RAY WILSON AND STILTSKIN: SHE von gl (Sandport Ltd. / SPV)
Dieses Album hat alle Voraussetzungen, groß zu werden: Eine hervorragende Produktion, eingängige Songs mit Hitpotential (die auch den Massengeschmack treffen könnten), absolut fähige Instrumentierung und die signifikante Stimme von Ray Wilson, die über all dem thront. Der Sänger hat sich 12 Jahre nach dem Split entschlossen, den Namen Stiltskin mit anderen Musikern wieder zu reaktivieren. Das war die Band, die den Schotten damals bekannt gemacht hatte. Und mit dieser Entscheidung kommt auch ein Wandel zu härteren Tönen daher, die mitunter beim Studiomaterial des Sängers ein klein wenig ins Hintertreffen gerieten, live jedoch berücksichtigt wurden. Mit den beiden Deutschen Gitarrist Uwe Metzler und Produzent Peter Hoff zusammen hat er eine große Zeitspanne (seit 2004) an neuen Songs gearbeitet und dabei ein wirklich eigenständiges, interessantes Album geschaffen. Wo immer man den Laser auch ansetzt, ein Ausfall ist unter den 12 Tracks nicht zu finden (gut, eine kleine Ausnahme - siehe unten). Das hart treibende "Fly High" kündet kraftvoll an, dass jetzt im Hause Wilson wieder ordentlich gerockt wird, ein klares Statement im Gegensatz zu dem meines Erachtens eher enttäuschenden letzten Solo-Album "The Next Best Thing". Das über 6-minütige "Taking Time" ist melancholischer Natur und eher getragen, wird aber unterlegt mit mächtigen Klängen und hat gegen Ende noch ein Zitat aus der Offenbarung der Bibel, das jeder IRON MAIDEN-Fan auswendig kennt, da sie es zu Beginn ihres Albums "The Number Of The Beast" verwendeten. (Ich sprach den Künstler darauf an, ja, er mochte Maiden und es ist eine kleine Referenz!) Der Titeltrack ist ein weiterer Klasse-Song, der das real stattgefundene Thema des Stalkings verarbeitet: Ray wurde monatelang von einer Frau verfolgt und beobachtet, bis sie eines Tages urplötzlich nicht mehr vor seinem Haus stand. Dieses abrupte Ende wird im Lied, in dem Ray zunächst mit verfremdeter Stimme singt, schön umgesetzt durch ein Stop im Fluss des Songs. Die erste Single "Lemon Yellow Sun" oder auch das wunderbare "Show Me The Way" könnten für den oben angesprochenen Fall gelten, dass diese absolut mainstream-tauglichen Songs Radiokandidaten allererster Güte sind, ohne in allzu seichte Gefilde abzudriften. Sie hätten beide auch auf Solo-Alben des Künstlers gepasst. Apropos Mainstream: In "Fame" folgt die nächste Attacke auf die nicht enden wollende Casting-Seuche (siehe auch eine Erwähnung bei der Besprechung des THUNDER-Albums "Shooting At The Sun"). Ray geht hier noch einen Schritt weiter und hält auch den Zuschauern dieser Traurigkeiten einen Spiegel vor:
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