada musikalisch zu repräsentieren? Schließlich gibt es da Künstler wie Celine Dion, Avril Lavigne, Sum 41, Billy Talent ...
George: Über die Bands kannst du sagen, was du willst. Aber wir haben auch Constantines, Fucked Up, The Arcade Fire, Broken Social Scene, Ladyhawke, Black Mountain, bei uns gibt es großartige Musik. Und da kannst du von Avril Lavigne, Celine Dion oder Nickelback reden: Ich glaube, in Deutschland ist es genauso. Aber ihr habt Dean Dirg und ein paar ziemlich coole Punk-Bands. Auf der anderen Seite habt ihr auch ziemlich lächerliche, beschissene Pop-Bands. Ich glaube, die Indie-Szene wird ein Land immer am besten vertreten. (lacht)

Was macht ihr nach der Tour?
George: Nach der Tour haben wir zwei Monate Pause, über Weihnachten sind wir mit der Familie zusammen und verbringen Zeit zu Hause. Und wir werden eine EP schreiben, "Dog's Blood", an der wir gerade arbeiten. Die soll Anfang nächsten Jahres rauskommen. Dann werden wir wieder auf Tour gehen, im Februar. Aber ja, wir haben begonnen Sachen zu schreiben und werden ein paar 7'' herausbringen, aber ich glaube nicht, dass wir gleich wieder ein Album schreiben. "Old Crows Young Cardinals" kam erst letzten Sommer raus.

Abschließend, wie funktioniert das Shouten, ohne dass du deine Stimme zerstörst?
George: (lacht) Ich hab' keine Ahnung, ich glaube, es ist Magie. Niemand hat mir gesagt, wie man es machen muss. Ich habe auch keine Technik, ich mache es einfach jeden Tag. Es hat geholfen, als wir ins Studio gegangen sind. Wir haben wieder mit Julius Butty zusammen gearbeitet. Und er hat mir gesagt, wie ich Sachen aussprechen muss. Ich hab es einfach herausgefunden, während er die Scheiße aus mir herausgeprügelt hat. Keine Ahnung, ich kann Leuten keine Tipps geben. Kids wollen immer Tipps von mir. "Wie schreist du so? Wie machst du das?" Ich weiß es nicht, ich kann das niemandem erklären. Du schreist einfach so laut du kannst. Ich trinke, ich rauche ... es passiert einfach.









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