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STEFAN ZAUNER & PETRA MANUELA: Mensch ärgere Dich nicht
von rls

STEFAN ZAUNER & PETRA MANUELA: Mensch ärgere Dich nicht   (DA Music)

Der Anteil von Songs, in denen Stefan Zauners Gefährtin Petra Manuela gesanglich beteiligt ist, war schon von "Zeitgefühl" zu "Fabelhaft" sprunghaft angestiegen, und der abermalige Sprung zu "Mensch ärgere Dich nicht" fiel so groß aus, daß die Scheibe nicht allein unter Zauners Namen veröffentlicht wird, sondern Petra Manuela gleichberechtigt erscheint, auch coverabbildungstechnisch übrigens, nachdem sie auf "Fabelhaft" nur im Bilderrahmen des Hintergrundes prangte. Nun könnte diese Botschaft den potentiellen Fan erstmal erschrecken, war es auf den Vorgängeralben doch nicht selten vorgekommen, daß sich die beiden Stimmen eher im Wege standen, als sich zu ergänzen - und nun ist die Sängerin gleich in zehn der 15 Songs der neuen Scheibe (hinzu kommt ein Remix des Titeltracks) zu hören. Aber zumindest in dieser Hinsicht kann Entwarnung gegeben werden: Zwar gibt es auch diesmal noch Momente, wo man das Gefühl hat, die Stimmen behindern sich gegenseitig in ihrer Entfaltung (vor allem in den Duettrefrains), aber Zauner beginnt offensichtlich zu lernen, wie er die Möglichkeiten, die diese beiden Stimmen bieten, effektiver nutzen kann, was sein Ergebnis darin findet, daß Petra Manuela diesmal viel öfter solistisch und eben nicht als "Begleitstimme" zum Einsatz kommt. Ob man ihre Stimme in diesem Kontext dann mag oder nicht, bleibt jeweils individuelle Geschmackssache - dem Rezensenten ist der ätherische Anteil in ihrer Stimme bisweilen etwas zu stark ausgeprägt, wäre etwa in "Eine Nacht voll Zauberei" für sein Empfinden etwas mehr "Scharfzeichner" günstig gewesen. Aber das wird jeder Hörer anders sehen. Was Zauner allerdings auf "Fabelhaft" ein bißchen verloren hatte und nun wiedergefunden zu haben scheint, ist das Händchen zum Schreiben von Ohrwürmern - der Titeltrack ist nur die erste von mehreren Kompositionen, die einen dieser unwiderstehlichen Refrains besitzt, welche man auch aus dem Schaffen der Münchener Freiheit so schätzte, selbst wenn der test of time natürlich noch bestanden werden muß. Apropos Münchener Freiheit: Geburtstagslieder sind immer ein heikles Terrain - aber "Happy Birthday" gehört in den Momenten, wo Zauner die Komposition ganz nah an beste MF-Zeiten heranführt (das Hauptsolo!), zum Stärksten, was die knappe Stunde Musik zu bieten hat (und den Refrain kann man in entsprechender Feierlaune wahrscheinlich auch gut bis klasse finden). Und nochmal apropos Münchener Freiheit: Neueinspielungen alter Hits sind ein noch heikleres Terrain als Geburtstagslieder, und so verwundert es auch nicht, daß "Ohne Dich (schlaf ich heut' nacht nicht ein)" in der Neufassung nicht am Original vorbeikommt - hier liegt einer der Fälle vor, wo sich im Refrain die beiden Stimmen im Wege stehen, und dem instrumentalen Unterbau wohnt ein geringfügig zu trockener Touch inne, fehlt das Schwingende des Originals. Daß auch diese Fassung trotzdem hochgradig hörbar ist, spricht für die Qualität der Grundidee. Indes überzeugt die Scheibe mehr, wenn sich Zauner der MF nur nähert, etwa im bombastischen Mittelteil von "Sowas von egal", der etwas von der entsprechenden Passage von "Wenn das so einfach ist" hat, ohne aber mit dieser konkurrieren zu wollen, zumal die Anklänge sich eher auf die Livefassung der letzteren beziehen als auf das Studiooriginal. Aber auch unter den eigenständigeren Nummern finden