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ZENO MORF: Wings Of Madness
von rls

ZENO MORF: Wings Of Madness   (Karthago Records)

Hatte das selbstbetitelte Zeno Morf-Debüt noch aus einer Zusammenstellung von Songs aus zwei Aufnahmesessions mit reichlich unterschiedlichen Line-ups bestanden, so ist der Zweitling "Wings Of Madness" nun am Stück entstanden, wobei sich anhand der Composer-Credits nicht eindeutig festmachen läßt, ob eventuell noch alte Stücke aus der jahrzehntelangen Vergangenheit der Band in Neueinspielungen vertreten sind. Nur ein Indiz findet sich: Die Lyrics von "World Of Sorrow" und "Into The Fire" stammen teilweise noch aus der Feder von Terje Sidhu, aber der gehört nicht mehr zur aktuellen Besetzung, in der nun wieder Bandkopf Erik Westerlund selbst am Mikrofon steht, was er bereits früher mal getan hatte. Und er macht seine Sache durchaus nicht schlecht, trifft alle anvisierten Töne und legt in seine flächige mittelhohe Stimme immer nur soviel Pathos, daß sie noch nicht ins Lächerliche abkippt, wie das beispielsweise auch Wizards Sven d'Anna früher schaffte. An einigen Stellen streuen entweder er selbst oder die restlichen Bandmitglieder, die sich die Backing Vocals teilen, auch ein paar harschere Töne ein ("Into The Fire", der mit Abstand schnellste Song des Albums, wird fast durchgehend im rauhen Stil eines Chris Boltendahl intoniert, auch "Suburban Warrior", der zweitschnellste, spielt gelegentlich mit diesem Stilmittel), und das dramatische "Requiem" sieht Tom Haagensen als Gast für die gesprochenen Parts, die irgendwie an frühe Nightwish-Epen erinnern, wenngleich Zeno Morf ansonsten musikalisch nichts mit der Holopainen-Crew zu tun haben. Statt dessen kommt gerade in diesem Song ein Vergleich zum Tragen, der auf dem Debüt noch nicht festzustellen gewesen war, ganz im Gegensatz zu den Landsleuten Artch, zu denen es ansonsten durchaus die eine oder andere musikalische Verwandtschaft gab und gibt: Hier haben eindeutig die frühen Iron Maiden die eine oder andere Spur hinterlassen - man höre sich mal das Hauptriff genau an! Ansonsten herrscht allerdings business as usual bei den fünf Norwegern, die, da Erik Westerlund neben seinem Gesangsjob auch noch Gitarre spielt, neuerdings drei Gitarristen besitzen: Vidar Aas ist als neuer Bassist am Start (und erhöht die Gesamthaarlänge der Bandmitglieder extrem, obwohl er frisurtechnisch nur wie Campino aussieht), und der bisher die vier Saiten bedienende Jonny Sörensen hat an seinem neuen Instrument nun zwei mehr. Inwieweit sie diese Möglichkeiten in Zukunft konsequent nutzen werden, bleibt natürlich abzuwarten, aber es bietet ihnen die Möglichkeit, die Doppelleads im schnellen Part von "World Of Sorrow" (den hätte man in diesem von der Grundanlage her schleppenden Song nun gar nicht erwartet, aber er paßt perfekt rein) oder in "Back On Your Feet" live noch mit einer Rhythmusgitarre zu unterlegen oder aber eine der Stimmen nochmal zu verdoppeln, wenn sie mehr Gewicht bekommen soll als die andere. Mit Ausnahme von Drummer Trygve sind auch alle Mitglieder am Songwriting beteiligt, wenngleich Erik Westerlund nach wie vor das Gros schreibt - aber mit dem Closer "Pleasure And Pain" hat Vidar Aas sogar einen kompletten Track beigesteuert und mit dessen hymnischem Schlußteil eine wahre Großtat vollbracht. Die Verteilung der Lasten auf mehrere Schultern verhilft den zwölf Songs zu einer geringfügig höheren Variabilität als beim Debütmaterial, wenngleich Zeno Morf den Pfad des traditionellen Metals natürlich auch auf "Wings Of Madness" keinen Zentimeter verlassen. Das Intro "Northern Rage" soll mit seinem zweiten Teil bereits das Höchstmaß an Bombast markiert haben, stellt man nach Hören der knapp 50 Minuten fest - Zeno Morf agieren auch weiterhin bodenständig, allerdings natürlich keineswegs primitiv, wenngleich die eine oder andere Idee schon noch konsequenter hätte ausgearbeitet werden dürfen, wie man "Back On Your Feet" anhört, das nach dem Solo mit einem simplen Schluß irgendwie unbefriedigend endet. Dagegen zeigt das Instrumental "Badgers In The Attic", daß das Quintett sehr wohl auch mit einfachen und übersichtlichen Ideen Spannung aufbauen und halten kann und dafür im Zweifel nicht mal Gesang braucht. Aber der schadet natürlich auch nicht, und gerade die Backingchöre wurden zwar in Ausdehnung und Intensität gegenüber früher etwas zurückgefahren, entfalten aber immer noch genügend gemeinschaftsstiftenden Sinn. "Suburban Warrior" enthält nahezu die einzigen Momente, die den Hörer kurz an die Jetztzeit erinnern - deutlich in der Riffabhackung im Intro, eher latent im Hauptsolo -, und "Pleasure And Pain" legt nach seinem düsteren Intro einen Hauptrhythmus unter die Strophen, der auch erst in jüngerer Zeit seinen Weg in den Kanon auch traditionsorientierter Metalbands gefunden hat, wohingegen die schnellen Sechzehntelläufe noch einmal für wenige Sekunden an die strukturelle Verwandtschaft Zeno Morfs mit Thundra erinnern. Ungewöhnlich für die Achtziger wäre ferner nur der gefühlvolle Halbakustikpart im ringsum recht flotten "System Of Arrogance" gewesen (ein kleiner Geniestreich), aber in dieser Hinsicht hatten ja Metallica ab "Ride The Lightning" durchaus schon gewisse Vorarbeiten geleistet. Ansonsten (oder meinetwegen auch somit) bleibt das Material konsequent rückwärtsgerichtet, schaltet das Tempo in "Tyrant Of Extinction" auch wieder in Richtung Doom herunter, wenngleich durch schnellere Parts gegliedert, und findet seine Zielgruppe daher wiederum in der "Keep It True"-Fraktion, die sich dann im Booklet auch prompt über einen "100% METAL"-Slogan freuen darf. Mehr wollen Zeno Morf auch gar nicht, und so bleiben sie für Genrefreunde auch mit "Wings Of Madness" eine sichere Geldanlage.
Kontakt: www.karthagorecords.de, www.myspace.com/zenomorfband

Tracklist:
Northern Rage
Riding The Tundra
Wings Of Madness
Requiem
World Of Sorrow
Into The Fire
Back On Your Feet
Badgers In The Attic
Suburban Warriors
Tyrant Of Extinction
System Of Arrogance
Pleasure And Pain



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