www.Crossover-agm.de V.A.: Gitarrenweltrekord 2007 - The Definite Smoke On The Water Show
von rls

V.A.: Gitarrenweltrekord 2007 - The Definite Smoke On The Water Show   (Zounds)

Nach der "Ultimate Show" nun die "Definite Show": Am 23.06.2007 spielten 1802 Gitarristen in Leinfelden-Echterdingen unisono den Deep Purple-Klassiker "Smoke On The Water" und stellten damit einen neuen Weltrekord auf - man war ursprünglich von einer zu knackenden Bestmarke von 1322 ausgegangen, aber während der laufenden Vorbereitungsarbeiten im Frühjahr war diese Zahl bereits mehrmals andernorts nach oben geschraubt worden und lag zuletzt bei 1683 Gitarristen. Gotthilf Fischer dirigierte die Massen am besagten Tag in Leinfelden-Echterdingen, und die selbstredend mitgeschnittene Version, auf der Bühne gespielt von der Band Party Blues in Bb, in deren Reihen Chefdenker Andreas Vockrodt agiert, eröffnet die vorliegende Sampler-CD mit insgesamt 17 Varianten. Fischer liegt beim Einzählen sympathischerweise völlig daneben, aber die Weltrekordversion hat auch einen entscheidenden Nachteil: Man hört von den anderen 1801 Gitarristen (die übrigens in einem Sonderbooklet alle namentlich erwähnt werden, von Christiane Abele aus Krugzell über beispielsweise einen nicht ganz unbekannten Herrn namens Michael Moody aus dem englischen Twickenham bis zu Andre Zweifel aus Stuttgart) nichts, aber auch ganz und gar nichts. Da wär's cooler gewesen, diese Version vielleicht als Videoclip auf der Scheibe zu verewigen und angesichts der diesmal komplett ausgereizten Speicherkapazität der Silberscheibe lieber die eine oder andere der 16 anderen Versionen zu streichen, denn diesmal haben sich ein paar unerquickliche Schläfer mit dazwischengeschlichen. Pat Boone mit seiner Bigbandversion gehört noch nicht dazu, sondern macht über weite Strecken richtig Spaß - zu hinterfragen wäre nur, ob eingangs nun unbedingt das Riff als E-Gitarren-Einsampelung nochmal verewigt werden mußte, denn es wirkt dort stilistisch wie ein Fremdkörper. Die Low Noize Gang ist eine von vier Bands, die sich auch schon auf der "Ultimate Show", also der Vorab-CD zum Gitarrenweltrekord, plazieren konnten; ob es diesmal eine etwas veränderte Version gibt, mögen exakte Klanganalytiker entscheiden. Der Hauptteil ist ohrenscheinlich identisch geblieben (wechselt also alle paar Sekunden den Stil, von Comedian Harmonists-Chören bis zu wildem Hardcoregeprügel), auch das Intro, wo das Riffthema ohrenscheinlich auf Flaschen mit unterschiedlichem Füllstand geblasen wird (auch das fügt sich perfekt ins buntscheckige Bild ein), gab's schon auf dem Erstling. "Rauchen Sie auf dem Wasser" von Gaedt & Schulig kommt in zweieinhalb Minuten nettem Deutschpop mit diversen Americanaelementen (und ohne vordergründigen Comedyeinfluß, den man anhand des Titels vermuten könnte) auf den Punkt, und ein ausgesprochen einheitliches Bild geben auch Moni Francis & The Bebops ab - smoother Loungejazz breitet sich auf über sechs Minuten aus, der Schlagzeuger arbeitet so weitreichend mit Besen, daß ein quasi permanentes rührendes Hintergrundgeräusch entsteht, und Moni herself singt mit einer derartigen Laszivität, daß man jeden Moment vermutet, sie würde aus den Boxen springen und auf dem Schoß des Hörers Platz nehmen. Auch die AJ Gang konnte man schon auf der Vorab-CD hören, dort allerdings in einer sanften akustischen Version, während hier zwar der umweltschützerische Text "Rauch zieht übers Wasser" erhalten blieb, allerdings in klassischer Deutschrockmanier umgesetzt wurde, wenngleich auch hier der Verstärker der Gitarre immer mal abgeschaltet wird. Bis auf den im rockigeren Kontext seltsam entrückt wirkenden Leadgesang ebenfalls eine empfehlenswerte Version, was von 700P3D feat. Timon S. nur behauptet werden kann, wenn man auf typischen 90er-Dancefloor und das, was schon damals im Zeichen des Tanztempelmammons aus diversen Klassikern anderer Musikgenres gemacht worden ist, steht. Vier laaange Minuten für den Rezensenten - aber die folgenden knapp sechs werden nicht kürzer. "Smoite Ar Un Uisce" von Brendan Keeley als irisch-gälische Version klingt zwar von der Idee her interessant, reduziert sich dann aber auf den veränderten Text und eine eher langweilige Akustikversion, so ähnlich wie eine Wanderung über die grünen irischen Hügel, wenn man hinter jedem erstiegenen Hügel 20 weitere, exakt gleich aussehende Hügel vor sich erblickt. Spezialisten können versuchen, die Unterschiede in der Stimmung der Gitarrensaiten zu ergründen, aber der Gesang Brendans ist auch noch so einschläfernd, daß man diese Version nur in ganz bestimmten Lebenslagen auflegen sollte, die denen der vorherigen Dancefloorversion diametral entgegengesetzt