sich etliche hörenswerte, etwa das witzige "Kein Souvenir", das bombastische und zugleich mit leicht melancholischer, osteuropäisch wirkender Melodik ausgestattete "Sturm in der Nacht" oder auch die das reguläre Albumprogramm abschließende musicalartige Orchesternummer "Es geht vorbei", welchselbiges allerdings zum einen erkennen läßt, daß Zauner hier an die Grenzen seiner stimmlichen Fähigkeiten geht, und zum zweiten einen Prototypen für eine bereits in der Rezension zu "Zeitgefühl" angestellte Analyse abgibt: Man wünscht sich nicht selten, Zauner (auf der Scheibe kompletter Alleinkomponist, von der MF-Neueinspielung abgesehen) würde die eine oder andere Idee noch konsequenter ausarbeiten, ihr mehr Raum zur Entfaltung geben, ihr noch mehr Facetten abgewinnen. Es gibt Ideen auf "Mensch ärgere Dich nicht", die das Potential zu mehr haben - aber die Chancen bleiben überwiegend ungenutzt. Nur "Happy Birthday" agiert etwas ausschweifender, kommt damit auch als einziger Song in die Nähe der Fünfminutenmarke (die anderen lagern zwischen 3:14 und 4:02) - und es funktioniert, denn wie oben angeführt wird das Zusatzelement, also das ausgewalztere Instrumentalsolo, zum Zugpferd für die ganze Nummer. Es geht also, und man wünscht sich, daß Zauner in Zukunft wieder etwas ausschweifender arrangiert und dafür lieber den einen oder anderen unauffälligeren Song wegläßt - daß er nach wie vor ein Händchen für große Dramatik besitzt, beweist u.a. die große Steigerung in "Außer Gefahr". Und wenn wir einmal beim Wünschen sind: "Zeitgefühl" hatte gezeigt, daß man einen Drumcomputer durchaus relativ organisch klingen lassen kann - "Mensch ärgere Dich nicht" führt diese Tugend leider nicht fort und bringt damit nicht selten einen sterilen Touch in die Kompositionen, der erstens diesen nicht gerecht wird und zweitens auch nicht durch lebendigere Liveversionen relativiert werden kann, wie das in analogen Fällen im Schaffen der Münchener Freiheit gelegentlich gelang, denn Zauner wird vermutlich nicht wieder in die Riege der Livemusiker zurückkehren. So bleibt als einziges Einschätzungskriterium die vorliegende Studioversion - oder vielmehr die hier vorliegenden Studioversionen: Zum einen gibt es wie erwähnt den Titeltrack am Schluß nochmal als instrumentallastigen und vom Originalgesang nur den Refrain übriglassenden Remix (zunächst nicht schlecht für alle, die konsequent gedachten Elektropop mögen, allerdings dann, wenn der erstaunlich warme Baß einsetzt, irgendwie in eine Klanglandschaft abdriftend, die auch zu den experimentelleren Passagen im Schaffen von Riverside gepaßt hätte - eine völlig unerwartete, aber umso reizvollere Wendung), und dann besteht die vorliegende Deluxe-Fassung aus zwei CDs, von denen die zweite mit Akustikversionen von dreizehn der fünfzehn Kompositionen gefüllt ist. Nun meint "Akustikversion" hier nur im seltensten Fall das alte Knorkator-Motto "Jesang zur Jitarre un manchmal och Jeije", wenngleich es auch dieses hier und da zu entdecken gibt - und siehe da, manche reduzierte und ihres elektronischen Rhythmusfundaments beraubte Passage macht in dieser Fassung sogar mehr Hörspaß als in der "Vollversion". Aber das Gros der 46 Minuten (die "Hauptscheibe" hat 58) stellt andere Elemente in den Vordergrund, vom Streicherteppich bis hin zum Piano, wobei sich Zauners Stimme auch in den reduzierteren Fassungen noch erstaunlich gut schlägt, wenngleich man ihr das Alter (und, sofern man ein Ohr dafür hat, die elektronische Stütze) durchaus anhört. Und für so manche Überraschung