www.Crossover-agm.de RE-VISION: Longevity
von rls

RE-VISION: Longevity   (B. Mind Records)

Es dürfte wahrlich nicht viele Bands geben, deren Alben derartig Kunde von einer Weiterentwicklung geben und die doch sofort erkennbar bleiben. Die Ruhrpottler re-Vision gehören zu dieser seltenen Spezies von Bands. Ich kenne ihre frühen Demotapes nicht, aber seit dem selbstbetitelten Debüt haben re-Vision einen weiten Weg vom leicht angedüsterten Progmetal hin zu völlig eigenständigem düsterem Power Metal zurückgelegt, bei dem man trotzdem nur auf Frank Wenners Gesangseinsatz warten muß, um die Bandzugehörigkeit zu erkennen. Meister Wenner selbst hat sich aber auch ein gehöriges Stück weiterentwickelt und sein stimmliches Spektrum stark ausgeweitet, so daß man gar Mühe hat, die Gastsänger Kai Hoffmann (ehemals Secret Discovery) und Paul DiAnno (Iron Maiden!) herauszuhören, da auch ihre Passagen nahezu ununterscheidbar von Frank übernommen werden könnten. Die Vielschichtigkeit der 15 Songs resultiert teilweise aus der Tatsache, daß alle fünf Mitglieder am Kompositionsprozeß beteiligt sind, wobei neben Frank Wenner Bassist Christoph Lücker die Hauptlast trägt und ich mich nur wundere, daß der im melodischen Sinne sehr stark an beste Iron Maiden-Zeiten erinnernde Schlußteil von "Embraced" eben von Christoph und nicht vom größten Maiden-Fan der Band, Drummer Dominik Nowitzki, geschrieben worden ist. Des weiteren fällt der Gitarrensound auf - ich kann mich nicht erinnern, daß Mario Feldhordt und Daniel Düring bzw. ihre Vorgänger ihre Instrumente in der Vergangenheit derart heruntergestimmt hatten, daß man problemlos Death Metal damit spielen könnte. Zum Stilmittel instrumentaler Prä-, Inter- bzw. Postludien sind re-Vision auch wieder zurückgekehrt (wir erinnern uns an "... And The Beast Dies", das trotz eigenständigen Songcharakters und entsprechender Länge eher das Outro des Debütalbums bildete), wobei ich den Zusammenhang von "Beauty (Reprise)" nicht eindeutig auflösen kann, denn auf keinem Silberling der Band befand sich ein Song, der das Wort "beauty" im Titel gehabt hätte und den man somit hätte reprisenhaft behandeln können - statt dessen schlägt texthalber erneut die Erinnerung an "... And The Beast Dies" durch. Mit "The Return" haben re-Vision gar einen flotten Gothic Rocker mit latenten weiblichen Backings und einem vom Sound her völlig ungewöhnlichen Solo eingespielt, der trotz seiner etwas metallischeren Ausrichtung durchaus das Zeug hätte, mindestens 50% der HIM-Gefolgschaft zu überzeugen, wenn diese nur die Gelegenheit bekämen, ihn zu hören. Von zwei Dritteln des restlichen Materials würden die Girlies zwar dann weggeblasen wie Herbstlaub im Wind, aber was soll's - wenigstens die (bis auf die fürchterlich blaugrüne CD selbst) in stimmungsvollen Erdtönen gehaltene Gesamtgestaltung könnte sie noch erfreuen, das ob der generellen Optik meiner Meinung nach allerdings etwas in die Irre führt, da ich mir dahinter eher sowas wie spätere Anathema (nach "The Silent Enigma") oder auch Elbereth vorgestellt hätte, und dafür ist dann doch viel zu viel Metal drin (der bizarrerweise in der sich langsam aufbauenden Einleitung von "Sweetwater Chain" tatsächlich einen gewissen Anathema-Touch aufweist, allerdings eher in die Richtung der Zeit vor "The Silent Enigma"). Der progressive Aspekt re-Visions äußert sich erwartungsgemäß wieder nicht in überlangen Songepen, sondern in der rhythmischen wie ideellen Variabilität des Materials, und die Kombination dieser Elemente zu nachvollziehbarem, mitunter gar eingängigem Songmaterial zeigt die wahre Klasse dieser Band.



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