sind. Mit Ala Heiler feat. Jazzeel wird's zwar stilistisch anders, aber kaum hörbarer: Wieder Loungejazz, aber mit elektronischem Unterbau und einigen stilfremden Einschüben wie den fast gospeliten Backingvocals von Steffi Mira, die hier aber irgendwie gar nicht hineinpassen wollen. Da kommt die Originalversion von Deep Purple in der Albumversion (die Singleversion war ja auf dreieinhalb Minuten zusammengekürzt worden) als Oase für den Hörer gerade richtig - zu ihr muß man sicherlich nichts weiter sagen. Die Applephonics, die vierte erneut vertretene Band, haben in ihrer neuen Version gar nichts mehr mit Discoklängen zu tun, sondern driften ebenfalls in angefunkten Jazz ab - nicht schlecht, aber unauffällig und durchrauschend, übrigens auch eine Minute kürzer als die alte, die mit dreieinhalb Minuten schon keine Überlänge hatte. Etwas mehr Spaß macht die karibische Version von Senor Coconut And His Orchestra, nur echt mit entsprechender perkussiver Untermalung, aber auch nur die Hälfte wert, wenn da nicht ein paar gut aufgelegte Bläser mitmischen würden - vor allem die herrlich knarzende Posaune läßt aufhorchen, nur das Saxophonsolo ist an Langeweile kaum noch zu überbieten (das klingt so, als ob ich, der ich keine Ahnung vom Saxophonspielen habe, mit Mühe ein paar lange Töne erzeugen würde). Subtrahiert man einen Legendenbonus, bleibt auch von Mungo Jerrys Version kaum etwas übrig, was man ernsthaft als tonträgerwürdig ansehen müßte, vom lebendigen Bluesgitarristen (der leider vom üblen Mix viel zu weit in den Hintergrund gestellt wurde) und ein paar netten Ideen, was man in Rhythmuslücken zur Überbrückung einbauen kann, mal abgesehen. Ob der Sound so beabsichtigt war, daß das Ding klingt wie ein Livemitschnitt in einer Hinterhofbar während der Prohibitionszeit, muß offenbleiben und kann das auch, denn selbst wenn's so gedacht wäre, würd's nicht anhörbarer. Wie man eine pseudokaribische Version nicht anpacken sollte, beweist Pascal G, den der holt (ohrenscheinlich bis auf die Gitarre) den kompletten instrumentalen Unterbau aus der Konserve, und das klingt stellenweise nicht nur wie bei den Flippers, sondern erstickt jeden Anflug von Feeling im Ansatz. Da helfen auch die hörenswerte rauhe Stimme (die in einer Southern Rock-Band vermutlich besser aufgehoben wäre) und das richtig gute Synthiesolo (hier beweist der Künstler Geschmack, indem er einen bei 70er-Rock-Bands recht beliebten Sound wählt, den man u.a. im Intro zu Rainbows "Tarot Woman" wiederfindet) nichts mehr. Trotzdem ist diese Version noch Gold wert gegenüber DJ Toastie, mit dem man sich wieder in eine elektronisch geprägte Frühneunziger-Disco zurückversetzt fühlt (ich werfe mal so Namen wie 2 Unlimited oder U96 in den Raum). Wer das mag - bitteschön, aber den meisten Liebhabern des Originals wird sich hier der Magen umdrehen. Schnell weiter zu Thomas Roth, der für knapp fünf Minuten eine Nyckelharpa auspackt, also ein Saiteninstrument längst vergangener Jahrhunderte. Roth koppelt dabei Themen aus "Smoke On The Water" mit solchen aus Bachs Toccata d-Moll BWV 565 und würde dafür sicherlich von Ritchie Blackmore und Candice Night zum Ritter geschlagen werden. Der siebzehnte Song schließlich ist eine Playbackvariante ohne Gitarre, zu der man zu Hause mit seinem eigenen Sechssaiter oder je nach Gusto anderen vorhandenen Instrumenten üben kann - es wird sicherlich nicht der letzte Weltrekordversuch mit diesem Song gewesen sein. Der pädagogische Zweck hilft allerdings dem Urteil über diesen Sampler auch nicht mehr auf die Sprünge: Einige sehr interessante Versionen werden von etlichen ein Gähnen oder gar Brechreiz erzeugenden Interpretationen etwas in den Schatten gestellt - an Austauschkandidaten hätte es nicht gemangelt, wenn ich z.B. an die abgepfiffene Metalversion von TOC denke. An Ideen mangelt es den meisten der Songs nicht, aber die Umsetzung ... naja, teils ist's Geschmackssache, aber manches geht halt einfach nicht, und manches wäre viel besser gegangen. Wenn man diesen Sampler mit der schillernden und sprühenden Vielfalt der "Ultimate"-CD vergleicht, bleibt leider nur ein laues Lüftchen, und deshalb empfehle ich für diejenigen, die sich zwischen den beiden CDs entscheiden müssen, die "Ultimate"-Scheibe.
Kontakt: www.zounds.de

Tracklist:
"Smoke On The Water" in Versionen von:
Party Blues In Bb & The Biggest Band On Earth
Pat Boone
Low Noize Gang
Gaedt & Schulig
Moni Francis & The BeBops
AJ Gang
700P3D feat. Timon S.
Brendan Keeley
Ala Heiler feat. Jazzeel
Deep Purple
Applephonics
Senor Coconut And His Orchestra
Mungo Jerry
Pascal G
DJ Toastie
Thomas Roth
Party Blues In Bb (Übungsplayback)



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