ist der alte Fuchs auch hier noch gut, etwa wenn er "Happy Birthday" hier an den Anfang stellt und ihm ein feierliches Klassikbombastintro vorschaltet, das eher für den Geburtstag eines Herrschers als für den eines Normalsterblichen bestimmt zu sein scheint. Allerdings fällt die gelegentlich puzzleartige Struktur mancher Kompositionen hier noch stärker ins Gewicht, indem der mit klatschartiger Percussion untermalte Refrain in seiner Grundversion eher eingeklebt wirkt und erst in seiner Weiterentwicklung zumindest halbwegs eine Bindung mit den umliegenden Akustikgitarrenstrophen eingeht. "Kein Souvenir" wiederum funktioniert erstaunlicherweise sowohl als Elektro- als auch als Akustikpop, wobei sich die Ausdrücke hier prinzipiell ähneln, was nicht in allen Fällen der Scheibe der Fall ist - "Eine Nacht voll Zauberei" etwa wird vom elektronischen Pop zur allein pianounterlegten Nummer. Einige Elemente wechseln auch zwischen den Songs hin und her oder treten gleich neu hinzu, etwa wenn "Im freien Fall" sowohl die osteuropäisch-melancholische Melodik von "Sturm in der Nacht" erbt als auch einen Orgelprinzipal hinzugewinnt, der auf der regulären Scheibe in der Form nirgends in Erscheinung tritt. Der letztere Fall wurde beim Klassikbombastintro von "Happy Birthday" ja bereits erwähnt, und auch den Reggae von "Sowas von egal" gab es zuvor noch nicht. Nicht umgesetzt wurden vom Material der Originalscheibe "Es geht vorbei" und "Gar nicht so leicht", was also bedeutet, daß es auch eine Akustikfassung von "Ohne Dich (schlaf ich heut' nacht nicht ein)" gibt, über die man freilich geteilter Meinung sein kann (man kann sie mögen, wenn man generell Kunstschlagzeuge, die auch nach solchen klingen, mag). Trotzdem hat manche der "Akustikfassungen" mehr Pfiff als die reguläre Albumversion - aber selbst wenn sich dort auch schwächeres Material findet, sei die obenstehende Kritik vom Level her eingeordnet: Der Rezensent mußte in der zurückliegenden Woche an drei Abenden insgesamt über zwei Stunden aktuelles Programm von MDR Jump hören, bestehend ausschließlich aus aktuellen Neuheiten des Popmarktes. Setzt man nun "Mensch ärgere Dich nicht" in der vorliegenden Form in Relation zu dem im Radio Gehörten, so kann man das letztgenannte komplett (jawohl, komplett) in den Skat drücken, wenngleich wie beschrieben fürs sechste Zauner-Soloalbum (wann werden die ersten beiden eigentlich mal wiederveröffentlicht?) doch noch einige Wünsche offenbleiben. Aber ein Schritt in die richtige Richtung ist's nach dem wenig prickelnden "Fabelhaft" definitiv.
Kontakt: www.stefan-zauner.de, www.da-music.de, www.crocodile-music.de

Tracklist:
CD 1
Mensch ärgere Dich nicht
Sowas von egal
Sturm in der Nacht
Halb so schlimm
Eine Nacht voll Zauberei
Happy Birthday
Ohne Dich (schlaf ich heut' nacht nicht ein)
Kein Souvenir
Gar nicht so leicht
Wintermelodie
Wären wir doch geblieben
So wie wir leben
Im freien Fall
Außer Gefahr
Es geht vorbei
Mensch ärgere Dich nicht (Remix)

CD 2
Happy Birthday (Akustik Version)
So wie wir leben (Akustik Version)
Kein Souvenir (Akustik Version)
Im freien Fall (Akustik Version)
Außer Gefahr (Akustik Version)
Sowas von egal (Akustik Version)
Wären wir doch geblieben (Akustik Version)
Eine Nacht voll Zauberei (Akustik Version)
Sturm in der Nacht (Akustik Version)
Wintermelodie (Akustik Version)
Ohne Dich (schlaf ich heut' nacht nicht ein) (Akustik Version)
Halb so schlimm (Akustik Version)
Mensch ärgere Dich nicht (Akustik Version)



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